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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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angesehenen Theologen und zahlreiche Päpste. Viele
Franziskaner waren auf der Liste, auch der hl. Antonius von Padua und der hl.
Bonaventura. Die offizielle Kirche spielte noch immer auf Zeit. Das Konzil von
Trient konnte die Frage nicht entscheiden, und Paul IV. verbot jede Diskussion
des Themas. Doch die Zeit arbeitete gegen die Dominikaner. Eine Nebenursache
war das Werk des römischen Arztes Paulo Zacchia. Er verneinte die
aristotelische Vorstellung von der progressiven Animation des Ungeborenen.
Zacchia sagte 1621, im Augenblick der Empfängnis selbst werde ihm eine
vernunftbegabte Seele eingegeben. Auf Maria angewandt: Wenn sie nicht zuerst
als rein vegetatives Leben empfangen worden war, ergab es ein wenig mehr Sinn,
von ihrer sündenfreien Empfängnis zu sprechen.
    1622 sagte Gregor XVI., niemand
könne etwas gegen das Fest Mariä Empfängnis haben, nicht einmal privat, doch er
verbot den Ausdruck »unbefleckt«.
    Im Jahr 1701 machte Clemens XI.
das Fest der Unbefleckten Empfängnis zur Pflicht für die ganze Kirche; so
stützte er Zacchias Auffassung von der sofortigen Beseelung.
    Benedikt XIV. (1831—46) sagte
in seinem Dekret zur Seligsprechung, daß die Kirche zur Unbefleckten Empfängnis
neigt, aber nie einen Glaubensartikel daraus gemacht hat.
    Sein Nachfolger hatte keine
derartigen Vorbehalte.
     
    Pius IX. hatte wie Gregor VII.
eine scharfe Nase für Politik. Die Tage des Kirchenstaates waren gezählt, das
wußte er. Kaum war er Papst, da wurde in Rom eine provisorische Republik
gegründet, und er floh nach Gaeta. Dort hatte er Zeit, über den Bereich
nachzudenken, den er souverän beherrschen konnte. Er bereitete dies mit der
Enzyklika Ubi primum vom 2. Februar 1849 vor, in der er das folgende
Bild von Maria zeichnete:
     
    Die
strahlende Herrlichkeit ihrer Verdienste, die alle Chöre der Engel weit
übertrifft, erhebt sie zu den Stufen des Thrones Gottes selbst. Ihr Fuß hat den
Kopf Satans zertreten. Zwischen Christus und die Kirche gestellt, hat Maria,
immer lieblich und voll der Gnade, die Christen stets von ihren größten
Anfechtungen und von den Listen und Angriffen all ihrer Feinde befreit und sie
immer vor dem Untergang gerettet.
     
    Das Marienbild Pius’ IX.
verdankte Murillos dunkelhaariger, cherubgetragener Schönheit mehr als den
Evangelien.
    In Gaeta begann Pius, mit
Jesuiten als Mentoren, die Bischöfe über die Notwendigkeit einer Definition für
die Lehre der Unbefleckten Empfängnis zu »konsultieren«. Er bekam fast
einstimmige Unterstützung von den annähernd fünfhundert Italienern, Spaniern
und Portugiesen. Der Rest war nicht begeistert.
    Ein oder zwei Tage vor der
Definition 1854 sagte der Privatsekretär des Papstes, Monsignore Talbot, einem
Freund im Vertrauen: »Wissen Sie, am wichtigsten ist jetzt nicht das neue
Dogma, sondern die Art, wie es verkündet wird.« Frei heraus gesagt steckte der
Papst sozusagen heimlich seine eigene Unfehlbarkeit hinein.
    Vor 1870 war dies alles andere
als allgemein akzeptiert. Die französische Kirche zum Beispiel war berühmt für
ihre Opposition. Der vierte der Gallischen Artikel von 1682, unterzeichnet von
dem großen Bischof Bossuet, lautete: »Der Papst hat den Hauptanteil in Fragen
des Glaubens.... Dennoch ist sein Urteil ohne die Zustimmung der Kirche nicht
unanfechtbar.« Die Beschlüsse des Konzils von Konstanz waren im Frankreich des
siebzehnten Jahrhunderts noch in Kraft, und Rom zum Trotz vertraten sie viele
noch bis 1870.
    Auch die englischsprechende
Welt war weit davon entfernt, die päpstliche Unfehlbarkeit einstimmig zu
akzeptieren. 1822 sagte Bischof Barnes, der Apostolische Vikar von England:
»Bellarmine und andere Theologen, zumeist Italiener, haben geglaubt, daß der
Papst unfehlbar ist, wenn er ex cathedra einen Glaubensartikel
formuliert. Aber ich glaube, in England und Irland behauptet nicht ein einziger
Katholik die Unfehlbarkeit des Papstes.« Noch später sagte Kardinal Wiseman,
der 1850 an der Spitze der wiederhergestellten Hierarchie in England und Wales
stand: »Die katholische Kirche vertritt ein oft verkündetes Dogma, daß sie (d.
h. die Kirche, nicht der Papst) in der Definition von Glaubensdingen unfehlbar
ist.« Und weiter: »Alle stimmen überein, daß Unfehlbarkeit der einmütigen
Zustimmung der Kirche innewohnt.« John Henry Newman, ein Konvertit und der
größte Theologe des neunzehnten Jahrhunderts, sagte zwei Jahre vor dem Ersten
Vatikanischen Konzil: »Ich vertrete die Unfehlbarkeit des Papstes,

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