Gottes erste Diener
ausgesagt
haben. Als er immer öfter die Forderung besonders der Engländer hörte, man
solle ihn verbrennen und damit basta, war er bereit zurückzutreten, falls die
anderen beiden Päpste dasselbe täten. Dann verkleidete er sich als Diener und
verließ Konstanz bei Nacht. Kein Papst, kein Konzil, muß er sich gedacht haben.
Unter der Handvoll Kardinäle, die in seinem Versteck im dreißig Meilen
entfernten Schaffhausen zu ihm kamen, war Oddo Colonna. Kaiserliche Wachen
brachten den Oberhirten zurück, um Rede und Antwort zu stehen.
Das Konzil hatte inzwischen
seine volle Autorität. In der Vierten und Fünften Sitzung verabschiedete es
einstimmig ein Glaubensbekenntnis, das die römische Kirche seither nie mehr
losgeworden ist.
Das
Heilige Konzil von Konstanz ... erklärt als erstes, daß es rechtmäßig im Heiligen Geist versammelt ist, daß
es ein Allgemeines Konzil ist, das die Kirche repräsentiert, und daß es deshalb
seine Autorität unmittelbar von Christus hat; und daß alle Menschen jeglichen
Ranges und Standes, auch der Papst selbst, gebunden sind, ihm in
Glaubensdingen, der Beendigung des Schismas und der Reformierung der Kirche
Gottes an Haupt und Gliedern zu gehorchen.
Aeneas Sylvius, der eines Tages
Papst Pius II. werden sollte, schrieb: »Kaum jemand zweifelt, daß ein Konzil
über einem Papst steht.« Warum sollte irgend jemand zweifeln? Die uralte Lehre
der Kirche war, daß ein Allgemeines Konzil in Glauben und Disziplin am höchsten
steht. Auf der Grundlage dieser Lehre war mehr als ein Papst von einem Konzil
wegen Häresie verurteilt worden, wie in Teil 2 dieses Buches gezeigt werden
soll. Die Folgen von Konstanz waren weitreichend. Wenn der Papst daran gebunden
ist, der Kirche in Glaubensdingen zu gehorchen, so kann er nicht von sich aus
und ohne die Zustimmung der Kirche unfehlbar sein. Tatsächlich kann der Papst,
wenn er unabhängig vom Konzil spricht, durchaus im Glauben irren. Diese Lehre
wurde mit zweifelhaften Mitteln von mittelalterlichen Päpsten wie Gregor VII.
und Innozenz III. verschleiert. Konstanz hatte seine Autorität über den Papst
geltend gemacht, und nun wurde diese Autorität auch benutzt — als erstes, um
Benedikt abzusetzen, der schon auf der Flucht nach Peniscola war.
Johannes XXIII. war der
nächste. Er weigerte sich standhaft zurückzutreten. Die Konzilsväter räumten
ein, er sei der rechtmäßige Papst, doch die Kirche sei wichtiger als das
Papsttum. Die Anklagepunkte gegen ihn wurden von vierundfünfzig auf fünf
reduziert. Wie Gibbon in Decline and Fall treffend bemerkt: »Die
skandalösesten Anklagepunkte wurden fallengelassen; der Stellvertreter Christi
wurde nur der Piraterie, des Mordes, der Vergewaltigung, Sodomie und
Blutschande angeklagt.« Es war wohlbekannt, daß er sich, seit er Stellvertreter
Christi geworden war, nur noch im Bett Bewegung gemacht hatte. Es ist
bedeutsam, daß Johannes XXIII. von der Anklage der Häresie befreit wurde —
wahrscheinlich, weil er nie genügend Interesse an der Religion gezeigt hatte,
um als Irrlehrer klassifiziert zu werden. Cossa wurde einfach deshalb abgesetzt,
weil er sich nicht benahm, wie ein Papst das sollte.
Am 29. Mai 1415 wurden die
Amtssiegel Johannes’ XXIII. feierlich mit einem Hammer zerschlagen. Doch ein
Ex-Papst hat wie ein Ex-Präsident Anspruch auf Rücksichtnahme. Trotz seiner
heldenhaften Promiskuität bekam er nur eine dreijährige Freiheitsstrafe.
Hus, tapfer, keusch,
unbestechlich, ein unbeugsamer Gegner von Simonie und klerikalem Konkubinat,
hatte ein härteres Schicksal. Er bekam keinen Anwalt, wurde wegen einer
falschen Anklage vor Gericht gebracht, von Dominikanern verhört, die seine
Bücher nicht einmal in der Übersetzung gelesen hatten, und zum Tode verurteilt.
An einem strahlenden Sommertag 1415 wurde er aus dem Gefängnis geführt, auf dem
Kopf einen hohen Hut mit drei tanzenden Teufeln darauf und flankiert von den
Kriegern des Pfalzgrafen. Praktisch die ganze Stadt folgte, als die Prozession
ihren Weg zu einer leuchtendgrünen Wiese machte, vorbei an dem Friedhof, auf
dem Hus’ Bücher verbrannt wurden. Er betete für seine Verfolger, während das
Feuer entfacht wurde. Dreimal hörte man ihn sagen: »Christus, du Sohn des
lebendigen Gottes, erbarme dich meiner«, bevor der Wind ihm Flammen ins Gesicht
blies. Seine Lippen bewegten sich noch im Gebet, als er ohne einen Seufzer
starb. Um zu verhindern, daß er als Märtyrer verehrt würde, wurde seine Asche
auf dem Rhein
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