Gottes erste Diener
»Neffen«, direkter Nachfolger
des bösartigen Urban VI. Er war von der römischen Obödienz gewählt worden, weil
er, wie der Kardinal von Florenz offen zugab, »zu alt und schwach war, um
korrupt zu sein«. Ein weiterer fataler Fehler. Die erste päpstliche Tat des
alten Mannes bestand darin, daß er seine Tiara für sechstausend Florin
versetzte, um seine Spielschulden zu begleichen. Er ging nach Rimini. Von dort
aus verkaufte er alles in Rom, was nicht niet- und nagelfest war, und noch
einiges mehr, etwa Rom selbst, an den König von Neapel.
(2) Piedro da Luna, ein
hysterischer Spanier, der die neue Obödienz von Avignon repräsentierte. Er
zählte am wenigsten. Der König von Frankreich und alle bis auf drei Kardinäle
ließen ihn fällen, und er kehrte bald in sein Heimatland Spanien zurück, wo er
bis zum Ende darauf bestand, er sei der wahre Papst, und praktisch die gesamte
Kirche exkommunizierte.
(3) Baldassare Cossa, Johannes
XXIII. Alexander V. war nach nur zehn Monaten gestorben, und nun repräsentierte
Cossa die pisanische Obödienz — ein verbindlicher, charmanter, skrupelloser
Papst. Es ging das Gerücht, er habe nie seine Sünden gebeichtet oder das
Sakrament empfangen. Auch glaube er nicht an die Unsterblichkeit der Seele oder
die Auferstehung der Toten. Einige bezweifelten, daß er an Gott glaubte.
Er
war bekannt als ehemaliger Pirat, Papstvergifter (armer Filargi), Massenmörder,
unersättlicher Wüstling mit einer Vorliebe für Nonnen, Ehebrecher in
märchenhaftem Ausmaß, Simonist par excellence, Erpresser, Zuhälter und Meister schmutziger
Tricks.
Bei
seiner Wahl zum Papst in Bologna war Cossa Diakon. Er wurde zum Priester
ordiniert und am nächsten Tag gekrönt.
Dieser
Scharlatan wurde von den meisten Katholiken als ihr höchster Herr anerkannt,
der die Kirche durch seinen felsenfesten Glauben zusammenhielt. Als 1958 ein
anderer Johannes XXIII. gewählt wurde, mußten etliche katholische Kathedralen
hastig den Johannes XXIII. des fünfzehnten Jahrhunderts aus ihren Papstlisten
löschen.
Ein höchst peinliches Konzil
Cossas Schicksal wendete sich, als Sigismund, der designierte Kaiser, ihn dazu bewog,
ein Konzil einzuberufen, »um die Zahl der Päpste in Übereinstimmung mit dem
Evangelium zu verringern«. Der Ort sollte die befestigte Stadt Konstanz in
Süddeutschland sein, an der Grenze zur Schweiz. Innerhalb von Monaten sollte
dessen Bevölkerung von sechstausend auf sechzigtausend anwachsen und sich dann
noch einmal verdoppeln. Wenn sich Kleriker in großer Zahl trafen, war es immer
klug, eine Stadt am Wasser — See oder Fluß — zu wählen, in das man die Leichen
werfen konnte. Der Bodensee nahm über fünfhundert auf, während das Konzil
tagte; auch der Rhein verbarg manches Geheimnis. Eine andere Notwendigkeit war
ein Treffpunkt, der groß genug war, um die riesige Zahl von Prostituierten
aufzunehmen, die fanden, daß der Klerus ihre Dienste dringender brauchte und
höher bezahlte als das Militär. Auf dem Höhepunkt des Konzils schätzte man, daß
in Konstanz über zwölfhundert Dirnen rund um die Uhr arbeiteten. An
Allerheiligen 1414 zelebrierte und predigte Johannes XXIII. bei der formellen
Eröffnung des Allgemeinen Konzils, ein achtundvierzigjähriger, gichtiger, in
Gold drapierter Pirat. Es war eine große Versammlung; sie umfaßte dreihundert
Bischöfe, dreihundert Spitzentheologen und die Kardinale aus allen drei
Obödienzen. Hus, der Rektor der Prager Universität, dem Sigismund freies Geleit
zugesichert hatte, wurde auf Cossas Befehl umgehend verhaftet. Das war allen
eine Lehre, einschließlich Papst Benedictus (genannt Benefictus, »der
Fingierte») und Papst Gregorius (genannt Errorius, »der Fehler«).
Johannes XXIII. war ein Risiko eingegangen, als er über die Alpen in
kaiserliches Territorium kam, doch er hatte genug Stimmen in der Tasche, um
sich sicher zu fühlen. Es gab damals, wie später, mehr Bischöfe aus Italien als
aus allen anderen Ländern zusammen. Was ihn zu Fall brachte, war der
Konzilsbeschluß, nicht einzeln abzustimmen, sondern als Nationen. Seine
Mehrheit war sofort zunichte, und er fand sich mit einer Mehrheit von drei zu
eins gegen ihn konfrontiert. Als nächstes erschien Sigismund am frühen Morgen
des Weihnachtstages und befahl ihm zurückzutreten.
Cossa sah die Anklageschrift,
einen riesigen Katalog seiner Missetaten, mit boshafter Akkuratesse
aufgelistet. Alle Puffmütter der ganzen Christenheit müssen gegen ihn
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