Gottes blutiger Himmel
präsentierten und Allahu akbar riefen. Der Ruf zum Dschihadwar eindeutig, und Abu Harith zögerte nicht, Khattab nachzufolgen.
»Wir machten es uns zur Aufgabe, unseren bedrängten muslimischen Brüdern in aller Welt zu Hilfe zu kommen.« Abu Harith schloss sich Khattab an und kämpfte unter seinem Kommando in Dörfern, Bergen und Wäldern und bei winterlichem Frost. Er organisierte Hinterhalte mit ihm und griff mit ihm zusammen Grosny an. Er blieb keiner Kampfhandlung fern, zu der er gerufen wurde. Als Khattab im Süden Tschetscheniens vergiftet und begraben wurde, hatte Abu Harith einen Gefährten im Kampf und im Glauben verloren und sah dies als einen Wink, das Land zu verlassen.
Er beschloss, in sein Heimatland Saudi-Arabien, in dem die Amerikaner Stützpunkte aufbauten, zurückzukehren. Er musste heimlich einreisen, viele seiner Mitstreiter waren bereits verhaftet worden. Zusammen mit Freunden von früher plante er, auch dort den Kampf aufzunehmen und amerikanische Einrichtungen anzugreifen. Schon bald waren ihm die Sicherheitskräfte auf den Fersen, aber Abu Harith gab nicht auf. Er hätte jeden Augenblick verhaftet oder getötet werden können. Doch er wollte seinem Herrn rein und als vollendeter Erfüller seiner religiösen Pflichten gegenübertreten, also begab er sich zu seiner Abschiedswallfahrt nach Mekka. Er bat Gott darum, ihm den Märtyrertod zu gewähren. Bei der Umkreisung der heiligen Kaaba traf er seinen alten Koranlehrer, der ihn zu sich nach Hause einlud. Er teilte ihm mit, dass er vorhabe, den Weg des Dschihad zu Ende zu gehen. Der alte Mann gab ihm seine Tochter zur Frau und riet ihm, dem Ruf von Usama bin Laden in den Irak zu folgen. Wenn man den Feind im eigenen Land nicht bekämpfen könne, so sei einem damit nicht erlassen zu versuchen, ihm anderswo entgegenzutreten. Er nahm Abschied von seiner schwangeren Frau und reiste zunächst nachJordanien, meldete sich in Syrien als Kämpfer und spendete all seinen Besitz für den Glaubenskampf im Irak.
»Es sollte meine letzte Reise werden, und ich erwartete nicht, länger als einige Tage zu überleben. Nun sind es bald zwei Jahre.« Nach einer Woche im Irak schloss er sich den Rebellen in Falludscha an und kämpfte in der zweiten großen Schlacht um die Stadt mit. Es unterschied sich nicht sehr von dem, was er in Afghanistan, Tadschikistan und Tschetschenien erlebt hatte. Aber der Krieg gegen die Amerikaner war härter als der gegen die Russen. Die Amerikaner hatten modernste Waffen, sie rückten immer erst vor, wenn sie flächendeckend bombardiert hatten, und sie zerstörten alle Häuser, in denen sich Kämpfer verschanzten. Sie rechtfertigten es damit, dass keine Zivilisten darin seien, doch die meisten Opfer waren unbewaffnet. Sie terrorisierten die Bewohner, trieben sie zur Flucht und töteten sie schließlich. Ganze Wohnviertel wurden mit Raupen niedergewalzt, im wahrsten Sinne des Wortes dem Erdboden gleichgemacht, Moscheen und Schulen wurden beschossen. Trotzdem krochen Abu Hariths Kampfgenossen aus ihren Verstecken und stellten sich mit ihren leichten Waffen und Maschinengewehren Panzern und Armeefahrzeugen entgegen.
Falludscha, die Stadt der Minarette, ging in Flammen und Rauch auf, der Beschuss wollte nicht enden, die Straßen wurden zu offenen Gräbern, Verletzte flehten vergeblich um Rettung, niemand konnte ihnen helfen, Hunde rissen an verstreut herumliegenden Leichen. »In den wenigen Stunden, in denen keine Bomben fielen, bargen wir Tote aus den Trümmern und bestatteten sie zu Dutzenden.« Der erbitterte Widerstand der Kämpfer führte zu Zerstörung und Tausenden Toten, Verwundeten und Vertriebenen. Zudem zogen die Kämpfer noch den Unwillen der Bewohner auf sich, die in der Stadt eingeschlossen waren oder aus ihr fliehenmussten. Die Menschen, die sie als Gäste bei sich aufgenommen hatten, bezeichneten sie jetzt als Fremde, Ausländer und Diebe. Abu Harith aber hatte nicht den Wunsch, an einem Ort zu sterben, an dem nicht einmal mehr die Ansässigen ein Obdach hatten. Seine Entschlossenheit war verflogen, und er verließ die Stadt, ohne zu wissen, wohin es ihn verschlagen würde.
Als er den Euphrat überqueren wollte, sah er eine Frau mit ihrer Tochter neben einem Trümmerhaufen sitzen, im Koran lesen und weinen. Eine amerikanische Rakete hatte ihr Haus zerstört. Er fragte die Frau, ob ihr Mann in den Trümmern gestorben sei, aber sie wies in die Ferne. Das Grab ihres Mannes liege dort. In diesem Haus hätten drei junge
Weitere Kostenlose Bücher