Gott-Poker (German Edition)
meinem hämmer nden Kopf dreht sich eine Spirale, die mir sagt, dass Klara selbst Schuld hat, selbst Schuld, selbst Schuld, so sehr selbst Schuld, dass mein Kopf fast zerplatzt, und ich überlege, sie anzurufen, um ihr zu sagen, dass sie selber Schuld hat und dass es mir leid tut, doch ich weiß nicht, wo ich bin und wie man das macht.
Sie mussten Maria finden. Maria war verschwu nden. Del Toro wusste nicht genau, warum und unter welchen Umständen Maria verschwunden war, so wie es im Traum manchmal unklar ist, an was man sich erinnert, obwohl man sich ganz genau erinnert. Sie wusste nur, dass sie Maria finden mussten. Sie schmiegte sich an Karls Brust und hoffte, dadurch auch ihn ein wenig zu wärmen. Sie wünschte vor allem, dass Klara und Karl sich wieder vertragen würden. Sie fand es vollkommen unmöglich, dass sie sich jetzt schon wieder streiten mussten. Sich durch diesen eisigen Schneesturm zu kämpfen, das war schließlich schon schlimm genug, da musste man sich doch wahrhaftig nicht auch noch streiten.
Eine ganze Zeit lang hatten die beiden sich ang ezischt, dann geschrieen, wohl in der Annahme, del Toro würde nicht verstehen, worum es ging, denn sonst hätten sie sich sicher etwas zusammengenommen. Dann war das Klärchen in Tränen ausgebrochen und Karl hatte wütend vor sich hin geschnaubt. Jetzt kämpften sie sich schon seit einer Ewigkeit schweigend durch den Eissturm, Karl mit del Toro voraus, das Klärchen stolperte hinterher. Irgendwann hatte Klara nach Karls Hand gegriffen, und Karl hatte die Hand genommen und kurz gedrückt, doch dann hatte er sie wieder losgelassen.
Del Toro schien es, als hätten die beiden sich ganz dringend über irgend etwas unterhalten müssen, aber der Wind brüllte unablässig in ihren Ohren herum und erlaubte kein Nachdenken, er erlaubte nur ein ärgerliches vor sich Hinbrüten, er machte sie wütend mit seinem Geheule. Del Toro wollte den Wind a nbrüllen, er solle endlich ruhig sein, aber ihr wütendes Maunzen konnte sie nicht mal selber hören, geschweige denn der Wind, der ihr den Atem verschlug. So presste sie ihre Nase möglichst tief in den Pelzmantel und hatte großes Mitleid mit dem Klärchen und auch mit Karl, und sie hatte Angst, eine große, unbestimmte Angst um Maria, und sie versuchte sich zu erinnern, was nur geschehen war, doch es fiel ihr nicht ein.
Da wäre Karl beinahe gegen eine Mauer gerannt. Die Mauer stand plötzlich vor ihnen und war aus a lten, schwarzen Steinen gemauert, vom Schnee in wellenförmigen Wehen bedeckt. Sie ging Karl bis über den Kopf, man konnte nicht hinüber sehen.
»Was ist da?« schrie Klara gegen den Sturm an.
»Eine Mauer«, sagte Karl.
»Toll«, sagte Klara. »Und jetzt? Was machen wir hier überhaupt?«
»Weiß ich doch nicht«, zischte Karl. »Del Toro wollte, dass wir herkommen. Sie hat mich aufgeweckt und gesagt, wir müssten sofort los, Maria sei an die Sonne verschleppt worden. Ich wusste nicht, wie wir da hinkommen sollten, zur Sonne, aber wir mussten doch Maria retten, und so sind wir mit diesem klapprigen Ding von einem Segelflugzeug aus dem Garten deiner Großeltern losgesegelt und haben dich abgeholt, aus dem Krankenhaus. Ich konnte dich doch nicht allein da sitzen lassen. Du hast immer noch in deinem blöden Bett gesessen, du hattest dich seit Tagen überhaupt nicht bewegt, und diese ewigen, verdammten Tränen! Als wir mit dem Flugzeug vor deinem Fenster aufgekreuzt sind, hast du endlich aufgehört zu heulen, hast dir deine Jacke angezogen und bist aus dem Fenster auf das Flugzeug gesprungen. Weißt du das nicht mehr? Beinahe wären wir abgestürzt!«
»Was für ein Unsinn«, sagte Klara. »Ein Segelflu gzeug vor meinem Fenster. Daran könnte ich mich ja wohl erinnern. Und überhaupt: Del Toro hat gesagt! Du bist wohl nicht bei Trost. Seit wann kannst du dich denn mit Katzen unterhalten! Und warum sollte jemand Maria an die Sonne entführen? So ein Schwachsinn.«
»Ist doch auch egal, Klara!« rief Karl. »Jedenfalls sind wir jetzt hier, Maria ist verschwunden und vor uns ist eine Mauer, in diesem Sturm kann man nichts sehen und zurück kommen wir auch nicht mehr, also was sollen wir machen?«
»Hilf mir mal auf die Mauer«, sagte Klara. »Vielleicht kann man auf der anderen Seite etwas sehen. Hast du nicht gesagt, zur Sonne? Dafür ist es ganz schön kalt hier.«
Karl legte die Hände zusammen, um Klara hi naufsteigen zu lassen. Del Toro konnte sich nicht mehr halten und rutschte nach
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