Gott oder Zufall?
Beweisführung für zersetzend für den Glauben hielten, der einen Sprung ins Absurde erforderte – eine Schlussfolgerung, die im 20. Jahrhundert von Denkern wie Karl Barth unterstützt wurde.
Wichtig ist dabei, dass – wie auch immer die externe Teleologie in der Theologie umgesetzt wird – die interne Teleologie in den Biowissenschaften so aufblüht wie noch nie zuvor. Der Vitalismus ist »out«, doch der Wille zum Verständnis, der Bezug auf Zwecke und Zielsetzungen nimmt, ist äußerst lebendig. Mindestens die letzten Ursachen des Aristoteles sind ein wesentlicher Bestandteil der Erklärungsinstrumente für die Darwins. Erst jetzt werden sie, dank der Selektion, für völlig natürlich gehalten.
Intelligent Design ⬅
Die Vorstellung eines »intelligenten Designs« hat eine lange Geschichte. Man findet sie bereits bei den stoischen Philosophen (3. Jahrhundert v. Chr. bis 2. Jahrhundert n. Chr.), die auf die Mechanismen der Welt als Beweis für eine »göttliche Intelligenz« aufmerksam machten. Diese Formulierung ist im Laufe der Zeit für sehr unterschiedliche Zwecke verwendet worden. 1874 benutzte sie der passionierte irische Physiker John Tyndall, als er vor der British Association for the Advancement of Science in Belfast eine Vorlesung hielt, bei der er die Auffassungen des Anatomen Lukrez sehr lobte sowie dessen Vorgehensweise, dass »er für die die Vorstellung kämpfte, dass der Aufbau der Natur auf alle Fälle von einem
intelligenten Design
festgelegt wurde«. Nicht einmal zehn Jahre später sagte James McCosh, begeisterter Anhänger Darwins sowie engagierter Christ und einer der Ersten, die an der Princeton University Präsident werden sollten, zu seinen Studenten: »Der natürliche Ursprung der Arten ist nicht unvereinbar mit dem intelligenten Design in der Natur oder mit der Existenz eines persönlichen Schöpfers der Welt.«
James McCosh (1811–1894), schottischer Philosoph und presbyterianischer Minister, der (zwischen 1868 und 1888) Präsident an der Princeton University war. Er meinte, dass die Evolution als Verherrlichung eines Designer-Gottes betrachtet werden könnte und an sich gar nicht atheistisch sei; er wurde zum ersten führenden Geistlichen Amerikas, der öffentlich die Evolution unterstützte. © © Getty Image/Hulton Archive
Generell glaubten alle Christen, dass das Universum irgendwie von Gott entworfen und gestaltet worden wäre, das heißt, dass es von ihm mit bestimmten Absichten und Zielsetzungen ins Leben gerufen wurde. Natürlich steht die beobachtete Feinabstimmung der physikalischen Konstanten, die das Leben im Universum möglich machen, mit einem solchen Glauben in Einklang, und die komplexen Strukturen lebender Organismen ziehen die Aufmerksamkeit auf die Weisheit Gottes in seiner Schöpfung. Doch in den frühen 1990ern tauchte in den USA eine Bewegung unter der Bezeichnung »Intelligent Design« auf (abgekürzt ID ), die sehr viel mehr Anspruch auf das Design-Argument erhob als der traditionelle Standpunkt. Angeführt von Phillip E. Johnson, einem Rechtsanwalt der University of California in Berkeley, sah diese Bewegung ihr zentrales Ziel in der Schwächung des als Philosophie wahrgenommenen Naturalismus, der – so wurde behauptet – die Wissenschaftsgemeinde durchdringe und korrumpiere.
Eine besondere Zielscheibe stellte die darwinistische Evolution dar, die mehr als gottlose Philosophie betrachtet wurde als das Konzept von James McCosh, dem zufolge Gott Mittel bereitstellte, um sein Schöpfungswerk zu vollbringen. Tatsächlich wurde Phillip Johnsons Kampagne durch die Lektüre von Richard Dawkins’ Buch
Der blinde Uhrmacher
ausgelöst; es waren Dawkins’ Behauptungen über die Evolution als ein gottloser Prozess im Zusammenhang mit dem, was Johnson als fehlende Beweislage dafür hielt, was ihn zu seinem Kreuzzug gegen Darwin veranlasste.
1996 wurde das Discovery Institute des Center for the Renewal of Science and Culture in Seattle in den USA gegründet und wurde zum Flaggschiff der ID -Bewegung. Die dem Institut angeschlossenen Mitarbeiter haben einen ganz unterschiedlichen theologischen und philosophischen Hintergrund, es arbeiten hier Atheisten, Agnostiker, Juden und Muslime, protestantische und katholische Christen. Ein Mitarbeiter des Discovery Institute gehört der Vereinigungskirche des Koreaners Sun Myung Moon an. Die Bewegung unterscheidet sich vom traditionellen Kreationismus insofern, als sie die Rolle religiöser
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