Gott oder Zufall?
ermöglicht so die Verschiebung der Erdplatten. Oben umschließt ihn die relativ dünne Erdkruste, die an den meisten Stellen nur 5 bis 40 Kilometer in die Tiefe reicht. In ihr konzentrieren sich zahlreiche Elemente, von denen das Leben abhängt, insbesondere Kohlenstoff. Diese Kruste schwimmt gleichsam wie Schaum auf kochender Marmelade.
Auf die neugebildete Erde schlugen viele Meteoriten ein. © © Corbis/Sanford,/Agliolo
Darüber liegen die Hydrosphäre (die Wasserschicht) und die Atmosphäre. Derzeit sind über zwei Drittel der Erdoberfläche mit Wasser bedeckt, das mit Kohlenstoff die wichtigste Voraussetzung für Leben schafft. Alles biologische Leben existiert in dem schmalen Bereich, in dem Erde, Wasser und Luft ineinander übergehen. Vom Weltraum aus betrachtet, erschiene die Erde (einschließlich der Bergmassive), auf die Größe eines Billardballs geschrumpft, noch glatter als so eine Kugel. Und die Schicht, in der sich Leben regt, wäre nur wenige hundertstel Millimeter dick.
Schnitt durch die Erde © © Photolibrary/Christian Darkin
Dennoch existiert in der scheinbar fragilen, hauchdünnen Biosphäre das Leben schon seit vielen Millionen Jahren. Die ältesten auf der Erde bislang gefundenen Mineralkörner, sogenannte Zirkone (die besonders hart sind und als billiger Ersatz für Diamanten dienen), sind 4,4 Milliarden Jahre alt. Die älteste bekannte Felsformation – sie findet sich im arktischen Kanada – ist mit 4,3 Milliarden Jahren kaum jünger. Schon für diese Zeit gibt es Hinweise auf Oberflächenwasser. Obwohl Überreste nach so langer Zeit kaum erhalten sind, deutet einiges darauf hin, dass sich Leben auf der Erde entwickelte, kaum dass die Umweltbedingungen dafür entstanden waren. Darauf deuten 3,85 Milliarden Jahre alte Anomalien in Gestein und 3,5 Milliarden Jahre alte fossile Mikroben in Felsen hin.
Seither hielten sich auf der Erde dauerhaft günstige Bedingungen für das Leben, obwohl die von der Sonne abgegebene Hitze um ungefähr 30 Prozent anstieg und die Erdrotation um den Faktor vier bis fünf abgebremst wurde. Da Leben nur in einer schmalen Bandbreite von Umweltbedingungen bestehen kann, ist dieses Überleben bemerkenswert. Sollte die Oberflächentemperatur der Erde auf über 100 Grad steigen, würde sämtliches Wasser verdampfen – und alles bekannte Leben untergehen. Im anderen Extrem wäre die Erdoberfläche ohne den Treibhauseffekt durch Kohlendioxid und Wasser in der Atmosphäre um 30 Grad kälter und damit eine tote Eiswüste. Wir können die Bedingungen auf der Erde entweder als ein verblüffendes Zusammentreffen oder als Beispiel für die Vorhersehung Gottes ansehen, der die Welt dauerhaft als einen Ort erhält, der dem Leben gewogen ist (Hebräer 1,3).
Der älteste bekannte Felsen auf der Erde am Ufer der Hudson Bay. Vulkanischen Ursprungs, wird er auf eine Zeit vor 4,3 Milliarden Jahren datiert. © © Alamy/All Canada Photos
Von den ersten Anzeichen für Leben bis zu den ersten mehrzelligen Organismen, die vor ungefähr 575 Millionen Jahren auftauchten, liegt ein langer Zeitraum, in dem sich die Atmosphäre langsam veränderte: Insbesondere stieg aufgrund der Photosynthesetätigkeit ihr Sauerstoffgehalt, was am Ende die Entwicklung großer Tiere ermöglichte. Die geologischen Relikte sprechen dafür, dass damals Ähnliches ablief wie heute: Vulkantätigkeit, Erdbeben, Auffaltung und Erosion von Gebirgen, Überflutungen und Dürren, aber die Entwicklung verlief sicher uneinheitlich: In Warmzeiten heizte sich die Erde stark auf, während sie in Eiszeiten wieder abkühlte. Und bei gewaltigen Artensterben verschwanden schlagartig bis zu 95 Prozent aller Spezies. Bei einem der jüngsten starben vor ungefähr 65 Millionen Jahren die Dinosaurier aus. An ihrer Stelle dominieren seither die Säugetiere den Planeten.
Während es Leben auf der Erde schon lange gab, trat der Mensch erst in allerjüngster Zeit in Erscheinung. Zur Illustration: Könnte man die bisherige Erdgeschichte auf ein Jahr zusammendrängen, tauchte der moderne
Homo sapiens
erst in der Silvesternacht 15 Minuten vor dem Jahreswechsel auf. Dies ist theologisch noch nicht bedeutsam. Doch zusammen mit den in den letzten Jahren gewonnenen Erkenntnissen, wonach die Verhältnisse im Universum sehr fein darauf abgestimmt sind, Leben auf der Erde zu ermöglichen – das anthropische Prinzip –, gibt dieser Vergleich Anlass zum Innehalten.
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