Gott oder Zufall?
Flagellum absolut keine nichtreduzierbare Komplexität, weil das komplexe System in Teilkomponenten mit unabhängigen Funktionen aufgeteilt werden kann, die wichtige Aufschlüsse über mögliche stufenweise Fortschritte im Sinne der Evolutionsvorstellungen Darwins geben können. Dabei hat jede Teilkomponente ihren eigenen Selektionsvorteil – unabhängig von dem Flagellum als Ganzes betrachtet.
ID ist für die christliche Apologetik höchst problematisch, weil es sich auf einen »Designer« beruft, um in unseren wissenschaftlichen Erkenntnissen derzeit vorhandene Lücken zu erklären. Das Ergebnis ist ein »Lückenbüßerdesigner«, der ohne weiteres verschwinden kann, sobald die wissenschaftlichen Erkenntnisse gewachsen und die Lücken gefüllt sind. Die Wissenslücken liegen oftmals nicht in der Kenntnis der molekularen Eigenschaften komplexer Systeme, sondern in unserem Verständnis ihrer detaillierten Evolutionsgeschichte. In diese historischen Lücken möchte ID den Begriff des »Designs« einwerfen.
Der von den ID -Argumenten beschworene Designer-Gott unterscheidet sich stark vom Gott der Bibel, der Schöpfer und Bewahrer all dessen ist, was existiert. Wer jedoch am traditionellen Design-Argument festhält, wird Gottes aufrichtige Absichten bei aller Komplexität der Schöpfungsordnung erkennen – ungeachtet der Tatsache, ob die Wissenschaft nun schon in der Lage ist, sie zu verstehen oder nicht. Theologisch beunruhigen muss beim ID , dass es anscheinend ein zweigeteiltes Universum hervorbringt: Die eine Stufe besteht aus den »natürlichen Elementen«, die von der Wissenschaft derzeit verstanden werden, wohingegen die zweite Stufe aus den »entworfenen Teilen«, den »designten Teilen« besteht, die dann das übernatürliche Eingreifen eines intelligenten Designers erforderlich machen. Doch die Bibel sieht einfach nur, dass alles existiert – das »eine Universum« –, wie es von Gott geschaffen wurde und am Leben erhalten wird. Christen haben ja nichts zu verbergen, denn je mehr die Wissenschaft erklären kann, umso mehr offenbart sie von der Weisheit und der Macht Gottes bei seiner Schöpfung.
Kreationismus
Eines der Ziele Darwins beim Verfassen seiner
Entstehung der Arten
bestand darin, das »Dogma unterschiedlicher Schöpfungen zu stürzen«, und darin erwies er sich als höchst erfolgreich. Der Historiker James Moore schreibt: »… mit ganz wenigen Ausnahmen kamen die führenden christlichen Denker Großbritanniens und Amerikas relativ einfach mit dem Darwinismus und der Evolution klar«, während der amerikanische Historiker George Marsden berichtet: »… mit Ausnahme vom Harvard-Professor Louis Agassiz akzeptierte seit den frühen 1870ern praktisch jeder amerikanische Zoologe und Botaniker irgendeine Form der Evolution.«
Der Scopes-Prozess, der 1925 in Dayton, Tennessee, stattfand © © Corbis/Bettmann
Der Scopes-Prozess, der 1925 in Dayton, Tennessee, stattfand © © Alamy/Pictorial Press Ltd
Trotz gelegentlicher Nörgelei gab es bis in die frühen 1920er Jahre keine organisierte Bewegung gegen die Evolution. Selbst die damals sogenannten christlichen Fundamentalisten waren sich nicht einig über die korrekte Auslegung der Genesis. Den meisten von ihnen machte es nur wenig aus, die Befunde aus der Geologie und der Paläontologie für das hohe Alter des Lebens auf der Erde anzuerkennen. Normalerweise geschah das dann in der Art, dass sie die Schöpfungs-»Tage« als unermessliche geologische oder kosmische Zeitalter interpretierten oder der Scofield-Bibel folgten und dabei eine riesige »Lücke« zwischen die anfängliche Schöpfung »am Anfang« und einer sehr viel späteren Schöpfung schoben, die mit dem Garten Eden in Zusammenhang stand.
Dennoch glaubten sie weiterhin, dass die Menschen erst mit der Schöpfung von Adam und Eva auf Erden in Erscheinung traten – etwa vor 6000 Jahren. Nur ein kleiner Prozentsatz von Fundamentalisten – vor allem Sieben-Tage-Adventisten – insistierte in den 1920ern weiterhin auf der erst kürzlich erfolgten Schöpfung allen Lebens innerhalb von sechs wörtlich zu nehmenden Tagen und wies praktisch die gesamte geologische Formation dem Werk von Noahs Flut zu, einer weltumspannenden Katastrophe, die sich etwa um 2348 v. Chr. ereignet hatte. Damit folgten sie den Visionen ihrer Gründerin Ellen G. White. Der führende Verfechter dieser Sicht, ein kanadischer Adventist namens George McCready Price, nannte das
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