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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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eigenes Geständnis überführt, oder er gesteht
nicht und wird ebenso gültig durch Zeugenaussagen überführt. Wenn jemand alles
gesteht, dessen er angeklagt wird, ist er ohne Frage in allem schuldig; wer
aber nur einen Teil gesteht, sollte trotzdem als schuldig in allem betrachtet
werden, denn was er gesteht, zeigt, daß er in den anderen Anklagepunkten
schuldig sein kann.... Körperliche Folter hat sich schon immer als höchst
heilsames und wirksames Mittel erwiesen, um zu geistlicher Reue zu führen.
Deshalb ist die Wahl der passendsten Art der Folter dem Richter der Inquisition
überlassen, der je nach Alter, Geschlecht und Verfassung des Betroffenen
entscheidet... . Wenn der Unselige trotz aller angewandten Mittel seine Schuld weiter
leugnet, hat er als Opfer des Teufels zu gelten; und als solches verdient er
kein Mitleid von den Dienern Gottes, auch nicht das Erbarmen und die Milde der
Heiligen Mutter Kirche: Er ist ein Sohn des Verderbens. Er sterbe mit den
Verdammten.
     
    Es würde schwer halten,
irgendein anderes Dokument zu finden, das so gegen die Prinzipien der
natürlichen Gerechtigkeit geht. Nach dem Schwarzbuch muß ein Kind seine Eltern
verraten und eine Mutter ihr Kind. Dies nicht zu tun, ist »eine Sünde gegen das
Heilige Offizium« und verdient Exkommunikation, d. h. Ausschluß von den
Sakramenten und bei fehlender Wiedergutmachung Ausschluß vom Himmelreich.
     
    Bei der Anwendung der Folter
durften mittelalterliche Inquisitoren nicht verstümmeln oder töten. Natürlich
gab es Unfälle. Arme und Beine wurden oft gebrochen, Finger und Zehen
abgedreht. Ein Opfer verlor zwei Finger — kein hinreichender Grund, das Verhör
zu unterbrechen.
    Die vom Papst spezifisch festgelegte
Regel war: Folter darf nur einmal angewandt werden. Da kein Zeitlimit angegeben
war, wußte niemand, was »einmal« war. Ein Opfer, das nicht gestand, wurde ein
paar Tage allein gelassen, bis es an Geist und Körper erstarrte. Es war in
Einzelhaft gehalten worden, gefesselt im Kalten und Dunkeln in seinem eigenen
Schmutz, ernährt mit mageren Rationen Brot und Wasser, und so galt die Folter,
vielleicht mit Recht, als unterbrochen.
    Ein bemerkenswerter Aspekt der
mittelalterlichen Inquisition war, daß Zeugen gefoltert werden durften. Dabei
waren Knaben unter vierzehn und Mädchen unter zwölf Jahren ausgenommen.
    Wer die Aussage verweigerte,
wer sich über die Aussagepflicht beklagte, galt als ein Mensch mit häretischen
Neigungen. Es kam vor, daß ganze Familien gefoltert wurden, damit sie ein
Familienmitglied belasteten.
    Ein grausiger Zug des Gerichtes
war, daß es selbst Tote verurteilte. Das Sechste Allgemeine Konzil hatte 680
erklärt, die Kirche könne das Anathema gegen lebende und tote Ketzer
aussprechen. Wie wir gesehen haben, wurde Papst Formosus zweimal ausgegraben
und exkommuniziert. Das wurde zur Mode. Inquisitoren exhumierten Leichen und
brachten sie vor Gericht. Konnten sie die Leichen, die sie suchten, nicht
finden, verurteilten sie ein Bild von ihnen. Waren die Toten verurteilt, so gab
es ein großes Freudenfeuer mit Knochen. Hunderte von Toten wurden auf diese
Weise vor Gericht gebracht. Einige davon waren schon seit dreißig oder vierzig
Jahren tot; einer hatte seit fünfundsiebzig Jahren im Grab gelegen. Das bewies,
daß niemand die Bereitschaft der Kirche unterschätzen sollte, Ketzer bis zum
Tode zu verfolgen und bei Bedarf auch darüber hinaus. Diese Praxis ermöglichte
es den Inquisitoren auch, das Erbe der Toten in ihren Besitz zu bringen. Wurde eine
Leiche für schuldig befunden, so wurde ihr ehemaliges Eigentum konfisziert.
Ihre Hinterbliebenen verloren das Erbe. Ein untadeliger katholischer Sohn fand
sich nach der postumen Verurteilung seines Vaters oft nicht nur ohne seine Habe
wieder, sondern auch ohne all seine Bürgerrechte. Er hatte noch Glück, wenn er
durch einen besonderen päpstlichen Gnadenakt sein Leben behielt.
    Die Inquisitoren wurden aus den
konfiszierten Werten bezahlt. Deshalb fürchteten die Reichen sie noch mehr als
die Armen. Es gab verschiedene Methoden, die Beute zu verteilen, doch wenn die
Kosten für Schreiber und Henker bezahlt waren, ging vom Rest gewöhnlich die
Hälfte an die Schatulle des Papstes und die Hälfte an die Inquisitoren. Einige
Päpste, wie Nikolaus III. (1277-80), rafften so ein Vermögen zusammen.
    Die furchterregendsten
Inquisitoren waren die unbestechlichen; sie folterten schlicht und einfach aus
Gottesliebe. Sie hatten keine finanziellen Interessen;

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