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Gott wuerfelt doch 1

Gott wuerfelt doch 1

Titel: Gott wuerfelt doch 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Kreutzer
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ist gut. Ich
habe keine Sorgen, im Vergleich zu früher. Ich bin geschwätziger geworden, seit
ich meine Vergangenheit hinter mir gelassen habe. Aber hier schadet mir das
nicht. Im Gegenteil: Meine humanistische Bildung hat endlich ihre Erfüllung
gefunden“, lächelte er. „Es ist von Vorteil, in Griechenland zu wohnen. Ich bin
für die Dorfbewohner ein großer Gelehrter“, spaßte er, „und berate den
Bürgermeister und den Popen.“ Dimitrios lachte. „Ich habe hier meinen Frieden
gefunden. Ich mahle das Korn zu Mehl, das mir die Menschen bringen, und wenn
kein Korn da ist, produziere ich Strom; und während sich die Mühle dreht“,
erklärte er bildhaft mit der rechten Hand, „lese ich meine alten Sprachen. In
Griechenland findet man immer wieder Texte, die noch niemand gedeutet hat. Ich
habe bereits einige meiner Interpretationen veröffentlicht.“ Er drehte sich und
warf die Arme in die Luft. „Dimitrios Filipákis, der große Philologe!“, rief er
spöttisch. Abrupt wandte er sich zu uns und starrte uns an. „Und wenn ihr
irgendjemandem auf dieser weiten Welt mein Versteck verratet, dann werde ich
euch dafür abmurksen!“ Seine Augen waren jetzt kalt, und ich glaubte ihm aufs
Wort.
    „Doch jetzt trinkt,
trinkt mit mir!“ Und wir tranken; er goss uns noch einen Ouzo ein. Ich musste
mich schütteln.
    „Dimitrios, mir ist
eher nach Wein, und meinem Bruder ebenso, wir haben denselben Geschmack“,
lächelte Konrad und spielte den Verlegenen.
    „Nur noch diesen
einen, und dann könnt ihr Waschweiber umsatteln, aber ich bleibe dabei; dieser
Schnaps hat einst die Götter zum Singen gebracht, doch ihr werdet nur krächzen
können, während ich bereits den Olymp ersteige!“, rief er ausgelassen und war
schon aufgestanden. Er schritt in die gegenüberliegende Ecke und holte aus
einem kleinen Verschlag eine Flasche hervor. Der Korken ploppte, und Dimitrios
goss dunkelroten Wein in zwei einfache Gläser.
    Konrad bat mich,
den Wein zu kosten, was ich gerne tat. Ich war überrascht, hatte ich doch zuvor
nie einen Wein aus Griechenland getrunken, der meiner Zunge so gut und edel
erschien. Ich machte Dimitrios ein ehrliches Kompliment, das er entzückt
annahm, als hätte er selbst den Wein gekeltert.
    „Trinkt, Freunde,
ich habe nur selten Besuch in meiner Mühle! Ich bin zwar geachtet im Ort, aber
die Leute haben zu viel Respekt vor mir, als dass sie mich besuchen würden.“ Er
goss erneut einen Ouzo in sein Glas, hob es in Augenhöhe und trank es in einem
Zug aus. Konrad tat dasselbe mit dem Wein, und ich machte es ihm nach. Dann
lachten beide und schmissen gleichzeitig die Gläser mit voller Kraft gegen die
Wand, dass sie mit lautem Klirren zersprangen. Sie blickten mich abwartend an.
„Russischer Brauch, durchaus ein ausgelassenes Geschenk an die ganze Welt!“,
rief Dimitrios mit ausgebreiteten Armen. Ich fixierte das Glas in meiner Hand,
hob die Schultern kurz, kniff die Lippen zusammen und feuerte es so heftig
hinterher, dass die Scherben von der Wand bis zum Tisch zurücksprangen. Die
beiden lachten auf und fielen sich in die Arme, und ich tat es ihnen gleich.
Wir hatten uns für einen Moment etwas Glück in die Mühle geholt.
    Als die
Ouzo-Flasche leer war, holte Dimitrios wankend eine neue, ebenso eiskalt wie
die erste. Konrad und ich entkorkten bereits die dritte Flasche Wein. Wir
soffen und soffen; bald hatten wir alles vergessen, was wir bereden wollten,
und unsere Zungen wurden so locker wie die einer Handvoll Marktweiber.
    Dimitrios erzählte,
gelegentlich rülpsend, von früheren Zeiten, als er so etwas wie Konrads
Ersatzvater war, ihn erzog, natürlich im Sinne des Regimes, was aber nie
bedeutet habe, dass er den Jungen nicht geliebt habe. Oh ja, das habe er, denn
Konrad sei ein äußerst kluges Kind gewesen, und über seinen Auftrag hinaus habe
er ihn wirklich wie einen Sohn verehrt. Außerdem sei Konrad außergewöhnlich
charmant und intelligent gewesen. Und Konrad bestätigte ihm, er sei ein
liebevoller großer Freund gewesen, der ihm stets zur Seite gestanden habe, dem
er alles habe erzählen wollen, wenn auch nicht immer können, aber er sei eben
da gewesen.
    Sie schienen
vergessen zu haben, wie tragisch ihre Beziehung gewesen sein musste. Der
Alkohol hatte sie verzückt. Und ich war ebenfalls nicht mehr fähig zu einem
kritischen Gedanken. „Aber so soll es sein!“, dachte ich freundlich. Ich gönnte
dem Mann ohne Kinder und dem Jungen ohne Eltern in diesem Moment von

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