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Gott-Poker (German Edition)

Gott-Poker (German Edition)

Titel: Gott-Poker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Scholz
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eher noch zu verstärken schien, doch ich wollte es wenigstens versucht haben.
     
    Mit einem Ruck setzte die Maschine auf einer holprigen Rollbahn auf. Die Landung hatte mein Gehirn nach unten gedrückt; das scharfe Abbremsen des Flugzeugs schob es nun nach vorne, gegen meine Stirn. Mühsam schälte ich mich aus meinem Sitz, nahm meine Jacke und reihte mich zum Aussteigen ein. Durch Wogen der Übelkeit hindurch bemerkte ich erstaunt, dass alle meine Mitreisenden höchstens einen Meter fünfzig maßen. Die ledern schimmernde Haut des Mannes vor mir verstärkte die Übelkeit, und ich musste mich an den Sitzen festhalten, um nicht umzukippen. Ich hielt Ausschau nach Camilla, doch die lächelnden Gesichter der Stewardessen am Ausgang verschwammen zu einem bedrohlichen Have a nice stay.
    Die Luft, die mir an der Tür entgegenkam, stach mir ins Gesicht und war so heiß und trocken, dass für einen Moment mein Herz aussetzte, als ich aus der Maschine kletterte.
    Während ich darauf wartete, dass das Gepäckband ansprang, starrte ich auf den Bildschirm mit der Flugnummer, doch nach einer Weile war ich mir nicht mehr sicher, ob es der Monitor war, der flackerte und dauernd den Kanal wechselte, sodass man nichts erkennen konnte, oder ob das an meinen Augen lag. Ich bemühte mich, zu atmen und mich auf meine Tasche zu konzentrieren, die ich, als sie endlich kam, beinahe nicht als die meine erkannt hätte. Ich entsann mich nicht, sie mitgenommen zu haben, nahm sie aber automatisch vom Band. Ohne mich um die anderen Passagiere zu kümmern, ging ich, den Kopf in einer Schiene aus glühendem Stahl, aus der winzigen Halle hinaus. Benommen kletterte ich die unebenen Treppen vor dem Eingangsportal hinunter. Ich warf mir die Tasche über die Schulter und schlug einen Feldweg ein. Es roch nach Meer, nach Teer und Öl, und wirklich tauchte nach wenigen Minuten, die ich den unbefestigten Pfad entlang gegangen war, hinter einer Biegung unvermittelt das blaugrün glitzernde Wasser einer Bucht auf. Auf dem steinigen Weg lag die vertrocknete Haut einer Schlange.
    Ich ließ mich auf einen Steg fallen und begriff nicht, wie ich so schnell hierher gekommen war. U nter mir kreuzten rötlich schimmernde Fische mit riesigen Hahnenkämmen, über die Teersteine, aus denen das Ufer aufgeschüttet war, klapperten Krebse, und vom grünen Vorgarten einer kleinen Hütte sah eine Ziege herüber, so unwirklich weiß, als hätte jemand sie angemalt.
     
    Schließlich stand ich auf und ging ein Stück an der Küste entlang. An einem Bootsanleger stellte ich fest, dass ich die Landessprache nicht beherrschte. Die Sprache kam mir genauso nebelhaft bekannt vor wie die Flagge, die über dem Kabinenfenster klebte: Ein schematisch dargestelltes Meer mit einem in der Sonne verbrennenden Vogel darüber, doch ich kam nicht darauf, wo ich das schon einmal gesehen hatte. Ich erwog zu fragen, in welchem Land ich mich befände, erinnerte mich dann aber an das tiefe Mitleid, das ich mit den kirschrot und dümmlich aufgeworfenen Lippen einer Asiatin empfunden hatte, die mir zuhause auf dem Rathausplatz einmal dieselbe Frage gestellt hatte, und schämte mich, obwohl ich noch gar nichts gesagt hatte. Mit einer Kombination aus englischen Sätzen, die ich nur mit Mühe artikulieren konnte, und die sie nicht zu verstehen schien sowie einigen Kopfbewegungen, die mein Gehirn wieder in Aufruhr versetzten, kaufte ich bei einer freundlichen, dicken Dame ein Ticket für die nächste Fähre in die Stadt. Die Frau zeigte drei ihrer ledrigen Finger, und ich setzte mich, in der Hoffnung, sie möge mich nicht ansprechen, ein Stück entfernt auf eine Bank. Als das Boot kam, rief die Frau herüber und winkte. Mir fiel auf, wie klein sie war, so klein wie JumJums Großmutter im Land der Ferne, dachte ich, und fühlte mich besser. Über tiefblau glitzerndes Meer hinweg trug der Wind oder vielleicht ein Motor das Boot über die Bucht zu einer Stadt. Es ist eine schöne Stadt aus weißen Quadersteinen, direkt am Meer, es gibt sogar einen Badestrand, und auch wenn ich nicht ins Meer gehe, weil ich Angst vor den Tieren habe, will ich nie wieder weg von hier. Ich habe ein abgedunkeltes Hotelzimmer, und wenn man die dunkelblaue Jalousie anheben und hinausschauen würde, würde man das Meer und eine Palmenpromenade sehen.
    Ich liege in meinem Bett, höre die Geräusche des Zimmermädchens vom Flur, die einer sonnigen Stadt von draußen, und alles könnte schön sein, friedvoll und entspannt, doch in

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