Gottes erste Diener
Sie
war lebhaft; er war einsam. Er verliebte sich Hals über Kopf in sie. Er bat
sie, mit ihm ins Bett zu gehen. Drei Tage widerstand sie ihm, bis er sie in der
Nacht vor ihrer Abreise zu ihrem Mann anflehte, ihre Schlafzimmertür nicht zu
verriegeln. In der Nacht vom 13. zum 14. Februar schlief er mit ihr. Es war ihm
eine große Freude, daß sein Kind am Valentinstag empfangen und am folgenden 13.
November in Florenz geboren wurde. Es war ein Junge. Als er davon erfuhr,
schrieb er voller Begeisterung an seinen Vater. Dieser muß ihm ein wenig kühl
geantwortet haben, denn Piccolomini schrieb ihm einen weiteren Brief.
Ihr
schreibt, Ihr wißt nicht, ob Ihr froh oder traurig sein sollt, Vater, daß der
Herr mir ein Kind geschenkt hat.... Ich aber sehe nur Grund zur Freude und
nicht zur Hauer. Denn was ist süßer für den Menschen, als sein eigenes Ebenbild
zu zeugen, gleichsam die eigene Art fortzupflanzen und nach seinem Tode
jemanden zurückzulassen? Was ist auf Erden gesegneter, als die Kinder seiner
Kinder zu sehen? Was mich betrifft, so bin ich entzückt, daß mein Same Frucht
gebracht hat und ein Teil von mir überleben wird, wenn ich sterbe: Und ich
danke Gott, der das Kind dieser Frau zu einem Knaben gemacht hat, so daß ein
weiterer kleiner Aeneas um meinen Vater und meine Mutter spielen und seinen
Großeltern den Trost geben wird, den sein Vater hätte geben sollen. Denn wenn meine
Geburt eine Freude für Euch war, der mich gezeugt hatte, wie sollte mein Sohn
keine Freude für mich sein? Und wird nicht mein Kindergesicht Euer Herz
entzücken, wenn Ihr mich in ihm seht? Wird es Euch nicht glücklich machen, wenn
der Kleine Euch am Hals hängt und Euch mit seiner kindlichen Art bezaubert?
Doch vielleicht wollt Ihr sagen, es sei meine Missetat, die Ihr betrauert, weil
ich ein Kind in Sünde gezeugt habe. Ich weiß nicht, welche Vorstellung Ihr von
mir habt. Gewiß habt Ihr, der aus Fleisch ist, keinen Sohn aus Stein oder Eisen
gezeugt. Ihr wißt, welch ein Hahn Ihr wart, und ich bin kein Eunuch oder als
kaltblütig einzustufen. Ich bin auch noch kein Heuchler, der besser scheinen
will, als er ist. Ich bekenne offen meinen Fehler, denn ich bin weder heiliger
als König David noch weiser als Salomo.
Der Schreiber dieses weisen und
rührenden Briefes sollte seine Geliebte Elizabeth noch einmal in Basel sehen,
aber sein kleiner Aeneas starb nur vierzehn Monate später. Mit dem Tod von
Piccolominis beiden Söhnen verlor die Kirche mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit zwei Kardinäle, denn er ging in den Dienst der Kirche und
wurde fünfzehn Jahre später zum Papst gewählt: Er nannte sich Pius II.
Die älteste Tradition des Amtes
Theologen haben zu beweisen
versucht, daß das Zölibat des Klerus auf die Bibel und
die Urkirche zurückgeht. Vergeblich. Was die Urkirche betrifft, so offenbaren
die Evangelien eine unübersehbare Tatsache: Jesus wählte als seinen obersten
Jünger Petrus, einen verheirateten Mann. Wie könnte irgend jemand Vorbringen,
Jesus oder Petrus hätten geglaubt, nebenberufliche Kleriker in ländlichen
Gebieten sollten ehelos sein, wenn der vom Herrn selbst erwählte »erste Papst«
verheiratet war? Wenn Jesus nur Ehelose als seine Geistlichen haben wollte, war
es sehr kurzsichtig von ihm, Petrus zu erwählen, unabhängig von dessen
Talenten.
Die Kirchenväter gingen davon
aus, daß nicht nur Petrus, sondern auch Paulus verheiratet war. Es gab im Neuen
Testament Grundlagen, die Ehelosigkeit zu ehren. Sie waren fadenscheinig genug,
da ja selbst die Mutter Jesu verheiratet war. Jesus sprach in mystischen
Ausdrücken von denen, die sich für das Reich Gottes kastriert haben. Ebenfalls
im Licht der bevorstehenden Wiederkunft Christi schlug Paulus vor, in dem Stand
abzuwarten, in dem man sich befand: wenn verheiratet, dann als Verheirateter;
wenn nicht, dann als Unverheirateter. Der Unverheiratete konnte sein Denken
ständig auf die Wiederkunft richten.
Als die Wiederkunft auf sich
warten ließ oder schlicht ausblieb, war es möglich, dies zeitweilige und
provisorische Zölibat in Erwartung eines Ereignisses, das nie Wirklichkeit
wurde, mit Kasuistik zu einer lebenslangen Pflicht um ihrer selbst willen zu
machen. Allerdings, das sollte angemerkt werden, stellte Paulus nie einen
Zusammenhang von Zölibat und Amt her. Er war kein Befürworter eheloser
Priester. Tatsächlich geht er, wenn er das Amt behandelt, vom Gegenteil aus.
Ein Bischof, sagt er, sollte nur eine
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