Gottes blutiger Himmel
Sohn diesen Leuten? Er gilt ihnen als junger Kerl, der darauf wartet, sich in die Karawane der Märtyrer einzureihen. Wegen so einem riskieren die nichts. Er gibt viele junge Männer wie ihn.«
Sein Mobiltelefon klingelte, er antwortete kurz und legte auf, dann erhob er sich von seinem Sessel. Er müsse sich nun verabschieden, er habe noch einen Termin. »Ich versuche es noch einmal«, sagte er nun doch, »kommen Sie morgen wieder her. Allerdings will ich Ihnen nichts vormachen: Ich kann Ihnen nicht garantieren, dass etwas dabei herauskommen wird.«
Ich sollte mir also keine Hoffnungen machen. Sobald er aus der Tür war, wäre er an keinerlei Versprechen mir gegenüber gebunden, und ich wäre ihm wohl auch egal. Fadhil war ganz meiner Meinung.
Die vierzehnte E-Mail
Alle meine Bemühungen haben nichts gefruchtet. Mir wurde dies und das versprochen, aber ich habe nichts erreicht. Jetzt sitze ich herum und tue gar nichts.
Ich verfolge nebenher eine andere Angelegenheit, die mich eigentlich nicht betrifft, und warte darauf, wie sie ausgeht. Es frustriert und ermüdet mich.
Sollte ich auch weiter kein Glück haben, werde ich bald zurückkommen, aber erst, wenn ich alles ausgeschöpft habe, was in meiner Macht steht.
Ich habe Sehnsucht nach Dir. Immerhin das empfinde ich noch, falls ich überhaupt noch menschliche Gefühle habe.
Millers Lage wurde immer kritischer. Der Colonel hatte ihm zwar weitere zwei Tage zum Ermitteln eingeräumt, aber gleichzeitig legte er ihm Hindernisse in den Weg, so dass es zusehends schwieriger für ihn wurde. Seine Vorgesetzten trieben ihn zur Eile, bereuten, ihm die Ermittlungen übertragen zu haben, und unterstellten ihm Unfähigkeit. Was ihm an Kritik zugetragen wurde, bereitete ihm Sorge, nachdem er bisher immer Anerkennung erfahren hatte. Auf allen Ebenen war seine Arbeit gewürdigt worden, aber nun wurden selbst seine bisherigen Leistungen in ein schlechtes Licht gerückt, und seine Kritik an den Kontraktoren wurde belächelt. Wenn er hingegen früher mit Kündigung gedroht hatte, stimmten sie ihn um, indem sie Metracorp ebenfalls kritisierten und in Aussicht stellten, der Firma den Vertrag zu entziehen. Miller war beliebt, und der leitende General der Koalitionstruppen hatte ihm das Kommando über eine Geheimeinheit zur Verfolgung von Terroristen übertragen. Miller hatte daraufhin eine vorzeitige Beförderung beantragt, doch dieses Verfahren war gestoppt worden, seit manihm vorwarf, die Ermittlungen zu verschleppen. Man gab ihm zu verstehen, dass man eher bereit wäre, ihn mit einem Orden auszuzeichnen und in die Vereinigten Staaten zurückzuversetzen. Sie betrachteten seine Arbeit und seinen Argwohn als hinderlich. Als er sich darüber beklagte, dass die Herabsetzungen durch seine Kollegen ihn belaste und er unter ständiger Spannung und Schlafmangel litt, riet ihm der Colonel, den Psychologen seiner Einheit zu kontaktieren. Aber Miller wusste, dass man ihn nur behindern wollte und dass dies der Grund für seinen Zustand war.
Der Major hatte gedacht, seine Ermittlungen würden vertraulich behandelt, aber sein Arbeitsstab hatte seine Erkundungen zum Teil bereits öffentlich gemacht und so mit Gerüchten angereichert, dass es Millers Glaubwürdigkeit beschädigte. Daher eröffnete ich ihm, dass das Massaker von Dhuluiya mittlerweile so bekannt geworden war, dass sogar ein alter Baath-Funktionär davon wusste und dass jeder die Geschichte nach Gutdünken ausschmückte und deutete. Miller schien der Einzige zu sein, der noch darüber sinnierte, wer das Verbrechen begangen hatte.
»Willst du wissen, wer es war?«, fragte ich Miller. »Es waren deine eigenen Leute, die Amerikaner, und sie werden dich nicht weiter ermitteln lassen, denn was passiert ist, ist genau das, was sie von ihren Vertragspartnern verlangen.«
»Du willst doch wohl nicht sagen«, wandte Miller ein, »dass die Armee ein Massaker ausgeschrieben und Metracorp den Zuschlag dafür bekommen hat.«
Trotzdem sprach Miller seinen Vorgesetzten auf das an, was ich ihm berichtet hatte. Er drohte ihm, falls die Armee das Massaker in Auftrag gegeben habe und deswegen seine Untersuchungen behindern wolle, würde er auch die dafür Verantwortlichen nicht schonen und alles daransetzen, sie anzuzeigen.
Der Colonel wurde wütend und sagte: »Wenn wir einen Plan haben, dann nur, dass sich Sunniten und Schiiten weiter bekämpfen, denn das ist das Einzige, was uns entlastet. Aber wir fördern es auch nicht. Und wenn doch, dann
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