Gott im Unglück
gegangen ist, heißt das noch nicht, dass er verschwunden ist. Oder dass es nicht eine Menge Sterbliche da draußen gibt, die bereit sind, ihm zu folgen.«
»Sterbliche Verlierer«, brummelte Lucky, »folgen einem Verlierergott. Weißt du, dass er immer noch transfigurierte Seelen als persönliche Spione benutzt? Wer tut das noch?«
»Woher weißt du das?«
Lucky biss die Zähne zusammen.
»Könnte sein, dass ich einem über den Weg gelaufen bin.«
Quick schaltete den Fernseher aus.
»Ohne Scheiß?«
»Nur einem«, fügte Lucky hastig hinzu. »Es war nicht mal ein Großer. Und ich habe ihn vernichtet. Ende der Geschichte.«
»Sie verdienen, es zu wissen. Zu ihrer eigenen Sicherheit.«
»Sie sind nicht in Gefahr. Und überhaupt, sollen Sterbliche nicht im Dienste ihres Gottes sterben? Läuft das nicht genau so?«
Quick sah Lucky mit zusammengekniffenen Augen eindringlich an.
»Gib nicht mir die Schuld!« Lucky nahm eine Zeitschrift auf und gab vor zu lesen. »Gib dem System die Schuld!«
Der Schlangengott trank den letzten Tropfen seines Tomatensaftes und glitt in die Küche, um sein Glas aufzufüllen. Lucky blätterte in der Zeitschrift, bis Quick wiederkam. Er schaltete den Fernseher erneut ein, und keiner von beiden sagte ein Wort, bis die Sendung zu Ende war.
»Ich habe früher genauso gedacht wie du«, sagte Quick. »Ich habe geglaubt, Sterbliche seien Wegwerfware, die ich nach Lust und Laune benutzen und wieder loswerden kann. Du verlierst ein paar, du gewinnst ein paar dazu. Was bedeutet das schließlich schon: hundert oder sogar tausend hier und da?«
»Moment mal«, sagte Lucky. »Ich plädiere nicht dafür, jemanden auf einen Altar zu binden und ihm das noch schlagende Herz herauszuschneiden!«
Quick warf ihm einen bösen Seitenblick zu. »Das ist nicht fair. Das war eine andere Zeit.«
Lucky zuckte mit den Schultern. »War nur eine Feststellung. Das ist alles.«
»Ich hab sie nie darum gebeten«, verteidigte sich Quick. »Sie haben ganz allein damit angefangen.«
»Du hast sie aber auch nicht aufgehalten, oder?«
»Nein, ich habe sie nicht aufgehalten. Ich hätte es tun sollen, hab ich aber nicht.«
Lucky warf die Zeitschrift beiseite. »Ach, Scheiße, Quick. Das ging unter die Gürtellinie, tut mir leid.«
»Nein, du hast recht. Ich wollte das Blut. Ich habe nicht darum gebeten, aber als sie es opferten, habe ich mich nicht beschwert.«
»Eine andere Zeit. Wie du schon sagtest.«
»Hast du dich je gefragt, wie es eine Handvoll Eroberer geschafft hat, ein ganzes Reich zu Fall zu bringen? Wieso ich das geschehen ließ?«
»Du hast immer gesagt, du seist im Urlaub gewesen, als das passierte. Als du zurückkamst, war es schon vorbei.«
»Ach, komm schon. Was für ein Gott wäre ich, wenn ich nicht ab und zu nach meinen Anhängern geschaut hätte?« Quick schnalzte verächtlich mit den Lippen. »Diese Geschichte war Blödsinn, und das wusstest du auch immer. Alle wussten es. Wir spielen nur mit, denn wenn es eines gibt, worin wir Götter richtig gut sind, dann im Meiden von Verantwortung.«
Lucky sagte: »Sterbliche bringen sich gegenseitig um. Es ist nicht unsere Aufgabe, alle ihre Probleme zu lösen.«
»Schwachsinn!«, brüllte Quick. Ein Donnerschlag erschütterte das Haus. Sein Glas Tomatensaft ergoss sich über den Teppich, und das Sofa fiel um, sodass Lucky auf den Boden kullerte.
Quick nahm seine menschliche Gestalt an. Er war drei Meter sechzig groß und musste sich unter der Decke ducken. Auf seine Haut waren mit frischem Blut Symbole gemalt. In einer Hand hielt er einen Onyx-Speer. Von der anderen baumelte eine Sammlung Schädel. Er fletschte die spitzen Zähne und starrte Lucky mit blutunterlaufenen Augen wütend an.
»Ganz ruhig, Alter«, sagte Lucky.
Quick blickte finster drein. »Ich habe es geschehen sehen. Ich wusste, was los war.« Er senkte den Kopf und wischte sich eine Träne von der Wange. »Ich habe sie sterben sehen. Sie haben darum gebetet, dass ich eingreife. Aber ich dachte: scheiß drauf. Nicht mein Problem. Wenn sie nicht mit einer Handvoll Spanier mit Donnerbüchsen fertigwerden, warum zum Henker sollte ich mir dann die Mühe machen? Sollen doch die schwächeren Anhänger untergehen, damit die stärkeren gedeihen. Und wenn ich sie alle verliere, na und? Ich hätte einfach neu angefangen. Es gab immer noch mehr Sterbliche, mehr Anhänger. Also stand ich daneben und tat nichts. Nada . Ich habe sie einfach sterben lassen. Sie brachten mir Blutströme als
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