Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
Vom Netzwerk:
die
Jesuiten, sie bekehrten Menschen um den Preis, daß sie den Chinesen ihre alten
»Götzendienste« ließen. Die Jesuiten hatten seit Ricci eine tolerante Haltung
gegenüber den chinesischen Riten eingenommen. Sie sagten, die Verehrung der
hölzernen Ahnentafeln, die ihnen geopferten Kerzen, Weihrauch, Speisen und Geld
sei einfach ein Ausdruck von Höflichkeit und Dankbarkeit. Die Ehrfurcht der
Mandarine vor Konfuzius, dem Lehrer der Weisheit, schien ebenfalls harmlos, ein
erhaltenswerter Teil ihrer Kultur.
    1643 sandte Morales siebzehn
Aussagen der Jesuiten nach Rom, mit der Bitte, sie zu verurteilen. Die
Inquisition, wie immer mit Dominikanern an der Spitze, unterstützte ihn;
Innozenz X. stimmte zu, die Jesuiten sollten sich zurückziehen, bis die
Angelegenheit näher untersucht wäre. Der Jesuit Martini wandte ein, die
Praktiken seien rein zivil; sie zu verurteilen, würde Bekehrungen unmöglich
machen. Wissenschaftliche Forschungen zeigten, sagte er, daß die Chinesen eine
Vorstellung von dem einen Gott hätten, die in ihrer Reinheit unter Heiden nicht
ihresgleichen habe.
    Die Auseinandersetzung wütete
viele Jahre lang. Über die Jesuiten vor Ort wurde ständig nach Rom berichtet.
    Das Jahr 1692 war
bedeutungsschwer. Die Jesuiten erreichten nach über einem Jahrhundert ihren
Durchbruch. Kaiser Kang Hi gab ihnen die Erlaubnis, die christliche
Frohbotschaft in seinem ganzen Reich zu predigen und zu bekehren, wen sie
wollten. Die Jesuiten waren überzeugt, daß Kang Hi mit seiner riesigen Macht
und seinem Ansehen der chinesische Konstantin sein würde. Er konnte das ganze
Reich Christus zu Füßen führen. Unglücklicherweise mußten die Jesuiten
inzwischen Weisungen von Apostolischen Vikaren befolgen, die ihrer Mission
feindlich gesinnt waren.
    Der vom Schicksal ausersehene
Clemens XI. bestieg den Papstthron. Lange konnte er sich nicht entscheiden, was
zu tun sei. Er reservierte einen Tag der Woche, um das Problem der chinesischen
Riten zu studieren. Er nahm die Überzeugung des Kaisers zur Kenntnis, daß sie
nicht den geringsten Aberglauben beinhalteten. »Niemand«, erklärte Kang Hi,
»glaubt wirklich, daß die Seelen der Toten in den Ahnentafeln anwesend sind.«
    Clemens sandte einen Bischof
als seinen persönlichen Vertreter nach Peking, um Nachforschungen anzustellen.
Seine Exzellenz war so außerordentlich dumm, die öffentlichen Riten als Götzendienst
zu verdammen. Der Kaiser, verärgert und verwirrt darüber, daß die Christen
nicht nur getrennt waren, sondern einander haßten, schickte den Bischof ins
Gefängnis. Clemens beantwortete das, indem er ihn zum Kardinal machte, bevor er
1710 tapfer in Macao starb. Clemens faßte die Verhaftung seines Legaten als
persönliche Beleidigung auf. Seine Unentschlossenheit endete abrupt. In seiner
erheblichen Wut bestätigte er alle Dekrete der Inquisition gegen die
jesuitische Haltung. Nun, im Jahr 1715, mußte jeder Missionar in China seinen
Abscheu vor den chinesischen Riten beschwören und geloben, sie niemals zu
dulden.
    Gerade diese Unduldsamkeit,
erklärte Clemens, werde das Unkraut ausrotten und den chinesischen Boden
fruchtbarer für das Christentum machen. Die Kirche hatte römisch zu sein,
selbst in Peking.
    Es war eine
Schreibtischentscheidung, Tausende von Kilometern vom Schauplatz der Handlung
getroffen. Wahrscheinlich wurde von keinem Papst je ein verheerenderer Fehler
begangen. Von der Veröffentlichung von Ex illa die an waren die Tage der
christlichen Mission in China gezählt.
     
    Im gleichen Jahr wurde Giuseppe
Castiglione, ein siebenundzwanzigjähriger Jesuit, von einem Oberen nach Peking
gesandt. Die Chinesen ehrten ihn als einen der weisesten und revolutionärsten
Ausländer, die je zu ihnen gekommen waren. Sein Ruhm beruhte nicht auf seinen
Predigten, sondern auf seinen künstlerischen Gaben.
    Am 16. April 1717 hörten die
Obersten Neun, die Berater des Kaisers, von Ex illa die. Sie rieten
Seiner Majestät, wegen der Beleidigung Chinas durch die Christen und deren
völligem Mangel an Achtung vor den Ahnen alle Missionare zu verbannen, ihre
Kirchen zu zerstören und ihre Bekehrten zu zwingen, dem neuen Glauben
abzuschwören. Zögernd schloß sich der Kaiser ihrem Urteil an. »Was würde der
Papst sagen«, fragte er, »wenn der Kaiser ihm vorschriebe, wie er in Rom beten
soll?« Er behielt sich das Recht vor, Europäern, die seinem Reich nützlich
waren, einen piao, eine Sondererlaubnis, zu gewähren.
    Unter denen, die einen piao bekamen,

Weitere Kostenlose Bücher