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Gott wuerfelt doch 1

Gott wuerfelt doch 1

Titel: Gott wuerfelt doch 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Kreutzer
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herausfinden wollen,
erledigen wir ja schließlich selbst, indem wir zu dir gekommen sind, und du
ahnst noch nicht, wie schwierig es bisher für uns war. Aber nur du weißt, was
damals wirklich vorgefallen ist. Ich meine, vor unserer Geburt. Und wer unsere
Eltern wirklich sind.“
    Dimitrios schien zu
überlegen und Konrads Aussage zu verarbeiten. Er strich seinen Schnauzbart und
sah kurz zu Boden. Dann stieß er einen kurzen Grunzlaut aus. Jetzt fing sein
Blick auch mich ein: „Das ist es also. Irgendwann musste es ja kommen!“ Er
seufzte. „Na gut, aber nur unter einer Bedingung: Bevor ihr geht, muss eines
klar sein: zu niemandem ein Wort über meinen Aufenthalt.“ Und seltsam ruhig an
mich gerichtet: „Wenn ich das Gegenteil erfahren sollte - Konrad weiß, wie weit
meine Arme reichen.“ Seine Drohung duldete keine Antwort.
    Seine Miene
erhellte sich und wurde freundlicher. „Aber jetzt seid ihr nun mal da“, sagte
er zu Konrad, „und daran, dass ihr mich gefunden habt, ist nichts zu ändern. Es
war“, lachte er verhalten, „wohl der größte Fehler in meinem Leben, dir zu
sagen, dass ich auf Kárpathos bin. Aber ich kann dir ja deshalb nicht böse sein.“
Er lachte kehlig. „Walter, sei mir ebenso willkommen wie dein Bruder. Du wirst
Erklärungen von mir verlangen, und du wirst sie auch erhalten. Seid zwei Tage
lang meine Gäste. Dann aber geht und kehrt nie wieder zurück!“
    Er nahm uns beim
Arm und leitete uns zu der hölzernen Tür, die zu dem Steingang führte.
    „Die Mühlen standen
bis vor einigen Jahren noch als einzelne Gebäude. Ich habe sie verbunden, und
jetzt sind sie mein Wohnhaus. In der ersten hier mahle ich noch Korn, in der
mittleren ist meine Küche und hinten ist der Schlafraum mit einem kleinen Bad.“
    Wir zwängten uns
durch den dunklen Gang, der - wie die Mühlen - aus Feldsteinen der Umgebung
gebaut war, jedoch ein Ziegeldach hatte. Wir kamen zur zweiten Mühle und
befanden uns in der Küche.
    Das Licht im Raum
war schummerig, aber diese Küche war freundlich, denn Dimitrios hatte dem Raum
Wärme eingehaucht. An den Wänden hingen kleine Holzregale, auf denen Teller,
Tassen und Krüge verteilt waren. In einer Ecke neben einem nachträglich
durchgebrochenen Fenster stand ein einfacher Herd, der groß genug war, ein
üppiges Menü zuzubereiten. Über ihm hing an vier Drahtseilen befestigt ein
Rahmen aus unbearbeiteten Holzstangen, an denen - durch zweifach gewundene
Fleischerhaken gehalten – Töpfe und Pfannen in verschiedenen Größen, Siebe,
Schneebesen, Löffel, eine große und eine kleine Kelle sowie eine Reibe
baumelten. Auf einem kleinen Regalbrett über dem Herd standen eine Ölkanne und
irdene Töpfe mit getrockneten Kräutern. Am Fensterrahmen baumelte ein langer Knoblauchzopf.
Neben dem Eingang stand ein alter amerikanischer Kühlschrank, über dem ein
großer Bund Rosen mit den Köpfen nach unten an der Holzdecke zum Trocknen hing.
In der anderen Ecke klebte eine Bank mit vier Stühlen und einem einfachen
Holztisch, der acht bis zehn Personen Platz bot. Der Boden war aus sorgfältig
geglättetem Stein.
    „Es ist besser, wir
bleiben hier drinnen, denn draußen weht der Meltémi zu stark, und das ist
unangenehm.“ Er nahm drei Gläser vom Regal und holte eine schlanke Flasche aus
dem Gefrierfach des stattlichen Kühlschranks. Die Flasche trug einen Mantel aus
Eis und dampfte in seiner Hand.
    „Das einzige
Möbelstück, das ich aus Amerika mitgebracht habe“, sagte Dimitrios stolz,
schlug die Tür des Kühlschranks zu, ging zum Tisch und schenkte den Ouzo ein,
der wie Öl in die Gläser lief.
    „Dieser Wind“,
sprach er ruhig, schüttelte den Kopf und setzte sich ebenfalls, „weht im Sommer
ständig. Stets von Osten nach Westen“, zeigten seine Hände, „denn im Westen des
Mittelmeers ist der Luftdruck niedriger. Man sagt, dass er so stark werden
kann, dass er die Glocken zum Läuten bringt. Und je nachdem, was er umwirft,
der Wind, bekommt er von den Griechen einen eigenen Namen, ähnlich wie die
Eskimos völlig unterschiedliche Worte für Schnee haben, je nach dessen
Zustand“, sagte er und reichte jedem von uns ein Glas.
    Konrad ließ seinen
Blick schweifen. „Du wohnst wirklich außergewöhnlich schön hier!“
    „Ja, aber dieser
Wind hier im Pass macht Dich verrückt!“, sagte er, riss die Augen auf und
schrieb mit seinem Zeigefinger einen Kreis an seine Schläfe. Dann sprach er
weiter: „Mein Leben hat sich sehr verändert, seit ich hier bin. Es

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