Gottes erste Diener
wir schon
angemerkt haben, eine Verneinung der Unbefleckten Empfängnis Mariens.
Nichts, was hier gesagt ist,
ist als Verunglimpfung von Gregors Andenken gemeint. Seine Ideen wurden von
vielen großen Männern vor ihm und nach ihm geteilt. Das Problem stellt sich
nur, weil er Papst war; und Päpste werden nun für unfehlbare Führer
gehalten—sie lehren ewige Wahrheiten und legen moralisch absolut Gültiges fest.
Gregors Ansichten sind nur peinlich wegen des katholischen Glaubens, daß Päpste
unmöglich im Irrtum, und zwar in schwerem Irrtum, über etwas so Grundlegendes
wie Sexualität und Ehe gewesen sein können.
Eine weitere enorme
Schwierigkeit für Katholiken sollte hier erwähnt werden. Wenn Paul bei der
Abfassung von Humanae vitae meinte, mit seinen illustren Vorgängern wie
Pius XI. und Pius XII. übereinstimmen zu müssen, warum beachtete er dann Papst
Gregor nicht? Er war kein Leichtgewicht. Auf jeder Päpsteliste würde er unter
den ersten sechs rangieren. Er erbte Rom in Ruinen, umgeben von Barbaren.
Innerhalb eines Jahrzehnts hatte er es zum Erben der Caesaren im Westen
gemacht. Wenn das Papsttum wirklich moralisch absolut Gültiges lehrt, hätte
Paul VI. mit Sicherheit ebenso bestrebt sein müssen zu lehren, was Gregor im
sechsten Jahrhundert gelehrt hat, wie die Lehre Pius’ XI. im zwanzigsten zu
wiederholen. Oder ist es unwichtig, daß moderne Päpste Gregors Lehre feierlich
widersprechen?
Nach Papst Gregor
Augustins tiefer Pessimismus
über Sexualität, Ehe und Erbsünde fand seinen höchsten Vorkämpfer
in Papst Gregor. Seine Lehre stieß bis zum Mittelalter nicht auf Widerspruch.
Ehepaare wurden gewarnt, in der Hochzeitsnacht miteinander zu schlafen, für den
Fall, daß sie das Sakrament der Ehe entweihten. Warum die Zeit das Übel von
etwas in sich Schmutzigem mildern sollte, wurde nie klargemacht. Lecky erinnert
an die Vision des hl. Alberich im zwölften Jahrhundert, bei der ein See der
Pein — Harz, flüssiges Blei, brennendes Pech—in der Hölle auf Ehepaare wartet,
die die Frechheit gehabt haben, an kirchlichen Festtagen oder Fasttagen
miteinander zu schlafen. Zentral im Hexenhammer von Kramer und Sprenger
war der Glaube, Sex sei so unwiderruflich böse, daß Satan vor allem durch diese
Tür in die Welt komme.
Angesehene Theologen des
Mittelalters arbeiteten Gregors Ansichten einfach auf mehr scholastische Weise
aus. Jahrhundert folgt auf Jahrhundert, und der Geschlechtsakt wird als Sünde
beschrieben, nie als Liebe. Die ausnahmslos ehelosen Theologen begriffen nicht
den grundlegendsten Unterschied des menschlichen Geschlechtsakts zum
tierischen: Er ist ein Liebesakt.
Diese negative Einstellung hat
sich in der Moraltheologie dieses Jahrhunderts gehalten. 1966 wurde in England
ein Buch mit dem Titel Birth Regulation and Catholic Beliefs veröffentlicht. Es war angeblich von G. Egner geschrieben und ursprünglich in München
erschienen. Es hat eine deutsche Widmung und ein Vorwort, worin dem Übersetzer
gedankt wird. Tatsächlich wurde das Buch auf englisch von einem Durhamer
Priester mit einem sehr irischen Namen geschrieben.
Pater Egner stellte
interessante Passagen zur Sexualität von den angesehensten zeitgenössischen
Moraltheologen zusammen. Sie sind eine trostlose Lektüre.
Capello
sagt über das Liebesspiel, daß die Eheleute jede Art unvollständige wollüstige
Handlung ausführen dürfen. Dies schließt oral-genitale Kontakte ein, denn sie
sind immer noch erlaubt, freilich enorm obszön. Genicot, für den solche
Handlungen überaus widerlich und gewöhnlich Todsünde sind, spricht von
unzüchtigen Handlungen, die den Eheleuten erlaubt sind, von widerlichen Worten
und Blicken, von Berührungen an anständigen, weniger anständigen und
unanständigen Körperteilen.
Wie Egner aufzeigt, sind die
Urteile dieser Moraltheologen ebenso beklagenswert wie ihre Sprache. Das
Liebesspiel geschieht »in einer Atmosphäre, die nur als die geduldeter
läßlicher Sünde beschrieben werden kann«, als wäre Sünde »ein technischer
Verstoß gegen irgendein triviales Nebengesetz«. Es war tapfer von ihm, diese
und andere Bemerkungen aus Textbüchern herauszuholen und den Katholiken einen
Einblick zu geben, wie ihr Klerus auf das Verständnis ihrer Probleme
vorbereitet wurde. Denn was Egner enthüllt hat, ist, daß ihre moralischen
Führer keine Ahnung hatten, wovon sie redeten. Insgesamt völlig unerfahren in der
Praxis, waren sie wie eine Gruppe Blindgeborener, die
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