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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Erfindungen, desto leuchtender wurden die Augen der
Inquisitoren. Ihre schlimmsten Alpträume bestätigten sich. Sie argwöhnten nie,
daß die Beschuldigten einfach das Ende ihrer Qualen wollten.
    Durch eine noch immer nicht
voll verstandene Perversion traten Unschuldige vor und bezichtigten sich der
gräßlichsten Verbrechen. Es war, als wollten sie einmal für kurze Zeit bekannt
sein, auch wenn sie dafür auf den Scheiterhaufen mußten.
    Diese bizarren Geständnisse zwangen
die Handbuchautoren, bislang unbekannte sexuelle Abartigkeiten in die Listen
einzufügen. Sodomie bedeutete nun auch die Paarung eines Mannes mit einem
männlichen Teufel. Ehebruch bedeutete auch, daß eine Hexe mit Satan schlief.
    Als Ergebnis von Folterphantasien
wurde einer der angesehensten Berufe zum schändlichsten. Eine der
außerordentlichsten Feststellungen in Kramers und Sprengers Buch lautet:
»Niemand schadet dem katholischen Glauben mehr als die Hebammen.« Was war ihr
Vergehen? Manchmal töteten sie Babys im Mutterleib oder direkt nach der Geburt,
indem sie Nadeln in ihre Fontanelle stachen, so daß die Kinder, ungetauft,
direkt in Satans feuriges Reich fuhren. Andere Male weihten sie Neugeborene
ihrem Herrn und Meister, dem Teufel. Beim Bemühen des Teufels, Gott nachzuäffen
und die Welt zu übernehmen, waren Hebammen seine engsten Verbündeten. So wuchs
die Bande der Bösen Tag für Tag.
    Eineinhalb Jahrhunderte lang
fürchtete jeder vom König bis zum einfachen Untertanen diese
Geheimorganisation, die die Grundfesten der Welt untergrub. Es gab Geschichten
von Hexensabbaten, die Massen von über 25 000 Menschen anzogen; sie alle
hielten Kerzen, so daß die Nacht zum Tag wurde, und huldigten Satan in der
Parodie von Riten, die Christen heilig waren. Nach der Bulle Innozenz’ VIII.
gab es immer mehr schwarze Magie, die schwarze Messe wurde zur Alltäglichkeit.
Viele abtrünnige Priester zelebrierten sie. Dies war zum Teil ein sozialer
Protest gegen die Unterdrückung durch die Kirche, zum Teil die Lust am Okkulten.
Oft, wenn eine geweihte Hostie verwendet wurde, wurde sie unter obszönen
Beschwörungen mit Buchstaben aus Blut beschriftet.
    Auf Hochmooren oder in
mondbeschienenen Lichtungen, an freitäglichen Hexensabbaten mit dreizehn
Teilnehmern oder bei riesigen jahreszeitlichen Sabbatversammlungen
veranstalteten Hexen ihre Maskerade, die Verehrung Satans in einem Ziegenkopf.
Jedes Ritual der Messe wurde umgekehrt. Sie trampelten auf das Kreuz; sie
beteten mit dem Rücken zum Himmel und dem Gesicht zur Erde; sie tanzten sogar
rückwärts. Der Teufel predigte ihnen und versicherte, sie hätten keine Seele
und es gebe kein Leben nach dem Tod. Die Zeremonie endete, wie man erzählte,
indem sie dem Teufel den Hintern küßten, einen Blutsbund mit ihm schlossen und
schließlich wilde, wahllose Sexorgien feierten.
    Die Kirche setzte ihre eigenen
Formen der Magie gegen die Schwarze Kunst ein. Es gab Weihwasser, geweihte
Kerzen, Kirchenglocken, Medaillen, den Rosenkranz, Anrufung der Heiligen,
Reliquien, Exorzismen und Sakramente.
    Trotz dieser Schutzmittel
schien die Kirche die Schlacht zu verlieren. Die Hexerei nahm weiter zu, gerade
durch die Methoden, die die Päpste zu ihrer Ausmerzung erdacht hatten. Unter
der Folter nannten Hexen Komplizen, die wiederum weitere nannten. Die Welt, die
vor nicht langer Zeit im einen oder anderen Dorf oder Flecken ihre Hexe mit der
vertrauten Katze, dem Raben oder der Krähe gehabt hatte, war nun voller Hexen.
Hexen, hieß es, hatten mehr Anhänger als die Jungfrau Maria. Sie bildeten eine
Antikirche, in der angeblich viele Kardinale aktiv waren. Die Macht Satans war
fast so groß wie die Gottes.
    Die Lage war verzweifelt und
erforderte verzweifelte Heilmittel. Laut dem Hexenhammer war jedes
Mittel recht, um mit dem Teufel fertig zu werden. So lautete der Rat des Buches
an Inquisitoren, die Hexen verhörten: Versprecht ihnen eine geringere Buße,
wenn sie sich schuldig bekennen. Wenn sie überführt sind, gebt ihnen eine
geringere Buße, bevor ihr sie verbrennt. Versprecht, keine Hexe zu verurteilen,
die andere belastet. Danach laßt sie von einem anderen Inquisitor verurteilen.
Viele Hexen gingen auf den Scheiterhaufen und beklagten sich, man habe ihnen
Gnade versprochen, wenn sie Namen nannten oder ihre Schuld bekannten. Nicht
einmal Kramer und Sprenger konnten erklären, warum sie Hexen, Sprachrohren des
»Vaters der Lüge«, glaubten oder warum scheinbar so machtvolle Hexen sich
widerstandslos

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