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Gottes blutiger Himmel

Gottes blutiger Himmel

Titel: Gottes blutiger Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fawwaz Hahhad
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Araber gelebt und seien zu Märtyrern geworden. Sie wisse nicht, wie sie geheißen hätten oder aus welchem Land sie kamen, aber sie seien hier gewesen, um den Islam und die Würde der Frauen zu verteidigen. Wie es ihren Müttern wohl gehe? Ihnen zuliebe wolle sie wenigstens für die jungen Leute beten, wenn gerade nicht bombardiert werde.
    Abu Harith entschied sich zu bleiben. Wenn es im Irak auch nur eine Frau gab, die dereinst die Fatiha für ihn beten würde, so würde er gerne den Märtyrertod sterben. Er nahm den Kampf vorbehaltlos wieder auf, bis eine Explosion eine Mauer neben ihm zum Einsturz brachte, die ihn begrub. Er verlor das Bewusstsein, und als er wieder erwachte, lag er auf der Türschwelle eines Hauses, neben ihm ein toter Mann, dessen Hand in seiner lag. Der Unbekannte musste ihn unter den Trümmern hervorgezogen und versucht haben, ihn in Sicherheit zu bringen, und war dabei von einer Granate getroffen worden. Gott hatte Abu Harith einen Menschen geschickt, der für ihn gestorben war. Er konnte dies nur als ein Zeichen ansehen. Er erhob sich aus Staub, Splittern und Trümmern, rannte, dem Feuer amerikanischerScharfschützen ausweichend, zurück zur Stellung der Freischärler und kämpfte mit ihnen, bis sie alle zusammen Falludscha verließen. Dann traf er mit Abu Musab az-Zarqawi zusammen und schloss sich al-Qaida an.
    »Ich hatte Khattab in Tschetschenien verloren, doch dafür gab mir Gott im Irak Abu Musab az-Zarqawi.« Nun gelobte er, für Gott nicht nur kämpfen, sondern sich selbst opfern zu wollen. Az-Zarqawi setzte ihn auf die Liste der Selbstmordattentäter. Aber sein Einsatz verzögerte sich ein ums andere Mal. Az-Zarqawi wollte ihn nicht allzu schnell losschicken, er begann ihm zu vertrauen und betraute ihn mit immer neuen Aufgaben. Abu Harith war seinerseits noch immer entschlossen, sein Gelübde zu erfüllen. Er musste sein Leben geben, Gott würde ihn dafür belohnen. Nicht für Zaghaftigkeit, sondern für den Dschihad war der Mensch geschaffen, er war Gottes Vertreter auf Erden. Umso dringender bestand Abu Harith darauf, den Märtyrertod zu sterben. »Wir müssen unsere Gegner besiegen, egal wer sie sind, was sie tun oder welcher Religion sie anhängen.« Aber er wollte den Dingen auch auf den Grund gehen und fragte sich nun, warum dieser Krieg mit immer mehr Gewalt geführt wurde. »Früher haben wir Leute getötet, die mit der Besatzung kooperierten, heute verschonen wir auch die nicht mehr, die zur Besatzung schweigen. Jeden, der nicht für uns ist, sehen wir als Gegner an.« Einmal sandte ihm sein alter Lehrer und Schwiegervater einen Brief, der nichts enthielt als einen überlieferten Ausspruch des Propheten: Wer einem Gläubigen Leid antut, der kann sich nicht auf den Dschihad berufen. »Tat ich noch das Richtige«, sinnierte Abu Harith, »oder handelte ich Gott zuwider?« Gestern, meinte er, habe er für az-Zarqawi zum letzten Mal eine Mission erfüllt.
    »Ich habe deine drei Entführer getötet«, sagte er zu mir.»Selbst wenn sie Verbrecher waren, kann ich mich nicht als unschuldig an ihrem Tod bezeichnen. Gott wird mich dafür zur Rechenschaft ziehen. Nun ist es Zeit für meine letzte Mission. Ich habe Abu Musab gebeten, mir einige Zeit freizugeben, und er gewährte es mir, ohne mich zu fragen, wofür. Ich muss mich mit Gott beraten. Ich habe Angst, weil ich spüre, dass ich nach allem, was ich getan habe, nun zögere.« Abu Harith fürchtete, er könnte in seinem Entschluss, als Märtyrer zu sterben, wanken. Er hatte eine Frage, er hatte viele Fragen, und er konnte sie nur beantworten, wenn er allein wäre. Nun, da er mich heil abgeliefert hatte, war er frei. Morgen früh würde er sich an einen Ort zurückziehen, an dem ihn nichts von Gott ablenken würde.
    »Wo willst du denn hier inmitten dieses Wahnsinns einen einsamen Ort finden, an dem du mit Gott allein bist?«, fragte ich.
    »Ich habe ihn schon gefunden«, sagte er. Damit umarmte er mich und nahm Abschied. Ich achtete nicht darauf, welche Richtung er einschlug. Was er gesagt hatte, hatte alle meine Vorstellungen auf den Kopf gestellt. Er hatte eine Kehrtwende vollzogen. Gerade noch war er als Märtyrer dem Tod zugestrebt, und nun suchte er Einsamkeit und Meditation. Kompliziert war das!
7
    Ich konnte nicht einschlafen, obwohl ich sehr müde war, und als mich der Schlaf endlich überkam, war er nicht tief. Ich verlor mich in einem Albtraum, der in der Grünen Zone, in Straßen und Hotels von Bagdad und irgendwo im

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