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Gottes blutiger Himmel

Gottes blutiger Himmel

Titel: Gottes blutiger Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fawwaz Hahhad
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zurückbringen. Und dazu brauchen wir Ihre Mithilfe als Vater.«
    »Und welche Garantie können Sie mir bieten?«
    »Wir möchten Informationen von ihm. Das Verhör wird hauptsächlich hier in Damaskus stattfinden, geleitet von syrischen Ermittlern.«
    Das beruhigte mich gar nicht. Ein Verhör durch den syrischen Geheimdienst wäre möglicherweise das Schlimmste, was ihm passieren könnte.
    »Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ein Vater seinen Sohn verraten und in Folter und Tod schicken würde. Da wäre es mir lieber, er würde im Irak getötet.«
    »Ihm wird nichts geschehen, wenn er vollständig aussagt.«
    »Und wenn er zum Tode verurteilt wird?«
    »Wir werden ein verbindliches Abkommen treffen. Die syrische Seite hat bereits ihr Einverständnis gegeben.«
    Der Geheimdienstoffizier schaltete sich nun ein und sagte: »Vorausgesetzt, die Operation läuft nach Plan. Sie möchten Ihren Sohn zurück, und wir möchten Informationen. Einer Amnestie werden wir uns nicht verschließen.« Er habe diesbezügliche Anweisungen von höherer Stelle, an die er sich halte.
    Ich nahm dies zum Anlass, dem Amerikaner meine Zweifel zu offenbaren: »Ich bin anderer Meinung als Sie beide. Ich glaube, wir meinen nicht dieselbe Person. Ich zweifle daran, dass es sich um meinen Sohn handelt. Aber was auch immer sich als Ergebnis herausstellen sollte: Wird die Entscheidung einer Amnestie Bestand haben?«
    Der syrische Offizier und der amerikanische Major erklärten sich damit einverstanden, dass es bei Straffreiheit bleiben werde, unabhängig davon, ob Samer Kämpfer, Selbstmordattentäteroder Emir war, und egal ob er Informationen besaß oder nicht.
    »Gut, dann werde ich darüber nachdenken.«
    »Aber bitte nicht zu lang.«
    Als wir allein waren, warnte mich Hassan: »Mach dir die Entscheidung nicht zu leicht. Die Gefahr ist für dich größer als für Samer. Die ganze Operation ist eher eine Art Experiment. Wenn es schiefgeht, wirst du einen hohen Preis bezahlen. Nur wenn der Zufall auf deiner Seite ist, gibt es ein wenig Hoffnung. Die Amerikaner denken, sie könnten alles. Dabei zeigt doch gerade ihr Scheitern im Irak, dass sie oft völlig im Dunkeln tappen.«
    Ich aber sah in dem Angebot eine unwiederbringliche Chance. Ich fragte Hassan: »Glaubst du, ich kann den Amerikanern trauen?«
    »Normalerweise halten sie sich an ihre Vereinbarungen.«
    »Aber die Beziehungen zwischen Syrien und den USA sind wechselhaft wie Ebbe und Flut.«
    »Trotz aller politischen Unstimmigkeiten arbeiten beide Länder in Sicherheitsbelangen zusammen, wenn auch nur äußerst begrenzt. Vergiss nicht, dass beide einen gemeinsamen Feind haben: Amerika fürchtet die Islamisten, weil diese sie vernichten wollen, und wir fürchten, dass sie ihre Aktivitäten auf Syrien ausdehnen könnten.«
14
    Auf den ersten Blick sah es aus wie ein Angebot, das man nur einmal im Leben bekommt. Ich würde nicht nur meinen Sohn retten, sondern auch andere, vielleicht zahllose Menschen, Araber wie Ausländer, überwiegend Unschuldige. Seit ich über den politischen Islam geschrieben hatte, bildete ichmir ein, ich würde etwas Nützliches tun, indem ich vor einer Gefahr und einer desaströsen Dummheit warnte. Solche Wünsche haben Leute, die glauben, sie seien damit betraut, eine Mission zu erfüllen, solange sie leben und die Möglichkeit dazu haben. Bei mir war es ein Relikt aus meiner idealsozialistischen Phase, und unter den momentanen Umständen passte es gut zu meiner persönlichen Tragödie. Was ich unternehmen wollte, schien mir eine zutiefst selbstlose Tat zu sein, die geradezu transnationale Züge trug: Araber, Amerikaner, Italiener, Engländer, Türken, Nepalesen, Koreaner würden mir dankbar sein … Genug davon. Um Menschlichkeit allein ging es mir nicht. Was aber motivierte mich dann?
    Idealismus hatte ich nicht im Sinn und ein Abenteuer ebenso wenig. Ich wollte einen Menschen retten, der nicht nur wegen der Vernachlässigung, die er durch mich erfahren hatte, dorthin gegangen war, wo er jetzt war, sondern der schlicht wegen mir auf der Welt war. Musste ich nicht zwangsläufig denken, dass ich zweifach schuldig geworden war? Und wenn ich um seinetwillen in die Hölle ging, dann wäre mein Trost, dass ich es tat, um ihn dort herauszuholen. Ich hatte Samer nichts geboten und ihn damit zur Beute tödlicher Ideen gemacht. Wie sonst sollte man einen solch grauenvoll und willkürlich geführten Widerstand nennen, bei dem Autobomben eingesetzt, Selbstmordanschläge

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