Gott-Poker (German Edition)
aufgestanden sondern im Sand vor der Rutsche liegen geblieben. Sie war auf mir gelandet, es tat weh und ich wollte sie beißen, mich in ihr verbeißen, damit sie nicht einfach aufstehen konnte, aber dann sah ich ihre Augen und ließ sofort von ihr ab. Entschuldige, sagten wir beide gleichzeitig, klopften uns den Sand von den Kleidern und Maria ging nachhause, bis morgen dann, sagte sie über die Schulter und verschwand in ihrem Garten.
Jetzt war leider keine Rutsche da, und ich überlegte, ob ich sie überholen könnte und dann plötzlich stehen bleiben, damit sie gegen mich rennt, doch dann sagte meine Kehle, dass das lächerlich sei indem sie einen Hustenanfall bekam, einen Lachanfall, als Hustenanfall getarnt. Ich musste stehen bleiben, so stark war der Husten, und Maria, die schon weit voraus war, blieb stehen und wartete, aber schließlich kam sie zurück.
›Was ist denn‹, sagte sie, ›willst du Wasser?‹ Eine zerdrückte Plastikflasche mit warmem Wasser schaukelte an einem dünnen Arm in Richtung meiner Nase, unverbindlich und mit Bläschen darin. Ich sank an einer Mauer in die Knie, um den Kopf in den Schatten zu bekommen, aber es ging nicht, ich war zu groß.
›Nein, danke‹, sagte ich, mühsam den Hustenreiz unterdrückend, es geht schon. In meinen Augen schwammen die Tränen und ich wusste beim besten Willen nicht, wie ich aus dieser Situation jetzt wieder herauskommen könnte, man kann ja nicht einfach wegblenden, im Film ist so was leichter, da kann man aus unmöglichen Situationen einfach herauskommen, indem weggeblendet wird.
Es waren weder Regisseur noch Kameramann vor Ort, niemand voll der Gnaden, und so musste Maria genervt vor sich hinschnauben, mir ein Taschentuch aus ihrer Umhängetasche hervorkramen, Tempo mit Menthol, das Menthol nur noch schwach. Dann reichte sie mir ihre heiße, feuchte Hand und zog mich empor, wir gingen weiter, und damit war diese unmögliche Situation auch beendet.
Im Zug bissen wir in den Apfel, das Geschenk von dem Mann auf dem Marktplatz, aber wir waren zu müde, zu kraftlos, der Apfel glitt aus meiner Hand und lag in meinem Schoß, während Marias Apfel auf den Boden fiel und unter eine Bank rollte, und dort blieb er verschwunden. Ich stellte mir vor, wie der Apfel durch den ganzen Zug rollen würde, hin und hergeschaukelt und zwischen alten, faltigen Füßen in groben Schuhen hindurch. In der ruckligen, ratternden Hitze jagten mich Träume von einer Palme, aus der Milch sprudelte, und ein kleiner Fisch kämpfte in dem Milchrausch um sein Überleben.
Als wir aufwachten, war schon das Meer zu sehen. Maria kniff mich in den Arm, ›wir sind da‹,
es tat weh. ›Wie schön, sagte sie, sieh nur, der Wind.‹
Wir setzten uns auf warme Steine und tranken aus einer braunen Flasche kleine Schlucke, die uns die Kehle verbrannten, das Meer schaukelte irgendwo unter uns die Sonne aus sich heraus, und von Ferne wehte Led Zeppelin herüber, whole lotta love , vermischt mit Kirchengeläut, und dann sagte Maria: ›hast du ihn gesehen?‹
›M-m‹, sagte ich und simulierte mit dem Stock in meiner Hand ein Kopfschütteln auf dem Stein. Mein Körper, der nach Cocos und Schweiß und Sonne roch, musste mitsimulieren, denn mein Kopf hatte meine Nase zwischen die Knie gedrückt und ließ somit nur noch ganzheitliche Bewegungen zu.
›Ich hab ihn gestern geküsst‹, sagte Maria, und dann war es, als wäre die Welt unversehens in ein schwarzes Wattemeer geraten, das im Universum herumgeflogen ist.
›Nicht so schlimm, oder‹, sagte Maria und räusperte sich, ›es ist so passiert.‹
Stimmen schrieen in meinem Kopf, meine Stimme war auch dabei, sie schrie in meinem Kopf verschiedene Dinge, die ein Regisseur gut hätte in Szene setzen können, aber ich kann so was nicht, ich malte nur weiter mit dem Stock auf dem Stein herum und sagte nichts, wie ich meinte.
Aber irgendwas muss ich doch gesagt haben, denn Maria sagte, ›du spinnst doch total. Schwarze Watte gibt es gar nicht, und schon gar nicht im Weltall. Und er ist verliebt in dich, glaub es mir doch. Es war nur eine Sommerabendlaune, und du warst nicht da. Er hat immerzu nach dir gefragt. Vorher‹, sagte sie,
›Da ist er‹, rief ich, und merkte erst, als es zu spät war, dass das viel zu laut war.
›Nicht so laut‹, zischte Maria.
›M-hm‹, sagte ich und machte die Bewegung, die man macht, wenn man sich die Haare aus dem Gesicht streichen will, aber da war nur das
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