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Gott wuerfelt doch 1

Gott wuerfelt doch 1

Titel: Gott wuerfelt doch 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Kreutzer
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Straße endete. Die
Erde um uns herum wurde rot, leuchtender noch als die Ziegel der Dächer, auf
die wir jetzt hinabblickten. Augenblicklich waren wir in eine Wolke aus
glutfarbenem Staub gehüllt.
    Konrad gab Gas. Das
Auto beschleunigte, so dass die Wolke hinter uns blieb. Ich nahm meine
Sonnenbrille ab und hielt sie gegen das Licht. Auf den Gläsern klebten rote
Staubkörnchen, die ich mit meinem Hemd abzuwischen versuchte. Es war jedoch
feucht vom Schweiß, wodurch die Brillengläser verschmierten.
    Je höher wir kamen,
desto karger wurde die Insel. Das Gestein hatte gewechselt vom hellen Kalk in
dunkle, schiefrige und sandige Bänder, die so schräg standen, als hätte sie
eine Hand zur Seite geschoben. Nur wenige Gräser und Kräuter wuchsen hier noch.
Verkohlte Baumstämme zeugten von einem Wald, der hier gebrannt haben musste.
    Die Schotterpiste,
auf der wir uns bewegten, war wellig und von Löchern übersät. Anscheinend war
sie wenig befahren, wir begegneten keinem Menschen. Konrad saß konzentriert am
Steuer, denn links von uns, im Westen, war eine Böschung und rechts von mir, im
Osten, stürzte das Gelände hinab zum Meer. Manchmal war die Straße nur so
breit, dass gerade vier Räder im Schritt-Tempo darüber rollen konnten.
    „Bist du eigentlich
sicher, dass wir hier richtig sind?“, fragte ich Konrad. Er fixierte die
Straße, als er einen größeren Stein bewältigen musste, der aus der planierten
Piste ragte. „Es gibt von Süden her nur diese eine Straße nach Spóa.“
    Schließlich
gelangten wir an eine Stelle, wo die Küstenlinie nach Westen bog. Das Land
wurde weiter, und die Straße ging in eine Hochebene über. Ich sah auf die Karte
und sprach mehr zu mir selbst: „Jetzt müssen wir bald dort sein!“
    Konrad nickte. „Ja,
hier muss es sein.“ Er machte eine Pause, dann sagte er: „Er will nicht, dass
man ihn besucht.“ Konrad sah zu mir herüber, während das Auto sich sicher auf
der Straße bewegte, die jetzt flach verlief. „Aus verständlichen Gründen.“
    „Was wird er sagen,
wenn er dich sieht?“
    „Er wird erkennen,
dass es wichtig ist, sonst würde ich ihn niemals aufsuchen.“
    „Kennt er mich
eigentlich auch?“
    „Ja er kennt dich -
besser, als du glaubst.“
    „Bedeutet das, ich
kenne ihn auch?“
    „Ja, du kennst ihn
ebenfalls, sogar gut, sehr gut“, lachte er.
    Der Wagen tat einen
Satz, denn Konrad hatte eine Bodenwelle übersehen. Ich hob von meinem Sitz ab,
knallte aber sofort wieder mit meinem Hinterteil auf, während Konrad das
Steuerrad umklammerte. „Wer ist er?“
    „Warte ab“, sagte
Konrad freudig, „du wirst sehen.“ Von da an sprachen wir eine Weile kein Wort
mehr. Rechts von uns lag in einer großen Geländemulde ein Dorf, das auf
Terrassen angelegt war. Das musste Spóa sein. Wir sahen in die Mulde hinab auf
die zahlreichen weißen Häuser.
    „Was ist weiß und
bewegt sich?“, murmelte Konrad.
    Als das Auto eine
Kuppe erkletterte, erfasste mich ein Wind, der mich beinahe zur Seite warf. Er
war anhaltend kräftig und blies stetig von rechts. Konrads Haare wirbelten wild
umher, und mein Hemd flatterte.
    Direkt vor uns lag
ein Pass, ein erhöhter Geländeeinschnitt, der mit blühenden Thymianbüschen
übersät war, die den Hang des Hügels hinaufzukriechen schienen, der sich
westlich an den Pass anschloss.
    Links vom höchsten
Punkt des Passes, auf den die Straße zuführte, standen sechs niedrige
Steinbauten. Drei dieser Bauwerke befanden sich in einem jeweils anderen
Zustand des Verfalls; drei aber waren prächtig anzusehen und frisch geweißt. Stolz
und selbstverständlich standen sie dort und trotzten dem starken Wind. Auf der
uns zugewandten Vorderseite zeichnete die Mauerung des ersten Gebäudes eine
Rundung nach, die wie ein Schiffsbug wirkte. Auf der uns abgewandten Seite war
das Bauwerk kastenförmig. Das Dach musste flach sein, denn aus unserer
Perspektive war es nicht zu sehen. Vorn ragte eine hölzerne Achse aus der
Rundung heraus, die in einer Eisenführung gelagert war. Durch die Achse
hindurch steckten in symmetrischer Anordnung acht lange Stäbe, Bohnenstangen
ähnlich, deren Enden ein regelmäßiges Achteck in die Luft schrieben. Seile –
straff von Ende zu Ende gespannt – sorgten für Stabilität. Entlang jeder Stange
war ein dreieckiges Segeltuch befestigt. Mit der kürzesten Seite hing es je an
einem der verzurrten Seile. Die mit Nähten verstärkten Hypotenusen der weißen
Dreieckstücher aber beschrieben jeweils einen

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