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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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schrieb,
noch bevor Paul 1968 seine Entscheidung bekanntgab:
     
    Das
Versäumnis der Hierarchie, sich ausdrücklich an der Diskussion [der
Empfängnisverhütung] zu beteiligen, ist beinahe kriminell. Die Last allein in den
Händen des Papst zu lassen, erscheint unter den gegenwärtigen Umständen [von
Vaticanum II] nicht gut und richtig.
     
    Die Bischöfe gaben nach. Sie
akzeptierten die päpstlich-kuriale Argumentation, selbst wenn die Forderungen
nach Empfängnisverhütung vom Konzil abgelehnt würden, könnte die Welt sehen,
daß eine sehr große Gruppe von Bischöfen für sie sprach. Das wäre schlecht für
das Image des Katholizismus.
    Paul glaubte, er stehe über dem
Konzil. Es war sein Privileg zu handeln, wie er es für richtig hielt. Er verbot
Bischöfen, die von überall in der Welt gekommen waren, um ihre kollektive
Weisheit zusammenzutragen, ihre Überzeugung und die ihrer Herden auszudrücken.
Vielleicht glaubten die progressiveren Bischöfe, die den Trend in der
Kommission zur Geburtenkontrolle schon kannten, daß dem Papst keine andere Wahl
bleiben würde, als nachzugeben. Im Licht der Geschichte war dies ein schwerer
Fehler, für den man sie verantwortlich machen muß. Ihr Versäumnis zu
protestieren muß mit dem Versäumnis andersdenkender Bischöfe bei Vaticanum I
verglichen werden, gegen die päpstliche Unfehlbarkeit zu stimmen, obwohl ihr
Gewissen ihnen sagte, daß sie das tun sollten. Doch eine Handvoll Bischöfe
sagten, was sie dachten, und gaben der Welt eine Vorstellung von dem, was hätte
sein können, wenn der Papst die freie Diskussion nicht blockiert hätte.
     
     
    Ein kleinerer Aufstand
     
    Die beiden explosivsten Tage
des Konzils waren der 29. und 30. Oktober 1964. Die
Konzilsväter berieten über »die Kirche in der modernen Welt«, als die Konzilskammer
von den Beiträgen dreier Bischöfe elektrisiert wurde.
    Zuerst Kardinal Léger von
Montreal. Er schlug vor, Fruchtbarkeit in der Ehe sollte nicht jedem einzelnen
Geschlechtsakt zugeordnet werden, sondern der Ehe als Ganzem. Die Liebe,
beharrte er, muß als ein Zweck in sich gesehen werden, nicht nur als Mittel zu
einem anderen Zweck, etwa der Fruchtbarkeit. »Sonst könnte diese Angst im
Zusammenhang mit der ehelichen Liebe, die unsere Theologie so lange gelähmt
hat, weiterbestehen.« Jeder verheiratete Laie hätte dies für selbstverständlich
gehalten. Von einem Prälaten der römischen Kirche, deren gesamte Hierarchie
ehelos ist, klang das nach etwas Neuem.
    Selbst Suenens hatte nicht
solche Geschütze aufzufahren wie der siebenundachtzigjährige Patriarch Maximos
IV. Saigh. Er brachte die Sorge der liberalen Prälaten zum Ausdruck, daß die
Kirche, die er liebte und der er sein ganzes Leben gegeben hatte, am Rand der
Katastrophe stand.
     
    Es
ist ein dringendes Problem, weil es an der Wurzel einer großen Krise des katholischen
Gewissens liegt. Es geht hier um eine Kluft zwischen der offiziellen Lehre der
Kirche und der gegenteiligen Praxis der überwältigenden Mehrheit christlicher
Paare. Die Autorität der Kirche ist in großem Umfang in Frage gestellt. Die
Gläubigen sehen sich gezwungen, in Konflikt mit dem Gesetz der Kirche zu leben,
abgeschnitten von den Sakramenten, in ständiger Angst, außerstande, einen
gangbaren Weg zwischen zwei entgegengesetzten Geboten zu sehen: dem Gewissen
und dem normalen Eheleben.
     
    Dem Patriarchen zufolge mußte
das Konzil einfach eine praktische Antwort erbringen; es war ihre Pflicht als
Seelsorger. Er muß gewußt haben, daß er im Licht von Pauls Veto gegen
Diskussionen des Ungehorsams schuldig war. Doch gegen Ende eines langen Lebens
war ihm bewußt, daß seine erste Pflicht die gegenüber Gott, seinem Gewissen und
seiner Herde war. »Ehrwürdige Väter«, flehte er, »denken Sie an den Herrn, der
für die Erlösung der Menschen starb und auferstand, an die wirklich traurige
Gewissenskrise unserer Gläubigen, und haben Sie den Mut, das Problem
unvoreingenommen anzugehen.«
    Er rief nach einer freimütigen
Überprüfung der offiziellen Haltung im Licht der Theologie und der modernen
Wissenschaften. Er fegte die Unterscheidung zwischen dem »Hauptzweck« der Ehe (Fortpflanzung)
und den Nebenzwecken (Liebe und Gemeinschaft der Partner) vom Tisch. Alle
Bischöfe in der berstend vollen Aula saßen nun auf der Kante ihres Stuhls, als
Maximos sagte:
     
    Haben
wir nicht das Recht zu fragen, ob gewisse Einstellungen nicht das Produkt
veralteter Ideen und vielleicht einer

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