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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Priester oder Bischof. Jede Bemerkung
gegen Seine Heiligkeit war ein unsägliches Verbrechen, selbst wenn sie von
einem Betrunkenen gemacht wurde. Jede Abweichung vom Leben der Gemeinde war ein
Beweis todeswürdiger Ketzerei. Daraus wird deutlich, daß das Ziel der
Inquisition die Verteidigung nicht des Glaubens, sondern des päpsüichen Systems
war. Wie ein Opfer der Inquisition schloß: »Es ist ungefährlicher, die Macht
Gottes in Frage zu stellen als die Macht des Papstes.«
    Weitere Beschuldigungen, die
unter Häresie liefen, waren Sakrileg, Gotteslästerung, Hexerei, Sodomie,
Nichtbezahlung von Steuern an Papst und Klerus, die Behauptung, Wucher sei
keine Sünde. Jeder Getaufte, der an einem kalten Sabbath kein Feuer machte,
galt als heimlicher Jude und verdiente den Tod auf dem Scheiterhaufen.
    Die letzte Ungerechtigkeit war
die Beschuldigung, häretisch zu denken. Für die Inquisition war Orthodoxie
nicht nur rechtgläubiges (d.h. päpstliches) Sprechen und Handeln, sondern auch
Denken, wie der Papst es wollte. Wenn ein Gefangener in der Folter zeigte, daß
er nie etwas Ketzerisches gesagt oder getan hatte, konnte er noch immer für
seine innersten Gedanken, seine Zweifel, seine Versuchungen bestraft werden.
     
     
    Der Prozeß
     
    Sobald die Inquisitoren in der
Stadt ankamen, legten sie den Zivilbehörden ihre
Beglaubigungsschreiben vor. Im Namen des Papstes befahlen sie dem Regierenden,
mit ihnen zusammenzuarbeiten, ihr Urteil gegen die Angeklagten zu akzeptieren
und zu vollstrecken.
    Der örtliche Klerus mußte das
Volk in der Kirche versammeln, wo die Inquisitoren gegen die Sünde der Ketzerei
predigten. Die von Panik ergriffene Gemeinde bekam eine Bedenkzeit von einer
Woche oder mehr, um vorzutreten und sich selbst ihrer Verbrechen zu
bezichtigen. Es konnte Ketzerei sein oder Gemeinschaft mit Häretikern wie ihren
irregeleiteten Eltern oder Kindern. Gestanden sie freiwillig, so bekamen sie
eine milde kanonische Buße. Nach der Predigt gingen die Dominikaner in ihre
Unterkünfte und warteten. Manchmal kam niemand; manchmal gestanden acht- bis
zehntausend, wie 1245—46 in Toulon. Notare wurden eigens angestellt, um sich um
sie zu kümmern. Gewöhnlich kamen die Denunzianten im Schutz der Nacht zu den
Dominikanern. Mit der im Namen des Papstes garantierten Anonymität war jeder
Bigott und Schuft frei zu lügen, wie er wollte.
    Das Gericht bestand aus einem
oder zwei Inquisitoren, zwei oder mehr Zeugen und Angestellten der
Inquisitoren. Sie alle waren unter Kapuzen versteckt.
    Der Satz, den der Richter
ständig auf den Lippen hatte, lautete: »Sag die Wahrheit.« Jedesmal, wenn der
Gefangene um Erleuchtung bat, sagte der Richter kühl und ruhig: »Sag die
Wahrheit.«
    Wenn einmal klar war, daß der
Beschuldigte nicht von sich aus gestehen würde, wurde er in den Kerker
geschleppt, wo der Henker seine Instrumente bereithielt. Das Urteil der Häresie
wurde unter einem Kruzifix verlesen; danach zog der Henker den Gefangenen aus
und band ihn an ein Gerüst. »Sag die Wahrheit um Gottes willen«, intonierte der
Inquisitor rituell, »denn die Inquisitoren wollen dich nicht leiden sehen.«
    Jeder Körperteil war
zugänglich; Arme und Beine wurden mit Stricken gebunden. Ein Gurt wurde um die
Taille gelegt; an ihm waren Stricke, die über die Schultern von vorn nach
hinten gingen. Jedesmal, wenn die Stricke angezogen wurden, unterbrach der
Dominikaner sein Rosenkranzgebet zu Ehren der Jungfrau und sagte: »Sag die
Wahrheit.« Wenn der Gefangene verstockt war, wurden Stöcke in die Stricke
gesteckt, wodurch ein Halseisen entstand. Die Wirkung war eine Aderdrosselung
an mehreren Gliedern gleichzeitig. Oft wurde der strappado angewandt.
Das Opfer wurde an einen Flaschenzug gehängt und vom Boden hochgezogen,
manchmal bis zur Decke. Doch es gab eine Folter, die schlimmer war als die
anderen.
     
     
    Die Wasserfolter
     
    Ein milder Fall von
Wasserfolter wird im Detail von Henry Charles Leain
seiner unerreichten vierbändigen History of the Inquisition in Spain (1907)
beschrieben.
    Elvira del Campo kam im Jahr
1568 vor das Gericht von Toledo. Die junge Frau war schwanger gewesen, als sie
im Juli des vorhergehenden Jahres verhaftet wurde. Ihr Kind wurde Ende August
im Gefängnis geboren, doch war nicht bekannt, was aus ihm geworden war. Die
Anklage gegen sie lautete, daß sie nie Schweinefleisch aß und daß sie samstags
frische Unterwäsche anzog. Es wurde angenommen, sie sei eine Krypto-Jüdin.
    Elvira war Christin

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