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Gott wuerfelt doch 1

Gott wuerfelt doch 1

Titel: Gott wuerfelt doch 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Kreutzer
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Mann kurz, so wie
ich freundlich einen Fremden gegrüßt hätte; er senkte seinen Blick, ließ ihn
umherschweifen, ging zwei Schritte auf den Baum zu und hatte die Augen ständig
suchend am Boden, so als würde ich seine Sonnenbrille suchen.
    Dann passierte es.
Der Mann in dem Auto startete durch und fuhr über den felsigen Untergrund auf
die Bank zu. Der andere Mann zog eine Pistole mit Schalldämpfer aus der
Anglerweste, die er trug, und drückte dreimal ab. Ich hörte keinen Schuss, ich
registrierte lediglich dreimal vom Rückschlag der Geschosse, wie der Lauf empor
hüpfte. Konrad sank in sich zusammen und lag am Boden.
    Der Wagen hielt
längs zur Bank fast im gleichen Moment mit laufendem Motor an, so dass er als
Sichtschutz zwischen Kloster und Bank parkte; der Fahrer sprang heraus und half
dem Schützen, Konrad von der Seite unbemerkt in den Laderaum zu verfrachten.
Sie stiegen beide ein und fuhren los, zurück zum Parkplatz. Mein Herz raste,
ich hielt immer noch Konrads Brief in der Hand. Als sie mich sahen, wendeten
sie sich gleich von mir ab und wurden schneller. Ich konnte nur noch die
Staubwolke sehen, die sie hinter sich herzogen, und nicht fassen, dass mir mein
Bruder, den mir das Schicksal vor kurzem geschenkt hatte, wieder geraubt worden
war.
    Konrads Plan aber
hatte funktioniert, er war als Walter Landes gestorben, und ich sollte als
Konrad Landes weiterleben.
    Ich hob den Brief,
der auf meinen Knien lag, langsam und zitternd in die Höhe und las weiter.
    --
    Ich nehme an, Du
hast an dieser Stelle kurz aufgehört zu lesen. Ich kann Dich verstehen. Sie
haben die Anweisung, Deine (verzeih), meine Leiche auf dem schnellsten Wege
loszuwerden. Auf Kreta gibt es unzählbare Gelegenheiten dazu. Préveli ist
außerdem für einen Deutschen ein würdiger Ort zum Sterben, so finde ich.
    In der Meinung,
sie hätten Deine Leiche im Auto liegen, werden sie mich perfekt verscharren,
sie sind Profis; Du brauchst also keine Angst zu haben, dass man meine Leiche
finden könnte und Dir schwierige Fragen stellen wird.
    Walter (oder
besser: Konrad), mach Deine Sache gut, wenn Du weiterleben willst, und das
willst Du sicher! Bleibe noch eine Stunde hier und fahre dann ins Hotel zurück,
dort findest Du beim Portier einen weiteren Umschlag, der Anweisungen für Dich
enthält.
     
    Dein
kurzzeitiger Bruder Konrad, der Dich und Deine Eltern liebt und aufrichtig
verehrt.
     
    PS: Noch eine
ungewöhnliche Bitte: Geh bitte hinüber zu dem Baum und schau nach Blut. Wenn Du
welches findest, bitte beseitige es, ich hatte es meinen beiden Kollegen versprochen,
mich darum zu kümmern.
    --
    Als hätte ich es
geahnt, dachte ich und schlug stöhnend auf das Lenkrad. Ich hatte die ganze
Zeit über ein merkwürdiges Gefühl in mir getragen, dass unserer Geschichte das
Glück gefehlt habe. Es hatte die ganze Zeit in meiner Seele gebebt, wie ein
leises Donnergrollen, aus dem man auf das Hereinbrechen eines tosenden
Gewitters schließen kann, das andererseits aber nicht unbedingt kommen muss.
    Trotz des Unglücks
und der Schwermut, die ich empfand, schien ich durch irgendetwas erleichtert.
Dieser Zustand fiel mir auf, aber er beunruhigte mich nicht. Mein Bruder war
gestorben, und ich fühlte Erleichterung. Als mir das bewusst wurde, erschrak
ich vor mir. Doch dann wurde mir klar, dass dieser Zustand nur die halbe
Wahrheit sein konnte. Denn die Trauer würde später einsetzen.
    Ich ging hinüber zu
der Pinie, wo ich auf dem Boden ein paar Blutflecken entdeckte. Ich zertrat sie
und warf mit dem Schuh so lange Sand darüber, bis die Spuren verschwunden
waren.
    Irgendwann würde es
kommen, das Gefühl des Verlustes und der Trauer. Ich war mir sicher. So wie der
Hintergrund eines Bildes die eigentliche Handlung stützt, so wie der Bass das
Fundament der Musik bildet, so würden auch mein Verlustschmerz und meine Trauer
zu ihrem Recht kommen. Aber noch hatte ich Zeit. Zeit, die ich unbedingt nutzen
musste. Ich musste mich sammeln, ich musste überlegen, und ich musste mich, und
das schien mir immer klarer, auf meine neue Doppelrolle vorbereiten. Ab jetzt
war ich zu zweit. Ich war jetzt Walter, der Konrad spielen musste, um zu
überleben. Und ich war jetzt Konrad, der Walter spielen musste, um nicht zu
sterben. Ich war wie der Mann mit der eisernen Maske. Ich spielte Konrad, der
mich spielen sollte. Um es deutlich auszudrücken: Ich steckte tief im Dreck,
aus dem ich nur aus eigener Kraft wieder herauskommen würde.
    So dachte ich. Und
viel

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