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Gott-Poker (German Edition)

Gott-Poker (German Edition)

Titel: Gott-Poker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Scholz
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geschenkt hatte, und wenn man sie fragte, was mit ihr los sei, behauptete sie, sie spiele Gott-Poker, doch in Wahrheit hatte sie immer nur an ihn gedacht, und dabei versucht, Gott so lange mit Nichtstun zu erpressen, bis er zu ihr kam, Nicolas oder Gott selbst, das machte kaum noch einen Unterschied, und sie hatte uns alle mit Missachtung gestraft, mich und Karl, und so war alles gekommen, das wurde mir plötzlich klar, und ich fragte mich, wie ich so blöd gewesen sein konnte, und diese weißen Stufen nicht erkannt haben, und die Katzen, und den brennenden Vogel über dem Meer, dauernd diese brennenden Vögel über dem goldenen Meer; das Emblem auf Nicolas’ Hemd.
    Ich sank auf eine weiße Stufe.
    Nicolas war hier, er war immer noch hier, und Chiara musste seine Tochter sein, von der er immer gesprochen hatte.
    Aber was ist dann mit dem Doktor, fragte ich mich, er ist doch Chiaras Vater, die Gedanken kreisten in meinem Kopf, egal, dachte ich, ich muss irgendwie Klara holen, das würde alles wieder gut m achen, und ich merkte, wie Tränen aus meinen Augen liefen, ich war so dankbar, dass ich schluchzte, nun hör aber auf, Alte, dachte ich, hier sind wir zu Hause.
    Ich stand auf und ging zurück zum Haus des Doktors. Er lag in seinem Bett und schlief, als wäre nichts geschehen. Ich setzte mich auf die Terrasse und wartete, bis Chiara zurückkam. Sie kam, die beiden leeren Körbe irgendwie jonglierend, wieder z urück, was für eine übermenschliche Anstrengung, dachte ich, doch sie kam die Treppe herauf und begrüßte mich, atemlos, aber fröhlich.
    »Wo warst du?« fragte sie, »ich wollte dir jema nden vorstellen.«
    »Tut mir leid«, sagte ich und wies auf meine Wu nde, »mein Kopf.«
    »Oh«, sagte Chiara und brachte mir ein Handtuch, in das sie Eiswürfel gelegt hatte. Ich nahm es und musste schon wieder weinen, ich schob das Han dtuch über meine Augen und legte den Kopf zurück, damit sie es nicht merkte.
    Ich nahm es erst wieder weg, als Sergejs Hand in meinem Nacken mich auf die Erde zurückholte.
    »Du bist ja noch da«, sagte er, »da bin ich aber froh.«
    »Ja«, sagte ich. Wir lachten.
     
     
     
     
     
     
     
    Vor dem Haus der Baronin fuhr eine schwarze Limousine vor. Ein weiß gekleideter Chauffeur stieg aus, ging um den Wagen herum, öffnete die hintere Tür und heraus - stieg der Doktor, ebenfalls in einem weißen Anzug, in der Hand seine Doktortasche! Er hatte eine andere Frisur als die, mit der er sich einige Stunden zuvor in seinem Haus am Stadtrand auf der sonnigen Insel von Maria und Chiara verabschiedet hatte, und einen lächerlichen Schnauzbart, mit dem er wohl glaubt, die Baronin beeindrucken zu können.
    Er ging zur Baronin hinein, die Baronin stieß e inen spitzen Schrei aus und sank wie ohnmächtig in einen Sessel, sprang aber gleich wieder auf. Sie begrüßten sich mit einem Kuss links und rechts auf die Wange, der Doktor stellte seine Tasche auf den Tisch und streichelte achtlos die Katze, die nach wie vor wie versteinert vor dieser grässlichen Statue saß. Del Toro legte die Ohren an, als der Doktor über ihren Kopf strich.
    Die Baronin rief das Dienstmädchen und ließ Gurkenscheiben mit Zucker und schwarzem Tee servieren. Sie setzten sich an den Tisch, der Doktor öffnete seine Tasche und nahm ein kleines Kästchen heraus, dazu einen Haufen vergilbtes, eng beschri ebenes Papier, das von einem Gummiband zusammengehalten wurde. 
    »Ich muss dich sprechen«, sagte der Doktor.
    »Ach ja?« schnurrte die Baronin und tauchte ein Stück Gurke in die Zuckerdose.
    »Ja«, sagte der Doktor.
     
    Als Karl aufwachte, war Klara weg . Er lag mit dem Oberkörper quer über ihrem Krankenhausbett und mit den Beinen hing er immer noch auf seinem Stuhl. Sein Rücken fühlte sich an, als würde er brechen, falls er es wagen sollte, sich aufzurichten.
    »Herr im Himmel!« rief die Schwester erschr ocken, als sie zur Tür hereinkam und Karl so liegen sah, »Herr im Himmel, wo ist denn das Mädchen hin?!«
    Die Schwester zog aufgeregt den Vorhang dreimal auf- und wieder zu, während sie irgendetwas von e inem Mädchen und dem Herrn im Himmel rief. Karl richtete sich auf, und ein lautes, durchdringendes Krachen in seinem Rücken ließ die Schwester ein weiteres Mal »Oh Herr im Himmel!« rufen.
     
    Auf dem Kissen lag ein Zettel. Karl las, was auf dem Zettel stand und steckte ihn ein. Dann nahm er einen Packen Papier, der halb vom Kopfkissen verdeckt war, und verstaute ihn in seiner Tasche. Er ging aus

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