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Gott oder Zufall?

Gott oder Zufall?

Titel: Gott oder Zufall? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Berry
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neutestamentarischen Entsprechung von »Nephesch«, von »Leben« und »Begierde« (in den Paulusbriefen) bis zur gesamten Persönlichkeit.
     
    Sokrates (469–399 v. Chr.)  ©  © Corbis/​Angelo Cavalli
     
    Besonders fällt auf, dass die neutestamentarische Lehre von der Auferstehung des Leibes weit entfernt ist vom platonischen Konzept einer ewigen immateriellen Seele, die geschieden vom Körper existieren kann. Sehr deutlich wird dies in 1 Korinther 15, wo Paulus versichert, dass Jesu körperlich auferstanden sei und »alle, die zu ihm gehören« (23), ebenfalls auferweckt würden. Im Anschluss befasst er sich mit dem Gebrauch des Wortes »Leib«, das eine unterschiedliche Bedeutung haben könne, und erklärt, dass der Leib der Auferweckten ein »überirdischer« Leib sein werde. Dieser unterscheide sich stark vom vormaligen »irdischen«, sei aber immer noch ein Körper (1 Kor 15,35ff.). Sein Konzept des »überirdischen Leibes« weicht radikal von Platons Begriff einer ewigen körperlosen Seele ab. Bei Paulus folgt erst auf das »Irdische« das »Überirdische« (46). An anderer Stelle schreibt er: »Der Herr …, der allein die Unsterblichkeit besitzt« (1 Tim 6,16). Nirgendwo billigt die Bibel die Vorstellung einer körperlosen oder aus sich selbst heraus unsterblichen Seele.
    Argumente zugunsten des Dualismus
    Einwände gegen den Monismus
    Wenn ich aber keine unabhängige Seele habe und im Himmel einen neuen Körper erhalte, nach welchem Kriterium bin ich dann noch immer derselbe? Das Problem ist geringer, als es zunächst erscheint: Wir behalten auch auf der Erde unsere Identität, ohne dass wir lebenslang aus denselben Atomen und Molekülen bestehen. Die meisten Arten menschlicher Zellen leben nur wenige Wochen oder Monate, sterben ab und werden durch neue ersetzt. Zwar sind Gehirnzellen, die keinem solchen Austausch unterliegen, eine Ausnahme, doch werden ihre Moleküle kontinuierlich erneuert – zuweilen binnen Minuten oder Stunden. Als die stabilsten Moleküle bleiben die Chromosomen lebenslang erhalten, sind aber ebenfalls langsamen Stoffwechselveränderungen unterworfen. Diese materiellen Veränderungen lassen die Grundstruktur der Information im Körper und im Gehirn allerdings unangetastet. Wenn der Stoffwechsel die codierte Information in der DNA verändert, werden die entstehenden »Fehler« von speziellen DNA -Reparaturenzymen korrigiert. Entsprechend kann sich die materielle Basis der Nervenzellen erneuern, ohne dass dies die Schaltungen und Funktionen des Gehirns beeinträchtigt. Solche Veränderungen laufen natürlich schrittweise innerhalb einer identifizierbaren Struktur ab. Das bedeutet nicht, dass sie ganz der Verwandlung eines irdischen Leibs in einen überirdischen entsprechen. Wichtig ist nur, dass der Bestand der persönlichen Identität nicht von der Materie abhängt, aus der wir bestehen, sondern von der für die Information relevanten Struktur – so, wie ein Gedicht seine wesentlichen Qualitäten auch dann beibehält, wenn es fotokopiert oder abgeschrieben wird. Vermutlich werden unsere auferstandenen Leiber wesentliche Eigenschaften behalten, auch wenn sie sich in anderer Hinsicht so stark von unseren jetzigen unterscheiden, dass man sie sich kaum vorstellen kann.
    Versuche, den Dualismus gegen die Anfechtungen der Neurowissenschaft zu verteidigen
    Der interaktive Dualismus wird gewöhnlich auf einer philosophischen anstatt auf einer neurobiologischen Ebene verfochten. Viele moderne Philosophen sind Dualisten, und manche von ihnen vertreten den interaktiven Dualismus. Die philosophischen Argumente rücken vor allem das »harte Problem des Bewusstseins« und das der
Qualia
 – des subjektiven Erlebnisgehalts – oder die sich selbst widerlegende Natur des Naturalismus oder des Determinismus in den Fokus. Diese wichtigen Fragen können an dieser Stelle allerdings nicht behandelt werden. Hier geht es um die Beziehung zwischen dem interaktiven Dualismus und der Neurowissenschaft.
    Descartes benötigte eine unabhängige Seele, um menschliche Intelligenz zu erklären. Diese Notwendigkeit scheint heute weniger dringlich, obwohl die Debatte anhält. Diese dreht sich auch darum, ob künstliche Intelligenz mit Standardalgorithmen jemals die Leistungen des menschlichen Geistes nachahmen kann. Die meisten Fachleute der Computerintelligenz sind offenbar optimistisch, dass die herrschende Skepsis durch subtilere, nichtalgorithmische Ansätze ausgeräumt werden könne. Die meisten

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