Gottes erste Diener
über »Farbe in der
modernen Kunst« dozierte.
Vor diesem Hintergrund war
Pius’ XI. Casti connubii von 1930 aufgeklärt. Am faszinierendsten an
dieser Enzyklika ist die Art, wie der Oberhirte sich aus den Lehren seiner
Vorgänger das Passende aussucht.
In Abschnitt 14 folgt er Papst
Gregor und sagt, selbst heilige Eltern könnten ihre Heiligkeit nicht an ihre
Kinder weitergeben. Die Geburt ist »eine Art Tod, bei dem die Erbsünde an die
Nachkommen weitergegeben wird«. Das Neugeborene braucht die Erneuerung im
Wasser der Taufe. Warum geht Pius XI. nicht bis zum Ende mit Gregor konform und
beharrt darauf, daß Kinder die Brut der Hölle seien, und wenn sie ungetauft
sterben, dazu verdammt, ewige Qualen zu leiden? Warum akzeptiert Pius Gregors
Prämissen, aber nicht seine Folgerungen?
In Abschnitt 23 zitiert Pius
XI. Augustins Ausdruck »die Treue der Keuschheit«. Er zitiert zustimmend
Augustins Worte: »Eheliche Treue erfordert, daß Mann und Frau in einer
besonders heiligen und reinen Liebe vereint sind, nicht wie Ehebrecher einander
lieben.« Was er ausläßt, ist, daß Augustinus damit etwas verdammen wollte, was
er, Pius, erlaubt. Denn in Abschnitt 59 schreibt Pius:
Auch
gelten diejenigen nicht als gegen die Natur handelnd, die im Ehestand ihr Recht
in angemessener Weise nutzen, obwohl aus natürlichen Ursachen, entweder der
Zeit oder gewisser Defekte, kein neues Leben daraus hervorgehen kann. Denn in
der Ehe ebenso wie im Gebrauch der ehelichen Rechte gibt es auch sekundäre
Ziele, so wie gegenseitige Hilfe, die Pflege der gegenseitigen Liebe und das
Stillen der Konkupiszenz, das Eheleuten nicht verboten ist, solange sie dem
primären Zweck untergeordnet sind und solange die innere Natur des Aktes
gewahrt bleibt.
Obwohl Pius in Abschnitt 54
gerade von der »ununterbrochenen christlichen Tradition« gesprochen hatte, ist
fast alles in dieser Passage gegen die christliche Tradition. Augustinus und
Gregor haben allem darin ausdrücklich widersprochen. Sie unterschieden nicht zwischen
primären und sekundären Zielen der Ehe. Die Ehe war zur Fortpflanzung da; das
war nicht der Hauptzweck, sondern der einzige Zweck, der sexuellen Verkehr
rechtfertigen konnte. Jeder andere Zweck, der zur Fortpflanzung hinzukam, war
Sünde. Deshalb ist es naiv von Pius zu sagen, wenn die Natur nicht gestört
werde, sei es keine Sünde; ein Paar dürfe Geschlechtsverkehr haben, um die
gegenseitige Liebe zu nähren, die Konkupiszenz zu stillen usw. Papst Gregor
hätte gesagt, Sex ist nicht dafür da, er ist für nichts da außer für das Kind.
Alles andere muß Sünde sein. Dies war die ununterbrochene christliche
Tradition, nicht Pius’ Meinung. Selbst Innozenz XI. (1676—89) verkündete
feierlich, es sei Sünde, nur zum Vergnügen miteinander zu schlafen. Das war logisch.
Wenn Sex für das Kind da war und wenn der Geschlechtsakt kein Kind
hervorbringen konnte, weil die Frau entweder unfruchtbar, schwanger oder zu alt
war, dann mußte Sex Sünde sein.
Daß Pius eine Tradition radikal
änderte, war eine Sache; daß er sagte, seine Lehre stimme mit ihr überein, eine
ganz andere. Denn durch die Unterscheidung zwischen primären und sekundären
Zielen der Ehe und durch die Zulassung der sekundären unter der Bedingung, daß
das Hauptziel nicht behindert wird, führte er ein ganz neues Kriterium zur
Beurteilung der Sexualität ein. Was ist dieses Kriterium?
Die Tradition war, daß die
Moral der Sexualität nur an einem zu messen ist, nämlich: Ist sie auf das Kind
ausgerichtet? Pius ersetzte dies durch die natürliche Integrität des Geschlechtsaktes.
Wenn er erfüllt wird, d. h. wenn Penetration und Insemination vorliegen, ist
alles andere unwichtig. Wenn also die Frau schon schwanger oder steril ist, ist
dies eine tugendhafte Handlung, vorausgesetzt, Penetration und Insemination
liegen vor. Diese Ansicht hat zwei große Schwächen. Erstens widerspricht sie
über fünfzehnhundert Jahren christlicher Tradition. Zweitens ersetzt sie ein
wenn auch unangemessenes moralisches Kriterium durch ein biologisches. Pius
begann eine neue Tradition, die Moral der Sexualität nicht anhand von Menschen
und was sie als Menschen tun, zu beurteilen, sondern anhand der physischen
»Integrität« eines Akts. Wenn natürlich das biologische das einzige Kriterium
ist, kann nichts die Empfängnisverhütung rechtfertigen, nicht die Liebe der
Partner, die Gesundheit der Frau, die Stabilität der Familie usw. Deshalb muß
man sagen, daß Paul
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