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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Berührung mit der übrigen Kirche verloren haben?
Und wenn der Papst sich auf ihren Rat verließ, welche Hoffnung bestand dann auf
eine katholische Lösung zum Problem der Geburtenkontrolle?
     
    Die Verhütungsdebatte war noch
voll im Schwung, als Kardinal Agagianian nach weniger als zwei Tagen, am
Freitag, dem 30. Oktober um 11.15 Uhr, zu einer Abstimmung durch Aufstehen
aufforderte, um sie zu beenden. Einige Bischöfe waren im Café. Eine
ungewöhnliche Zahl war in der Kammer und blieb sitzen. Offenbar blind dafür
erklärte Agagianian, der Antrag sei angenommen.
    Dies war das letztemal, daß
katholische Bischöfe dieses Thema frei debattieren durften, das wichtigste, das
die Kirche betraf. Danach wurde den Bischöfen wie den Frauen beschieden, »in
der Gemeinde zu schweigen«. Soweit bekannt ist, wurde die Entscheidung des
Papstes, sich das Thema vorzubehalten, nicht angegriffen. Selbst Kardinal
Suenens sagte in einer Pressekonferenz: »Die Methoden, die in diesen Studien
[zur Geburtenkontrolle] angewendet werden sollen, müßten dem Papst vorgelegt
und von seiner höchsten Autorität beurteilt werden.«
    Viele periti, theologische
Experten, fanden dies schwer nachvollziehbar. Wenn der Papst die Angelegenheit
nicht ex cathedra entschied, müßte er zuerst die Meinung der Kirche
detailliert prüfen. Das hatte er nicht getan. Andererseits, wenn er nicht ex
cathedra sprach, würde seine Entscheidung zwar autoritativ sein, nicht aber
die Art Zustimmung erzwingen können, die die Diskussion ein für allemal
beilegen konnte. Der Zustand konnte danach schlimmer sein als davor.
    Es läßt sich kaum abstreiten,
daß die Bischöfe es versäumt haben, die Herausforderung von Maximos IV.
anzunehmen. Im Namen Christi, des Gekreuzigten und Auferstandenen, hätten sie
eine praktische Lösung erbringen sollen; ohne sie war die Sendung der Kirche
für die Welt in Gefahr. Am 25. November, einen Monat nach jener explosiven und
gescheiterten Debatte, sandte der Papst fünf modi oder Zusätze zum Text
über die Ehe im Dokument »Die Kirche in der modernen Welt«. Diese hätten den
Text verändert, nachdem er von zwei Dritteln des Konzils gebilligt worden war.
Die Konzilskommission war erzürnt. Kardinal Léger stand auf und protestierte
gegen diesen Bruch der Regeln, die Johannes XXIII. und Papst Paul selbst
festgelegt hatten. Daraufhin sagte der päpstliche Theologe, der irische
Dominikanerkardinal Michael Browne, der Papst habe gesprochen, das Thema sei
abgeschlossen. Er wollte eine Neubestätigung von Casti connubii. Als die
Kommission dies ablehnte, mußte Kardinal Ottaviani dem erstaunten Oberhirten
ausrichten, daß eine große Mehrheit der Kommission nein gesagt hatte. Ein anderer
Kardinal, Garrone, informierte den Papst freimütig, daß er mit Feuer spielte.
Zuerst hatte er das Recht der Konzilsväter, die Geburtenkontrolle zu
diskutieren, blockiert; nun wollte er einseitig seine eigene Lösung durchsetzen
und sie für konziliar ausgeben! Ein Kompromiß wurde erarbeitet. Die Zusätze
sollten akzeptiert werden, aber nicht Verbatim, und es sollte keine
Wiederholung von Casti connubii geben.
    Nun war die Falle aufgestellt.
Und Paul VI., ein selbstloser, unentschlossener Mann, bereitete sich darauf
vor, hineinzutappen. Oder zumindest fragte er sich, ob er das sollte.
     
     
    Hamlet geht ans Werk
     
    Paul sah das Problem, mit dem
er es zu tun hatte, als das schwerste der
Kirchengeschichte. Dies sagte er in einer Verlautbarung vom 23. Juni 1964. Er
würde die endgültige Entscheidung treffen. »Doch inzwischen sagen Wir offen,
daß Wir bis jetzt keinen ausreichenden Grund haben, um die von Papst Pius
hierzu gegebenen Normen als veraltet und deshalb nicht bindend anzusehen. Sie
müssen daher als gültig betrachtet werden, zumindest, bis Wir uns von Unserem
Gewissen verpflichtet fühlen, sie zu ändern.« Vielen Kommentatoren schien seine
Haltung eher unentschlossen als dem Wandel verschlossen.
    Zwar sagte er in seiner
großartigen Rede zum Frieden vor den Vereinten Nationen am 4. Oktober 1965:
»Sie müssen danach streben, das Brot zu vermehren, damit es für die Tische der
Menschheit ausreicht, statt eine künstliche Geburtenkontrolle vorzuziehen, die
unvernünftig wäre, um die Zahl der Gäste beim Gastmahl des Lebens zu verringern.«
Diese simplizistische Alternative — Brot oder Geburtenkontrolle — ließ
Schlimmes für die Kirche ahnen. Andererseits veröffentlichte die italienische
Zeitung Corriere della Sera am selben Tag

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