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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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war Castiglione, der offizieller Kaiserlicher Hofmaler wurde. Nur die
besten Maler und Uhrmacher durften frei im Sommerpalast herumstreifen.
Castiglione bekam einen eigenen Palast, in dem er malen konnte. Fast jeden Tag
besuchte ihn der Kaiser und bestaunte die Natürlichkeit seiner Arbeit,
besonders die Pferde, die der Jesuit, nun Lang Shining genannt, besonders gut
malte. Meist arbeitete er im Haus. Wenn er nach der Natur malen wollte, ging er
aus Respekt vor dem Kaiser auf Zehenspitzen wie ein Einbrecher, begleitet von
Kaiserlichen Eunuchen. So lebte Lang Shining fünfzig Jahre lang. Hätte er nur
in der Zeit den huldreichen Chinesen mehr lehren dürfen als die Technik, Pferde
zu malen.
     
    Zwei Jahrhunderte vergingen. Im
Jahr 1939, als die Mission in China tot und begraben war, erklärte die Heilige
Kongregation Propaganda Fide, die Zeiten hätten sich geändert. Die Chinesen
hatten ihnen versichert, in ihren Riten sei nichts Religiöses. Zum Christentum
Bekehrte müßten nicht aufhören, ihre Ahnen zu ehren.
    Ohne es zuzugeben, widerrief
Propaganda Fide Clemens’ Entscheidung. Da päpstliche Entscheidungen nie
»widerrufen« werden, mußten sie einen Verwand für diesen Umschwung finden.
Kaiser Kang Hi, der verhindern asiatische Konstantin, hatte es bereits deutlich
gemacht, daß an den Riten nichts Gotteslästerliches oder Unchristliches war;
die Jesuiten waren die ganze Zeit im Recht gewesen. Hätten unfreundlich
gesinnte Spione Kang Hi berichtet, daß Katholiken in Rom dem Papst und sogar
Statuen die Füße küßten, so hätte er versucht sein können, Katholiken für
Götzendiener zu halten. Clemens’ Fehler war von solcher Art.
    Die Folgen von Ex illa die sind unabsehbar. China könnte heute so katholisch sein wie Irland oder Polen.
    Angesichts der kirchlichen
Opposition gegen die Geburtenkontrolle könnte es jetzt in China statt einer
Milliarde Kommunisten zwei bis drei Milliarden Katholiken geben. Von drei
Katholiken auf der ganzen Welt würden zwei chinesische Gesichter haben und
Chinesisch sprechen. Aber dann wären die Probleme der Menschheit — Hunger,
Streß, Mangel an Lebensraum und natürlichen Ressourcen — seit langem völlig
unlösbar geworden. Man könnte also sagen, daß Papst Clemens XI., indem er China
den Katholizismus vorenthielt, die Welt vor der Katastrophe rettete.
     
     
    Schlußfolgerungen
     
    Dieser kurze Überblick zeigt,
daß alle Päpste fehlbar sind, daß vielesehr schwere
Fehler machten und daß etliche häretisch waren. Sie widersprachen der Lehre der
Kirche, widersprachen einander und widersprachen sich nicht selten selbst in wesentlichen
Bereichen der christlichen Lehre. Als Folge davon war es Tradition, daß jeder
Papst, einschließlich des regierenden, sich irren kann wie alle anderen. Er hat
keine besondere Gnade, die ihn daran hindert, in Häresie zu verfallen.
    Außerdem kann es nicht möglich
sein, daß der Papst recht hat und die Kirche unrecht. Wenn der Papst sich von
der Kirche entfernt — vielleicht, indem er nicht auf sie hört —, muß der Papst
umdenken, nicht die Kirche. Wenn er sich weigert, auf sie zu hören, und in
Häresie verfällt, ist er nicht länger Papst, denn weil er den Glauben verlassen
hat, ist er nicht einmal Christ.
    Theologen neigen dazu, hier
eine Distinktion zu fordern. Ein Papst kann, wie jeder Christ, in privaten
Glaubensdingen irren. Was der Geist verheißt, ist, daß er die Kirche nicht in
die Irre führen wird, wenn er eine Definition zu Glauben und Moral ex
cathedra gibt.
    Die Distinktion von dem Papst,
der (1) als Papst spricht und (2) mit irgendeinem anderen Hut auf dem Kopf —
entweder als privater Theologe oder als Diözesanbischof oder als
Pastoralprediger —, hat einen gravierenden Fehler: Sie war in der frühen Kirche
unbekannt. Wenn ein Papst der Ketzerei überführt war, hat niemand je gesagt:
»Er ist ein Ketzer, aber zu unserem Glück hat er nicht ex cathedra gesprochen.«
Warum? Weil niemand meinte, er könne den Glauben der Kirche definieren. Das war
die Aufgabe der Allgemeinen Konzilien. Und das taten die Allgemeinen Konzilien
auch. Ein Papst konnte den Glauben der Kirche gefährden, wie Honorius es tat,
doch kein Papst formulierte je von sich aus den Glauben für die Kirche. Es gab
Anlässe, bei denen eine solche Gabe willkommen gewesen wäre — etwa in der
arianischen Kontroverse oder als die Gottheit des Geistes in Frage stand. Heute
würden sich alle Katholiken um eine Entscheidung selbst in kleinen Dingen

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