Gottes erste Diener
fangen, foltern und verbrennen ließen. Nicht ein einzigesmal
wird von einer Hexe berichtet, die erfolgreich einen Inquisitor verfluchte,
einen Folterer blendete oder am Leben blieb, nachdem man sie auf dem
Scheiterhaufen verbrannt hatte.
Immer mehr wurden hingerichtet.
Zuvor waren es eine oder zwei, nun wurden sie in Massen verbrannt. Unter den
Verurteilten waren Mädchen von sechs Jahren. »Ein Bischof in Genf«, schreibt
Lea in The Inquisition in the Middle Ages , »soll innerhalb von drei
Monaten fünfhundert verbrannt haben, ein Bischof von Bamberg sechshundert, ein
Bischof von Würzburg neunhundert.« So ging es weiter. Im Jahr 1586 ließ der
Erzbischof von Trèves 118 Frauen und zwei Männer verbrennen, weil sie den
Winter verlängert hätten.
Päpstliche Verantwortung
Es wäre töricht anzunehmen, das
Papsttum hätte die Hexerei erfunden. Sie war da, bevor
das Christentum aufkam, und die Kirche hat sie nie völlig ausgemerzt. Es kann
jedoch keinen Zweifel geben, daß das Papsttum eine entscheidende Rolle beim
erneuten Auftreten und der grausamen Behandlung von Hexen gespielt hat.
Döllinger schreibt in Der
Papst und das Konzil, die ganze Behandlung von Hexen sei teils direkt,
teils indirekt das Ergebnis der unanfechtbaren Autorität des Papstes gewesen.
Lea stimmt ihm bei: »Die Kirche gab ihre überwältigende Autorität dazu her, den
Seelen der Menschen Glauben aufzuzwingen. Die bösen Kräfte von Hexen wurden in
den Bullen aufeinanderfolgender Päpste wiederholt erwähnt, und die Gläubigen
mußten implizit an sie glauben.«
Vor Innozenz VIII. stand es im
Widerspruch zum Glauben, zu behaupten, Hexen hätten diese Kräfte; nach Innozenz
war es Ketzerei, sie zu leugnen, strafbar mit Feuer. Der Widerspruch zur
früheren Lehre war so offensichtlich, daß die Theologen sich auf Winkelzüge
verlegen mußten, um ihm zu begegnen. Die Inquisitoren argumentierten, die
Hexen, die Ankara und Gratian gemeint hatten, die Harmlosen, seien
ausgestorben. Eine neue und zähere Rasse sei an ihre Stelle getreten; sie war
es, die mit dem Teufel im Bund war, um eine Art satanische AIDS-Kampagne
durchzuführen und das Gemeinwesen zu infizieren. Päpstliche Autorität — in der
Person Innozenz’ VIII., Alexanders VI., Leos X., Julius’ II., Hadrians VI. und
vieler anderer—garantierte die Existenz der Hexen und ihrer übernatürlichen
Kräfte, besonders im Bereich des Sex. Noch 1623 bestimmte Gregor XVI., jeder,
der einen Pakt mit Satan schlösse, um Impotenz bei Tieren zu bewirken oder die
Früchte der Erde zu schädigen, sei durch die Inquisition zu lebenslänglicher
Haft zu verurteilen.
Dann besagte 1657 eine
Instruktion von der römischen Inquisition ohne Vorwarnung oder Erklärung, seit
sehr langer Zeit sei nicht ein einziger Prozeß korrekt geführt worden. Die
Inquisitoren hätten durch rücksichtslose Anwendung der Folter und andere
Regelwidrigkeiten gefehlt. Kein Wort wurde über die Rolle des Papstes bei der
Sanktionierung von Folter und Lügen gesagt, kein Wort, warum so viele Päpste
durch die Bejahung der Realität von Hexen der Tradition widersprochen hatten.
Vor allem wurde mit keinem Wort Bedauern über die vielen tausend ausgedrückt,
die in einer der schwärzesten Perioden der europäischen Geschichte getötet
worden waren.
Über mehrere Jahrhunderte
hatten die Päpste einem praktischen Manichäismus Vorschub geleistet, nach dem
der Teufel Macht über die halbe Christenheit beanspruchte. Nun wurde ohne ein
Wort der Erklärung diese ganze Lehre fallengelassen, als wäre kein Oberhirte je
so töricht gewesen, sie zu vertreten. Es ist nie leicht, sich für Fehler zu
entschuldigen. Es scheint, als müßte es für eine Autorität, die beansprucht,
nicht irren zu können, fast unmöglich sein.
Ein sehr besorgniserregender Aspekt
der Hexerei war, daß der Sabbat an einem Freitagabend begann. Konnte es sein,
daß die Inquisitoren ihren Opfern dies suggerierten, weil es mit einer anderen
dämonischen Zeremonie zusammenfiel, dem jüdischen Sabbath?
Verfolgung der Juden
Papst Paul IV., der Juden
haßte, hatte stundenlang an einem Dokument gearbeitet
und dabei unablässig an dem schwarzen, melassedicken Wein seines geliebten
Neapel genippt. Bald war es fertig. Am 17. Juli 1555, nur zwei Monate nach
seiner Wahl, veröffentlichte er Cum nimis absurdum, eine Bulle, die in
frommen Anthologien päpstlicher Dokumente nie erscheint. Denn sie sollte sich
als Meilenstein in der Geschichte des
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