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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Nebensächlichkeit hat sie fast die gesamte Theologie
der katholischen Kirche beeinflußt. Dies ist offensichtlich, was päpstliche
Autorität betrifft, speziell bei der Definition der Lehre. Doch sie hat auch
die Theologie der Erbsünde und der Sexualität beeinflußt.
    Erbsünde: Pius stärkte die
Vorstellung der Erbsünde als Erbe von einem fernen Vorfahren (Adam), der
gesündigt hatte und diese Sünde auf den Rest der Menschheit übertrug. Pius IX.
war vor allem verantwortlich dafür, daß die katholische Kirche Darwins Befunde
nicht akzeptieren konnte, so wie sie zwei Jahrhunderte früher Galileos Aussagen
nicht hatte akzeptieren können. Der Ursprung der Arten erschien fünf
Jahre nach der Definition der Unbefleckten Empfängnis. Trotz der zunehmenden
wissenschaftlichen Beweise, daß der Mensch sich über Jahrmillionen aus
niedrigeren Formen entwickelt hatte, bestand Rom darauf — und tut dies noch
heute —, daß es ursprünglich nur ein Paar gegeben habe, vollkommen an Leib und
Geist, von dem die ganze Menschheit abstamme. Selbst auf der Ebene der Ethik
hätte eine Theorie wie die Darwins der Kirche aus einer Schwierigkeit geholfen.
Denn wenn am Anfang der Menschheit ein einziges Paar stand, könnte sich der
Mensch nach Gottes Plan nur durch Inzest fortgepflanzt haben, der den
katholischen Moraltheologen zufolge gegen das Naturgesetz verstößt und den Gott
selbst nicht billigen kann. Sex: Die Lehre von der Unbefleckten Empfängnis hat
auch die katholische Lehre zu Sexualität und besonders Empfängnisverhütung,
Abtreibung und Befruchtung in vitro beeinflußt.
    Seit 1854 haben sich die
Katholiken immer mehr an den Glauben gewöhnt, daß Gott dem Ungeborenen die
Seele im ersten Augenblick der Empfängnis eingibt. Laut Pius IX. war Maria im
ersten Augenblick ihrer Empfängnis eine Heilige. Dies stützt die Vorstellung,
daß schon bei der Empfängnis ein Mensch mit allen Rechten eines Menschen im
Mutterleib ist. Daraus folgt, daß Abtreibung in jedem Stadium wirklicher Mord
ist. Empfängnisverhütung ist das Zweitschlimmste nach der Abtreibung, weil sie
die Entstehung eines weiteren Menschen verhindert. Es zeigt sich, daß zwischen
dem Dekret Pius’ IX. von 1854 und der Enzyklika Pauls VI. von 1968 eine enge
Beziehung besteht.
    Diese Themen werden
ausführlicher in Teil III behandelt, wo wir sehen werden, daß das Zölibat
ebenfalls mit Roms Lehre der Unbefleckten Empfängnis verknüpft ist. Ehelose,
die gelobt haben, sich nicht sexuell auszudrücken, also keine Erbsünde
weiterzugeben, gelten als Menschen, die vollkommener leben als Eheleute.
     
     
    Die Liste der Irrtümer
     
    Auf den Tag genau zehn Jahre
nach der Definition der Unbefleckten Empfängnis
veröffentlichte Pius IX. seine Liste der Irrtümer, zusammen mit der Enzyklika Quanta
cura. Seit neunzehn Jahren hatte Pius alles Neue verdammt, Gutes wie
Schlechtes. Ohne Sympathie mit den Idealen der Französischen Revolution war er
besonders streng mit allem, was nach Freiheit roch.
    Pius glaubte, daß die römische
Kirche die größtmögliche Fülle der Wahrheit auf Erden besitze und deshalb von
Gott her zur Intoleranz verpflichtet sei. Hierfür setzte er zwei Jahre vor
Erscheinen seiner Liste ein Beispiel, als er mit dem Präsidenten von Ecuador
ein Konkordat schloß. Dieser rechtsgerichtete Katholik war durch einen
Staatsstreich gegen liberale, antiklerikale Elemente an die Macht gekommen. Das
Konkordat war eines der ungerechtesten Dokumente, die je zwischen zwei
souveränen Mächten verabschiedet wurden. Der römische Katholizismus sollte die
einzige in Ecuador erlaubte Religion sein. Der Kirche wurde völlige Kontrolle
über das Bildungswesen und eine beherrschende Rolle im Leben des Landes
garantiert. Dies war das Idyll Pius’ IX. Er träumte davon, daß der Rest der
Welt, besonders Frankreich und Amerika, dem Beispiel folgen würden. Quanta
cura ist freilich eher ein Alptraum.
    Pius schreibt voller Angst und
schlimmer Ahnungen, wie ein Hoffnungsloser. Er steht für den Absolutismus:
Kirche und Staat sollen sich die Welt teilen wie seit Jahrhunderten; der Staat
soll der Kirche in moralischen Fragen unterworfen sein und sie schützen, selbst
wenn sie vollkommene Intoleranz gegenüber anderen Religionen vertritt.
    Die Liste der Irrtümer von Pius
IX. ist durchgehend reaktionär. Unter den zeitgenössischen Ansichten, die er
verdammte, sind die folgenden:
     
    15. Jedermann ist frei, die
Religion zu wählen und zu bekennen, die er, geführt vom

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