Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gott und die Staatlichen Eisenbahnen

Gott und die Staatlichen Eisenbahnen

Titel: Gott und die Staatlichen Eisenbahnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ustinov
Vom Netzwerk:
Salon in der Vorhalle eine gewaltige Schweinerei hinterließ.
    Als Bryan nach Hause kam, trat er in die Schweinerei, verlor aber nicht die Fassung. Er war unverhohlen guter Laune, ließ seine beschmutzten Schuhe neben dem Schirmständer zurück und trat in den Salon. Der Hund knurrte schwach. »Hund ist wieder da, wie ich sehe«, sagte er fröhlich. Angela berichtete ihm die ganze Geschichte so dramatisch wie möglich, doch er schien nur halb hinzuhören, und selbst die fürchterlichsten Einzelheiten ließen ihn bemerkenswert unbeeindruckt.
    »Nun, ich habe auch einige Neuigkeiten«, meldete er, nachdem er sich höflicherweise vergewissert hatte, daß seiner Frau die Worte ausgegangen waren. »Ich habe endlich meine Versetzung. Sir Norman Guildforth-Nasmith wird uns mitnehmen, wenn er nächsten Monat als Botschafter nach Bagdad geht.«
    »Bagdad!« staunte Angela.
    »Ja, Bagdad. Es werden mindestens zwei Jahre sein. Ziemlich heiß dort, soviel ich weiß. Du wirst allerhand Einkäufe machen müssen. Ich habe schon ein angloarabisches Wörterbuch bestellt.«
    »Bagdad. Wo ist das?« fragte Angela.
    »Irak, glaube ich.« Bryan war ernüchtert und bemühte sich angestrengt um einen verständnisvollen Ton. »Oh, dann bleibt noch das Problem Casanova«, fuhr er fort.
    Es war so ungewöhnlich für ihn, den Hund beim Namen zu nennen, daß beide, Angela und Casanova, ihn anblickten. »Selbstverständlich können wir ihn nicht mitnehmen«, erklärte Bryan. »Wegen der Quarantänebestimmungen. Falls wir ihn außer Landes bringen, können wir ihn nicht ohne sechsmonatige Quarantäne wieder einführen. Und das ist unfair für einen Hund. Es bedeutet dreieinhalb Jahre in einem Hundeleben.«
    »Oh, das ist der Grund für deine gute Laune«, murmelte Angela.
    »Nein, nein, das sind die kühlen Fakten, Schatz«, antwortete er. »Immerhin weiß ich, wie sehr du an dem. an Casanova hängst, und ich würde alles tun, um es zu ermöglichen, daß er mitkommen kann, aber leider.«
    »Du bist ein verdammter Heuchler«, sagte Angela ruhig. »Du haßt dieses Hündchen, und du bist hoch entzückt, mir die schlechte Nachricht überbringen zu können. Es macht dir ein sadistisches Vergnügen, hier hereinzuspazieren und das Unvermeidliche auf deiner Seite zu wissen. Ah, ich habe auch Neuigkeiten für dich. Ich werde nicht nach Bagdad gehen. Du kannst allein gehen.«
    »Du bist meine Frau«, sagte Bryan. »Und du wirst mit mir nach Bagdad kommen.«
    »Nein, das werde ich nicht.«
    »Und außerdem sind wir morgen abend zum Dinner bei Sir Norman und Lady Guildforth-Nasmith. Es ist eine große Ehre, dort eingeladen zu sein. Das ist der Grund für meine Begeisterung, falls du’s wissen willst. und der Grund für meinen angeblichen Sadismus.«
    »Niemals wirst du erraten, wer heute angerufen hat, wie aus heiterem Himmel«, schnurrte Angela, ihre Taktik ändernd. Bryan ging hinaus.
    »Bist du nicht neugierig?« rief sie hitzig. Er kam mit einem Lappen und einem Topf zurück. »Ich mache meinen Job als Haustier«, sagte er. »Ich werde die Schweinerei meines Rivalen aufputzen, die durchs Haus stinkt.«
    »Gyles Carchester-Fielding.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Er rief an.«
    »Dieser Mann«, sagte Bryan. »Das ist poetische Gerechtigkeit. Da kann Casanova gleich dorthin zurückkehren, woher er gekommen ist.«
    Casanova schaute in diesem Moment über seine Schulter und begegnete Bryans Blick. Vielleicht kam es nur daher, daß er seinen Namen gehört hatte, auf den er zu reagieren anfing, aber Bryan sah dort einen beinah menschlichen Haß aufblitzen. Einen Moment war Bryan versucht, sich zu entschuldigen, verscheuchte aber ärgerlich diese verrückte Idee und ließ sich mit hörbarer Anstrengung auf die Knie fallen. Angela weinte und haderte fast die ganz Nacht, und sie erklärte, sie werde nicht mit nach Bagdad gehen, obwohl sie im Herzen wohl wußte, daß sie es tun würde. Die Vorstellung war einfach zu aufregend. Bryan saß aufrecht im Bett, manchmal tobend und manchmal scheinbar in ein Buch vertieft, das er schon einmal gelesen und langweilig gefunden hatte. Einmal kam er in Versuchung, sie zu schlagen, beherrschte sich aber, als er sich die bis in endlose Zukunft verlängerte Kette der Vorwürfe vorstellte. Noch bemerkenswerter als dieser Familienstreit war die Tatsache, daß Casanova sich während all dessen perfekt benahm und ruhig auf seinem Kissen lag und kein einziges Mal bellte oder auch nur winselte. Das Frühstück wurde schweigend

Weitere Kostenlose Bücher