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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Arbeit zu
leisten. Ketzer, d.h. alle, die gegen irgendeine päpstliche Verlautbarung
waren, waren den weltlichen Behörden zum Verbrennen zu übergeben. Wenn sie
bereuten, sollten sie lebenslänglich ins Gefängnis kommen. Kein Papst hat je
die Fackel des Terrors mit mehr Begeisterung ergriffen.
    Im April 1233 schränkte er die
Inquisitoren auf die Bettelorden ein; bald hatten die Dominikaner die Ehre für
sich allein. Der siebenundzwanzigste Juli 1233 war ein Festtag für den
Oberhirten: Die ersten beiden hauptamtlichen Inquisitoren wurden ernannt,
Petrus Seila und Wilhelm Arnald. Sie waren die ersten in einer langen Reihe
heiter-unbeschwerter Verfolger der Menschheit. Als Auftakt reiste der
Dominikaner Robert le Bougre 1239, zwei Jahre vor Gregors Tod, in die
Champagne, um einen Bischof namens Moranis zu verhören. Er wurde beschuldigt,
Ketzer in seiner Diözese leben und sich vermehren zu lassen. In einer Woche
hatte Pater Robert die ganze Stadt vor Gericht gestellt. Am 29. Mai schickte er
180 Menschen, darunter den Bischof, auf den Scheiterhaufen.
    Dies war ein Rückfall in die
Barbarei. Schon 384 hatte eine Synode in Rom die Anwendung der Folter
verurteilt, und Gregor der Große befahl den Richtern im sechsten Jahrhundert,
durch Folter erzwungene Aussagen zu ignorieren. Selbst im finsteren Mittelalter
hatte Nikolaus I. die Folter als Verletzung göttlichen Rechts verurteilt.
    Seit Gregor VII. jedoch hatte
sich Fanatismus ins Papsttum eingeschlichen. Da der Papst keinen Fehler machen
kann, muß man ihm in allen Dingen gehorchen, gleichgültig, wie trivial sie
sind. Zwischen 1200 und 1500 räumte eine Reihe päpstlicher Gesetze mit jeder
Unterscheidung zwischen Glauben und Disziplin auf. Der Beitrag Innozenz’ IV.
mit seiner Bulle Ad exstirpanda bestand darin, daß er der Inquisition
die Folter erlaubte. Von nun an war Ungehorsam selbst in Gedanken strafbar.
Schlechte Gedanken bedrohten die Einheit der Kirche, die auf der Loyalität zum
Stellvertreter Christi beruhte.
    Die Geschichte bestätigt die
Auffassung nicht, daß die katholische Kirche immer für die Menschenrechte
eingetreten sei. Im dreizehnten Jahrhundert ging sie so weit, daß sie lehrte,
was die frühe Kirche verurteilt hatte: Ketzer haben keine Rechte. Sie dürfen
ohne Bedenken gefoltert werden. Wie Landesverräter haben sich Ketzer außerhalb
der Gnade des Gesetzes begeben. Sie müssen getötet werden.
    Über dreihundert Jahre lang
stellte sich kein Papst dieser Lehre entgegen; sie sollte deshalb eigentlich
ein bleibender Bestandteil der katholischen Lehre sein. Durch sie erlangte die
Inquisition eine nie gekannte Macht. Das Ergebnis war generelle Einschüchterung
derer, die keinen Schutz gegen den Vorwurf oder selbst den leisesten Verdacht
der Häresie hatten.
     
     
    Alles ist erlaubt
     
    Der mittelalterlichen
Inquisition war alles erlaubt. Die dominikanischen
Inquisitoren waren vom Papst ernannt und daher niemandem unterworfen als Gott
und Seiner Heiligkeit. Sie standen außerhalb der Rechtshoheit der Bischöfe und
außerhalb der weltlichen Gesetze. Im Kirchenstaat waren sie sich selbst Gesetz;
sie fungierten als Staatsanwälte und Richter. Ihr leitendes Prinzip war:
»Besser, daß hundert Unschuldige sterben, als daß ein Ketzer davonkommt.«
    Sie gingen willkürlich und
unter völliger Geheimhaltung vor. Jeder Anwesende beim Verhör — Opfer,
Schreiber, Henker —, der nicht Schweigen bewahrte, zog sich einen Bann zu, den
nur der Papst aufheben konnte. Wie der Papst konnten die Inquisitoren keinen
Fehler machen und kein Unrecht tun.
    Durch päpstlichen Befehl war
ihnen ausdrücklich verboten, Erbarmen mit ihren Opfern zu haben. Mitleid war
unchristlich, wenn es um Häresie ging. Man sagte ihnen, Seine Heiligkeit würde
jede Schuld auf sich selbst nehmen, wenn sie aus Versehen zu weit gingen. Wie
die Nazi-SS im zwanzigsten Jahrhundert konnten sie ruhigen Gewissens foltern
und töten, weil ihr Vorgesetzter — in diesem Fall der Papst — ihnen
versicherte, ihre Opfer seien ein schmutziger, verseuchter und ansteckender
Feind, der um jeden Preis und mit allen Mitteln ausgemerzt werden mußte.
    Folter wurde reichlich
angewendet. Vor nur hundert Jahren wurde im Haus des Papstes an der Ecke das
Schwarzbuch oder Libro Nero zur Anleitung der Inquisitoren ausgestellt.
Das Manuskript in Folioform war dem Großinquisitor anvertraut. Im Volksmund
hieß es das Buch der Toten. Unter anderem stand dies darin:
     
    Entweder
er gesteht und wird durch sein

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