Gott oder Zufall?
Texte bagatellisiert und ihre Sichtweisen als wissenschaftlich statt religiös präsentiert. Insgesamt kann das ID dennoch als eine ausgeprägte Form der natürlichen Theologie betrachtet werden, da ihr zentrales Anliegen darin besteht, Beweise für ein Design in der Natur vorzulegen, um damit im Rückschluss die Existenz eines Designers zu belegen.
Unter den Befürwortern des ID gibt es ein ungeheures Spektrum an Meinungen, doch sind sich alle einig in der Ablehnung der darwinistischen Evolution als der besten Erklärung für den Ursprung der biologischen Vielfalt, einschließlich aller biologischen komplexen Systeme. Einer der prominentesten Vertreter des Intelligent Designs ist Michael J. Behe, ein katholischer Biochemiker, der 1996
Darwin’s Black Box: The Biochemical Challenge to Evolution
(auf Deutsch 2007 erschienen als
Darwins Black Box. Biochemische Einwände gegen die Evolutionstheorie)
veröffentlichte. Die »nichtreduzierbare Komplexität« der subzellulären Welt hatte ihn zu dem Schluss geführt, dass hier intelligentes Design am Werk gewesen war. Er meinte: »Das Ergebnis ist so eindeutig und so bedeutsam, dass die entsprechenden Bemühungen zu den größten Leistungen in der Wissenschaftsgeschichte gerechnet werden müssen. Diese Entdeckung kann sich mit den Verdiensten Newtons und Einsteins, Lavoisiers und Schrödingers, Pasteurs und Darwins messen.« Ein Kerngedanke beim ID lautet, dass es bestimmte biologische Einheiten gibt, wie etwa das bakterielle Flagellum (eine aus mehreren Komponenten bestehende »Geißel«, die das Bakterium bei seiner Fortbewegung unterstützt), das so komplex aufgebaut ist, dass es wohl kaum als Ergebnis eines allmählichen darwinistischen Prozesses entstanden sein konnte. Das Flagellum wird für einen »nichtreduzierbaren Komplex« gehalten; das bedeutet, dass dieser nur dann funktioniert, wenn alle seine Komponenten zur selben Zeit vorhanden sind, was einen Beweis für »Design« darstellt. Der Nachweis derartiger »nichtreduzierbarer komplexer Einheiten« in der Biologie spielt bei der Argumentation des ID eine zentrale Rolle.
Im Jahre 2005 wurde ID in dem US -amerikanischen Gerichtsverfahren Kitzmiller vs. Dover überprüft. Das Verfahren erfuhr außergewöhnliche Aufmerksamkeit in den Medien und war darauf zurückzuführen, dass ein staatliches Schulamt in Dover, Pennsylvania, verfügte, ID in den Lehrplan des Biologieunterrichts an einer örtlichen High School zu übernehmen und den Schülern das ID -Lehrbuch
Of Pandas and People
zur Verfügung zu stellen. Die örtliche Schulbehörde verlor den Fall mit der Begründung, dass ID keine Wissenschaft, sondern Religion sei und daher nicht in einem wissenschaftlichen Unterricht gelehrt werden könne. Der Richter – selbst ein konservativer Christ – verurteilte die Schulbehörde wegen ihrer »atemberaubenden Dummheit« und ordnete an, dass ID »keine Wissenschaft« sei, weil sie »übernatürliche Kausalzusammenhänge« beschwöre. ID zu lehren würde daher gegen die Verfassung der USA verstoßen.
Die Auffassung, ID sei »Wissenschaft«, ist in der Tat problematisch. In der Wissenschaft geht es um nachprüfbare Konzepte. Die Behauptung, ein bestimmtes biologisches Element weise ein »Design« auf, führt nicht zu irgendeinem sinnfälligen Forschungsprogramm, mit dem sich eine solche Vorstellung überprüfen lassen könnte. Das erklärt vermutlich auch die geringe Anzahl an wissenschaftlichen Publikationen seitens der Verfechter des ID . Die Einführung einer »Design«-Sprache in den wissenschaftlichen Diskurs ist ebenfalls verwirrend, weil damit am Ende unmittelbare Ursachen – was die Wissenschaft untersucht – mit letzten Ursachen (wie das »Design«) – mit denen sich die Wissenschaft nicht befassen kann – vermengt werden.
Geißeln an einem Salmonellenbakterium © © Corbis/Visuals Unlimited
Tatsächlich existieren vorzügliche Erklärungen Darwins für viele der Elemente, die Befürworter des ID für »Design« halten. So gibt es zum Beispiel von den insgesamt 30 bis 40 Proteinen, aus denen das bakterielle Flagellum besteht, eine Proteinstruktur, die als das Typ-3-Sekretionssystem bezeichnet wird und unabhängig funktioniert, um Gift in ein anderes Bakterium zu spritzen – was eine ganz andere Funktion als Fortbewegung darstellt. Eine weitere Teilkomponente des Flagellums ist eine chemische Pumpe, die bei vielen Bakterien Energie in nützliche Arbeit umwandelt. Natürlich ist das
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