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Gott und die Staatlichen Eisenbahnen

Gott und die Staatlichen Eisenbahnen

Titel: Gott und die Staatlichen Eisenbahnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ustinov
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atemverbesserndes Mundspray benutzte.
    »Oh, kalt!« sagte sie, als sie ins Bett schlüpfte. »Das werden wir bald ändern«, erwiderte er, sichtlich errötend, weil er glaubte, zu weit gegangen zu sein. Zaghaft rückte er an sie heran und spielte eine Weile mit ihrem Haar. »Du bist die schönste Frau, die ich je gesehen habe«, sagte er ziemlich förmlich. »Danke«, antwortete sie.
    Kurz darauf fragte er, ob es nicht ihrer Meinung nach ein wenig zu hell sei.
    Sie pflichtete bei und knipste ihre Nachttischlampe aus. Im Schutz der Dunkelheit machte er sich verstohlen an sie heran, und sie spürte die Nähe seines Mundes, denn sie versank in einem Nebel von Pfefferminz und Nelken. Dann fühlte sie ein schweres Gewicht über sich, doch es fühlte sich nicht an wie das Gewicht eines Mannes.
    »Aus dem Bett!« zischte Bryan. »Runter! Runter! Geh auf dein Kissen!«
    In der Dunkelheit überkam Angela die gleiche überspannte Reaktion wie in der Kirche, und sie fing hilflos an zu lachen.
    »Du lachst schon wieder!« sagte Bryan vorwurfsvoll. »Ich kann nicht anders.« Sie lachte um so mehr, als sie eine Pfote auf ihrer Brust fühlte und eine heiße, klebrige Zunge ihr Gesicht einzuseifen begann.
    Das Licht ging auf Bryans Seite an. Er setzte die Brille auf und erhob sich in äußerster Wut.
    »Ich werde ihn einschläfern lassen!« brüllte er. »Hinunter! Verstehst du mich?«
    »Oh, Schatz«, flehte sie. »Er ist doch noch ein Hündchen.«
    »Das wirst du noch sagen, wenn er zehn Jahre alt ist und mit dir im Bett liegt und ich im Hundezwinger sitze!« Dies brachte sie wieder zum Lachen.
    »Das ist nicht komisch!« kreischte er. »Das ist eine tragische Wahrheit. Sorge dafür, daß der verdammte Hund dir gehorcht. Auf mich hört er nicht. Mich beißt er nur!«
    »Runter! Geh aufs Kissen. Geh, mach die Augen zu«, sagte Angela.
    Schuldbewußt glitt Casanova aus dem Bett und trottete zu seinem Kissen. Bryan folgte ihm mit den Augen, und plötzlich brüllte er wieder los: »Schau!«
    Da war eine riesige Pfütze am Boden, und die Zierspindel, die am Ende der Vorhangschnur hing, war bis zur Unkenntlichkeit zernagt. Holzsplitter und Stoffetzen lagen überall verstreut.
    »Das werde ich alles bezahlen müssen!« kreischte Bryan. »Und das ist erst der Anfang. Wir sind noch eine Woche hier. Zeit genug für ihn, das ganze Hotel zu zerlegen!« Es klopfte gebieterisch an der Wand. »Hörst du?« flüsterte Bryan. »Was?«
    »Die Nachbarn. Der nächste wird der Direktor sein. Mach das Licht aus.«
    »Es ist deine Lampe, die brennt.«
    »Oh, ja.« Bryan drehte sich nach dem Hund um. »Jetzt bleib, wo du bist!« befahl er mit mahnendem Finger. Casanova knurrte, und Bryan löschte das Licht. Fast im selben Moment hörte man klirrendes Glas. Beide wußten, daß eine Vase mit teuren Blumen auf einem kleinen Beistelltisch gestanden hatte, mit besten Empfehlungen von der Hotelverwaltung. Angela fing wieder an zu lachen, eine Mischung aus Lachen und Weinen, und Bryan hatte nicht den Mut, das Licht wieder anzumachen. In seiner praktischen Art hoffte er, daß das Blumenwasser auf die Hundepfütze gekippt war und daß man das Ganze als Unfall herunterspielen könne. Unfälle konnten immerhin jedem passieren, und am Ende wäre der Direktor sogar gezwungen, sich zu entschuldigen, daß man die Blumen auf ein so zierliches Tischchen gestellt hatte. Die Nacht war ruiniert, und damit die Flitterwochen.
    Zurück in der Stadt, in ihrem neuen kleinen Haus, probierten sie eine neue Methode aus, die im Hotel unmöglich gewesen wäre. Sie stellten den Hundekorb auf den Flur. Sie taten es voll neuem Besitzerstolz. Es gab einen kleinen Garten, für den man planen konnte, und Möbel – ererbte, geschenkte und gekaufte. Sie waren zu Hause.
    In der ersten Nacht benahm Bryan sich absolut zauberhaft. Er war entschlossen, seine Ehe in geordnete Bahnen zu bringen, trotz ihres katastrophalen Anfangs. Ein Tag im Büro, fern den häuslichen Sorgen, hatte ihn in beste Laune versetzt, und er hatte das Gefühl wiederentdeckt, sein eigener Herr zu sein. Er brachte Angela Rosen und hörte sogar mit bewundernswerter Gelassenheit ihre Klagen an. Anscheinend hatten sie Mrs. Bradlock verloren, die Haushaltshilfe, weil sie die Art nicht ertrug, wie der Hund sie anstarrte.
    »Macht nichts, ich werde das Geschirr spülen, bis wir eine tierliebende Hilfe finden«, sagte Bryan. Angela war gerührt durch solch wunderbare Nachsicht und begann wieder, ihrem eigenen Urteil zu trauen.

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