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Gott-Poker (German Edition)

Gott-Poker (German Edition)

Titel: Gott-Poker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Scholz
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Baronin, um sie nicht aufzuwecken und ging in den Flur, um seinen Mantel zu suchen.
    Karl fand sein Mobiltelefon genau in dem Moment, in dem es aufhörte zu klingeln. Eine unbekannte Nummer: sieben Anrufe. ›Verdammt‹, dachte Karl. ›Das Klärchen! Und Maria! Im Krankenhaus! Verdammt‹, dachte Karl, da begann es wieder zu klingeln.
    » Maria ist weg!« rief Klaras Stimme aus dem Hörer. »Wo zum Teufel seid ihr nur alle?«
     
     
     
     
     
     
    Ich fühle mich beobachtet. Eingeschüchtert sitze ich in meinem Liegestuhl am Pool herum und scheue mich mitunter sogar davor, den Sonnenschirm zu verstellen. Die bloße Anwesenheit der fremden Menschen hier mit ihren Augen bereitet mir Unbehagen. So lese ich viermal hintereinander dasselbe Buch, um wenigstens beschäftigt auszusehen. Sobald ich die Buchstaben auf der letzten Seite alle angesehen habe, drehe ich den Buchkörper herum, rasch, als könne sonst etwas herausfallen, und schlage ihn von vorne wieder auf. Zur Not in der prallen Sonne, bis es mir allzu lächerlich vorkommt und ich Angst bekomme zu sterben, weil der Doktor schließlich gesagt hat, ich dürfe nicht in die pralle Sonne. Mehrmals täglich verlässt jedes Gefühl von Kraft meinen Körper. Meine Arme sinken herunter und lassen das Buch aufgeschlagen auf meinem Bauch zurück. Selbst die Sonne hat es schon bemerkt und eine weiße Stelle freigelassen, die speziell für das Buch in den immer länger dauernden Momenten der Kraftlosigkeit bestimmt ist.
     
    Ich denke an Karl, an sein gutes Herz und seine unbekümmerte Art, die mir den Aufenthalt hier erleichtern würde, die mir überhaupt das Dasein bisher sehr erleichtert hat, das merke ich jetzt, doch in beängstigend steigender Frequenz wird dieser Gedanke vertrieben von der kühlen Hand des Doktors, der über meine Wange streicht und der am Abend wiederkommen wird, was meinem Tag einen unbestimmten Glanz verleiht, der nicht von der Sonnenreflexion auf dem Pool kommt, und auch nicht von den sepiafarbenen Spiegeln an den Umkleideschränken, so sehr ich mir das auch einreden will. Das Warten auf den Abend wird zu einer süßen Beschäftigung, und das Warten auf den Abend hat eine sehr beruhigende Wirkung, was wiederum mich in unangenehmer Weise an Klara erinnert, die das Warten zu ihrer Profession erhoben und schließlich selbst Schuld hat, so sehr selbst Schuld, dass ich das Buch in den Pool werfen möchte, und ich würde es tun, wenn es nicht so sinnlos und ich nicht so kraftlos wäre, und ein ums andere Mal frage ich mich, wie wir so weit kommen konnten und welcher Teufel oder welcher Gott die Finger im Spiel haben musste, dass ich unbedingt, nur wegen eines lächerlichen Zettels, in diesen Club stolpern musste, den Falier mir übergeben hat, und warum Falier mir eigentlich unbedingt diesen Club übergeben wollte, und noch schlimmer, warum dann auch noch ausgerechnet Karl in dieser verregneten verfluchten Nacht in denselben Club stolpern musste, als wäre es nicht vorher schon mehr als genug gewesen, und wieso wir nicht mehr aufhören können zu spielen, wenn das Spiel einmal in Gang gesetzt wurde, eher würde die Sonne sich häuten und die Dinge ihren Schatten verlieren, doch aufhören, nein aufhören, sobald es einmal begonnen hat, das können wir nicht, und manchmal frage ich mich sogar, welche Rolle del Toro in dem Spiel wohl haben mag, doch in diesem Stadium meines Gedankenganges wird stets die Sonne gefressen und vor meinen Augen beginnen tausend Sterne zu tanzen, weil ich so schnell aufgesprungen bin, um diesen Gedanken zu verscheuchen.
     
     
     
     
    »Sie bleiben lange«, flüsterte Franziska. Das Mondlicht warf einen Schleier aus silbriger Feuchtigkeit über ihre Wangen. Ihre Lippen schimmerten. Es war dunkel geworden und kalt, und die Nachtkühle des verwilderten Rasens kroch ihnen in die Kleider. Sergej ließ Franziskas Hand los und wischte ihr Erde und Kirschblüten aus dem Gesicht. Dann stand er auf und zog Franziska zu sich nach oben. 
    »Was tun wir nur?«
    Franziska entwand sich Sergej und schnäuzte sich in ein weißes Stofftaschentuch, das sie in ihrer Jacke gefunden hatte.
    »Was immer wir tun, es ist zu spät. Zu spät, au fzuhören.«
    »Es ist nicht zu spät. Erst wenn man tot ist.«
    »Nein«, sagte Franziska, »es ist jetzt schon zu spät. Oder glaubst du vielleicht, wir könnten es ertragen, die beiden da drin in der Kammer zu lassen, in dem ganzen Blut und dem Gestank, mit ihrer Gier und ihrem Elend, und wir gingen weg,

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