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Gott ist tot

Titel: Gott ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald F Currie
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Lily vereint zu werden.
    Im Rückblick glaube ich, das war der Moment, in dem ich mich endgültig mit dem Menschenpack gemein machte.
     
    F? Lily war wütend, auf ihren Vater, weil er gefragt hatte, und auf mich, weil ich ihm eine Antwort gegeben hatte. Sie wollte wissen, ob es stimmte, ob ihre Mutter und ihre Schwestern tatsächlich noch am Leben waren. Weil ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte, sagte ich ja.
    Sie weinte die ganze Nacht durch, während ihr Vater dem Dattellikör abschwor und loszog, um meine Geschichte in Mandela herumzuerzählen und auch andere Ratsuchende aus dem Viertel zu mir zu schicken.
     
    F? Am nächsten Morgen begannen die Leute herbeizuströmen, beladen mit Kleidungsstücken, Schmuck, Sandelholz, bündelweise zusammengekrumpelten Dinarscheinen, Körben voll Essen. Lilys Vater nahm die Opfergaben entgegen und führte die Besucher einen nach dem anderen herein. Die meisten, insbesondere die Frauen, fielen augenblicklich auf die
Knie vor mir; andere waren skeptischer und knieten erst nieder, wenn sie meine Stimme in ihrem Kopf vernahmen. Manche von ihnen waren Christen, andere Moslems. Sie befragten mich über die Zukunft und über die Vergangenheit. Sie erkundigten sich nach verschwundenen Vätern, lange verstorbenen Großmüttern, Söhnen, die unter die Diebe gegangen waren. War die ehrliche Antwort unerfreulich, was meistens der Fall war, belog ich sie. Ich erzählte ihnen, dass ihre toten Väter zurückkehren würden; dass ihre Großmütter die Seligkeit in einem Jenseits gefunden hatten, von dem ich wusste, dass es nicht existierte; dass ihre psychotischen Söhne ihnen ihre Liebe eines Tages hundertfach vergelten würden. Ich gab vor, Kinder zu heilen, die nur noch wenige Wochen zu leben hatten, und stellte den Ärmsten der Armen gewaltige Vermögen in Aussicht. Alle, die ich empfing, gingen beglückt von dannen, ihre Gesichter nass von Tränen der Überwältigung und Dankbarkeit. Einige stülpten sogar noch die Taschen um, um nach zusätzlichen Gaben für mich zu suchen; Münzen und kleine Flusen regneten auf den Lehmboden nieder. Als es dunkel wurde, wuchs die Menge in der Gasse draußen immer noch an, und Lilys Vater befahl ihnen allen, nach Hause zu gehen und am Morgen wiederzukommen.
     
    F? An diesem Abend tischte er uns ein Festmahl auf, Hirse, Mais und Lammkoteletts. Lily weigerte sich mitzuessen; stumm saß sie auf ihrer Matratze und starrte durch das einzige Fenster des Zimmers auf die Menschen, die dort in der Gasse warteten, ihre hoffnungsvollen Gesichter beleuchtet von flackernden Kerosinflammen. Nach dem Essen zählte ihr Vater seine Einnahmen, und obwohl ihm die Hände zitterten, so sehr fehlte ihm sein Schnaps, lächelte er und wedelte mit dem Geld durch die Luft.

    »Bald haben wir genug, um nach Nyala zu fahren«, sagte er zu Lily. Aber sie gab durch nichts zu erkennen, dass sie ihn gehört hatte.
     
    F? Sie sah schweigend mit an, wie die Kunde sich verbreitete und Menschen den ganzen Weg von Uganda und dem Kongo nach Mandela gereist kamen. Sie brachten Angst, Verzweiflung und Geld mit und waren, wenn sie das Zimmer verließen, um alles drei erleichtert. Viele dieser Pilger hatten ihre Familien dabei und schlugen behelfsmäßige Lager auf. Innerhalb von zwei Wochen wuchs die Bevölkerung von Mandela um dreißigtausend an. Nachts entfachten sie Feuer und sangen Lobgesänge, vereint in ihrem neuen Götzendienst.
     
    F? Natürlich machte es mir etwas aus, ihnen ihre spärlichen Habseligkeiten abzunehmen und dafür Lügen aufzutischen, ganz egal, wie gut diese Lügen gemeint waren. Und noch mehr machten mir Lilys missbilligende Blicke zu schaffen. Aber ich sehnte mich so verzweifelt danach dazuzugehören, und nun tat ich es, oder glaubte es wenigstens. Es kam mir damals noch nicht in den Sinn, dass nichts so wenig mit Zugehörigkeit zu tun hat, wie angebetet zu werden.
     
    F? Es endete so, wie Lily prophezeit hatte - die Regierung erfuhr davon, dass die Menschen nach Mandela pilgerten, um dort einen Hund als Gott anzubeten, und sandte ihre Soldaten aus. In der Nacht, in der sie den Slum stürmten, trommelte der Regen wilde Rhythmen auf den Blechdächern, und während die Leute um mich herum das ferne Grollen für Donner hielten, wusste ich es besser.
    »Sie kommen, Lily«, sagte ich. »Männer in Panzern und mit Gewehren. Sie kommen, um mich zu holen.«

    »Die Leute werden gegen sie kämpfen«, sagte Lily. »Sie werden für dich kämpfen und sterben.« Es klang

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