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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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verstreut. Es war eindeutig sündiger, wie Hus und das Neue
Testament zu sagen, nach der Segnung solle die Eucharistie immer noch »Brot«
genannt werden, als ein gieriger, mörderischer, blutschänderischer Papst zu
sein, der die Kirche in fast jeder Hinsicht irreführte.
    Schließlich berief Gregor XII.,
inzwischen neunzig Jahre alt und müde, feierlich das Konzil ein, das schon seit
Monaten tagte, und trat dann zurück. Da diese Formalitäten abgeschlossen waren,
waren alle drei Päpste versorgt. Die Christenheit konnte wieder atmen.
    Sigismund, selbst nicht eben
sittenstreng, wollte die Kirche unbedingt reformieren, bevor ein neuer Papst
gewählt wurde, denn nach seinem Dafürhalten konnte man sich bei keinem Papst
darauf verlassen, daß er die Kirche reformierte. Seit Jahrhunderten, so
argumentierte er, hatte das Papsttum diese Aufgabe nicht erfüllt. Inzwischen
seien keusche Kleriker so selten, daß die, die keine Frau hätten, beschuldigt
würden, weniger angesehene Laster zu haben.
    Leider wurde Sigismund weder
vom König von Frankreich unterstützt noch von Heinrich V. von England, der
gerade bei Agincourt gesiegt hatte.
    Kardinal Oddo Colonna, der
Johannes XXIII. Treue gelobt hatte, als er nach Schaff hausen floh, wurde ohne
Verzug gewählt und nannte sich Martin V. Er war Mitte Fünfzig und ein geborener
Kirchenmann, nämlich der Sohn eines von Urbans Kardinalen, Agapito Colonna. Die
Kirche hatte wieder einen einzigen Papst. Nun gab es keine Hoffnung auf Reform,
obwohl über den Schnitt klerikaler Ärmel viel nachgedacht wurde.
    Zwei Tage nach seiner Wahl
wurde Colonna, der Diakon war, zum Priester ordiniert. Es war der 13. November
1417. Am nächsten Tag wurde er zum Bischof geweiht. Eine Woche danach war er zum
Papst gekrönt und setzte seine Füße auf den Altar, um sie sich küssen zu
lassen, bevor er in einer Parade durch die Stadt ritt. Sigismund und Friedrich
von Brandenburg hielten links und rechts die Zügel.
    Wie Johannes XXIII. hatte
Martin V. ein Ziel: rasch aus Konstanz fortzukommen. Er hatte nicht den Wunsch,
die Kurie oder das Papsttum zu reformieren. Als Cossa aus seinem bequemen
Gefängnis in Heidelberg entlassen wurde und nach Florenz ging, setzte Martin
tatsächlich diesen geständigen Mörder und Vergewaltiger als Bischof von
Frascati und Kardinal von Tusculum wieder in Amt und Würden.
    Martins dringender Wunsch nach
einem schnellen Abgang war verständlich. Das größte Konzil, das der Westen je
gesehen hatte, hatte beschlossen, daß Konzilien ihre Autorität direkt von
Christus herleiten. Jeder, auch der Papst, ist ihm untergeben in
Glaubensdingen, der Heilung von Schismen und Kirchenreformen. Seine Lage wurde
dadurch heikel, daß der Beschluß einstimmig gewesen war. Er hatte als Kardinal
selbst dafür gestimmt. Doch die Geschichte zeigt, daß das Papsttum einen Mann
fast unweigerlich verwandelt, sobald er ins Amt kommt. Er wollte nach Rom
zurückgehen, wo er seinen Vorrang vor einem Konzil wieder durchsetzen würde.
Mit anderen Worten, er wollte die Basis seiner Wahl selbst leugnen. Denn wenn
der Papst in der Kirche am höchsten steht, war nicht er Papst, sondern Johannes
XXIII.
    Diese Spannung sollte weitere
450 Jahre ungelöst bleiben. Dann sagte das Erste Vatikanische Konzil, es sei
notwendig zur Erlösung, an Vorrang und Unfehlbarkeit des Papstes zu glauben.
Der Preis dieses Beschlusses war hoch. Das Erste Vaticanum widersprach allem,
was die frühesten Kirchen-Konzilien impliziert und Konstanz ausgesprochen
hatte. So sind laut Vaticanum I die Definitionen des Papstes, wenn er ex
cathedra spricht, »unreformierbar in sich selbst und nicht wegen der
Zustimmung der Kirche«. Konstanz sagte, der Papst selbst sei »gebunden, ihm
(dem Konzil) in Glaubensdingen zu gehorchen«. Deshalb schrieb Thomas Morus, der
bestinformierte Laie seiner Zeit, 1534 an Cromwell, er glaube zwar, das Primat
Roms sei von Gott eingesetzt, »doch nie dachte ich, daß der Papst über dem
Allgemeinen Konzil stünde«.
    Was wäre, wenn das Dogma des
päpstlichen Absolutismus von Vaticanum I schon vor Konstanz in Kraft
gewesen wäre? In diesem Fall hätte Konstanz sich nicht berechtigt gefühlt,
einen Papst abzusetzen, und die Kirche wäre vielleicht jahrhundertelang von
einer päpstlichen Trinität geplagt worden. Nur durch die strikte Leugnung dessen,
was das zentrale Dogma des römischen Katholizismus werden sollte, konnte das
Konzil von Konstanz die Kirche retten.
     
     
    Vorboten des Sturms
     
    Nicht,

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