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Gottes blutiger Himmel

Gottes blutiger Himmel

Titel: Gottes blutiger Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fawwaz Hahhad
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Qualen und Ängste ich ausstehen musste, nur um meinen Sohn zu sehen, würden Sie nicht so reden.«
    »Ich versage es dir nicht, ihn zu sehen. Er hat es gewünscht.«
    »Ich habe mich auf Dinge eingelassen, die ich in meinem Leben nie hätte tun wollen. Ich habe mir einen gefälschten Pass geben lassen, habe mit allen möglichen Geheimdiensten kooperiert und hatte Umgang mit Amerikanern und gesuchten Baathisten. Glauben Sie mir, wenn es nötig gewesen wäre, hätte ich mit allen Teufeln paktiert. Ich werde nicht umkehren, ohne Samer gesehen zu haben.«
    »Was willst du von ihm?«
    »Ihn überreden, mit mir zurückzugehen.«
    »Er hat dich verlassen.«
    »Reden Sie nicht so mit einem Vater.«
    »Vater bin ich auch. Ich habe vier Kinder.«
    »Mit denen haben Sie doch gar nichts zu tun. Das, wofür Sie kämpfen, hat Sie blind für sie gemacht. Ich dagegen kämpfe für nichts mehr.«
    »Das sagst du, weil du deinen Kampf verloren hast.«
    Ich fühlte mich von ihm durchschaut, aber auch ich wusste einiges über ihn und wollte ihm das zu verstehen geben: »Und Ihre Mutter, hätte die sich nicht gewünscht, dass Sie umkehren? Hätte sie Sie nicht gern gesehen, bevor sie starb?«
    »Das hätte sie, und auch ich hätte es mir gewünscht, aber der Tyrann stand zwischen uns.«
    »Aber Sie waren doch einmal heimlich in Amman und haben die Fatiha an ihrem Grab gebetet.«
    Ich trug ziemlich dick auf, er sollte spüren, dass auch er nicht völlig gefeit war vor den Gefühlen eines Kindes gegenüber seinen Eltern und umgekehrt.
    »Ich werde ihr im Paradies begegnen.«
    »Keine Mutter und kein Vater lässt sich von so etwas trösten.«
    »Mir ist klar, dass du manches über mich weißt, aber lass dir eines gesagt sein: Was ich über dich weiß, verbietet mir in jeder Weise, Gnade gegen dich walten zu lassen. Nur weil Abdallah ein gutes Wort für dich eingelegt hat, stehst du unter unserem Schutz.«
    Ich begriff, dass dieser Mann mein Gegner war, nur er konnte mir meinen Sohn wiedergeben.
    »Bitte rauben Sie mir meinen Sohn nicht. Ich habe keinen anderen Jungen, ich will ihn nicht mit Ihnen teilen und ihn Ihnen nicht überlassen. Sie haben genügend andere Männer.«
    »Die Entscheidung liegt nicht bei mir.«
    »Aber er verehrt Sie.«
    »Er verehrt den Allmächtigen.«
    War Gott also mein Gegner? Und wenn ja, welcher? Der nachsichtige oder der unerbittliche?
    »Als meine Lage aussichtslos erschien, habe ich zu Gott gebetet, und er hat mich erhört«, sagte ich.
    »Um deinem Sohn Gutes zu erweisen, nicht aus Mitleid mit dir.«
    Wir tranken unseren Tee weiter und schwiegen. Ich war mir sicher, dass er etwas zurückhielt, was er noch nicht gesagt hatte, wusste aber nicht, wie ich es ihm entlocken sollte. Im schwächer werdenden Schein der Öllampe konnte ich seine Gesichtszüge nicht mehr erkennen. Mir war noch immer klar, dass er sich jederzeit gegen mich wenden konnte. Aber er hatte sich unter Kontrolle, genauso wie er jedes seinerWorte unter Kontrolle zu haben schien. Irgendwann brach er unvermittelt sein Schweigen und sagte barsch: »Verschwinde dahin, woher du gekommen bist. Dein Sohn wird uns nicht verlassen, um mit dir zu gehen.«
    Jetzt hatte er es ausgesprochen. Ich nahm es zur Kenntnis, aber ich wollte ihm noch eine Frage stellen, auch wenn diese wieder Streit provozieren würde: »Schon in Bagdad habe ich mich gefragt, wohin all dieses Töten und diese Brutalität führen sollen. Wie lange wollen Sie damit noch weitermachen?«
    »Das solltest du unsere Feinde fragen. Wir waren niemals brutaler als sie. Und wenn wir töten, dann allenfalls ein paar Personen, während sie Hunderte abschlachten. Meine Möglichkeiten reichen nicht annähernd an ihre heran.«
    Ich beschloss, eine dunkle, nur wenigen Menschen bekannte Seite des Terrorpaten anzusprechen.
    »Ich habe gehört, Sie würden ›der Fremde‹ genannt, stimmt das?«, fragte ich.
    Er hob den Kopf, und seine Augen blitzten.
    »Ich bin ein Fremder in dieser Welt«, sagte er.
    »Obwohl Sie mitten in der Welt leben und trotz Ihrer Verborgenheit alle Aufmerksamkeit auf Sie gerichtet ist.«
    »Ich habe immer als Fremder gelebt und werde als Fremder sterben. Ich habe mir nie etwas anderes gewünscht, als ganz für das Jenseits zu leben. Ich habe Gott gebeten, mich als Namenlosen aus dieser Welt scheiden zu lassen, hingestreckt von einer Bombe, so dass nichts von mir übrig bleibt. Ich wünschte, dieses Fleisch und diese Knochen würden in seinem Reich zunichtewerden wie die jener

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