Gottes geheime Schöpfung: Thriller (German Edition)
Sie erinnerte ihn an jemanden. Er dachte an die Knochen in der Höhle und an die seltsamen Menschen, die einst auf dieser Insel gelebt und Werkzeug aus Stein angefertigt hatten.
Er gab ihr den Blumentopf. »Ein Geschenk für Sie«, erklärte er.
Dann hielt er ein Taxi an und stieg ein. »Bringen Sie mich zum Flughafen.«
Während das alte Taxi über die staubigen Straßen rumpelte, nahm Paul seine Augenklappe ab. Er sah, wie der Fahrer einen Blick in den Rückspiegel warf und dann angewidert zur Seite sah.
»Sie haben gelogen, verstehen Sie?«, erklärte Paul dem Fahrer. »Was die irreversible Komplexität des Auges angeht. Oh, es gibt durchaus Möglichkeiten.«
Der Fahrer drehte das Radio laut und blickte starr geradeaus. Paul nahm den Verband ab. Er verzog das Gesicht, als er sein Auge freilegte, den weißen Mull in langen Streifen herunterzog, während der Schmerz in seinem Schädel explodierte. Es war ein stärkerer Schmerz, als er ihn jemals in seinem Leben empfunden hatte, wie eine glühend weiße Supernova in seinem Kopf. Der Mullverband lag in einem kleinen blutigen Haufen auf dem Rücksitz neben ihm.
»Ein Prophet ist jemand, der glühend empfindet«, erklärte er und schob den Lozenge in seine leere Augenhöhle.
Teil Drei
»Die Natur erschafft nichts umsonst.«
ARISTOTELES
13
Gavin trat ins Tageslicht und spie Blut auf den sonnengebleichten Beton. Das hier war New South Wales, und der Lärm der startenden und landenden Jets war überwältigend.
Er musterte die Gesichter am Eingang des Flughafens, suchte nach Vertrautem, nach Unbekanntem, nach Auffälligem. Er sah Leute kommen und gehen. Er sah Taxis, Busse und Autos. Menschen, die es eilig hatten, die lachten oder frustriert waren. Menschen, die Koffer, Reisetaschen oder Kinder hinter sich herzerrten. Er stand da, beobachtete, sah aber niemanden, den er kannte. Er sah nichts, was seinen Argwohn erregt hätte.
Gavin nickte und akzeptierte schließlich als gegeben, was er zuvor nur vermutet hatte. Sie hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihn zu beschatten.
Ihm war klar, wie das gemeint war: als eine Beleidigung zum Abschied.
Er ging los und hatte zum ersten Mal das Gefühl, der Albtraum der letzten vier Tage könnte tatsächlich vorbei sein. Allmählich sickerte die Gewissheit in sein Bewusstsein, dass er in Australien war. Er war zuhause.
Unbewusst rieb er sich seinen geschwollenen Kiefer.
Natürlich war es sein Fehler gewesen. Die Schläge. Alles.
Er klappte sein Handy auf und tippte eine Nummer ein.
»Gavin«, meldete er sich. »Ich bin eingetroffen.« Er hörte kurz zu und fuhr dann fort: »Es sieht schlimm aus.«
Er redete eine weitere Minute, erklärte, was getan werden musste. Dann klappte er sein Handy zu und schob es wieder in die Tasche zurück. Es gab noch andere Anrufe zu erledigen. Er musste mit der Universität und der Botschaft telefonieren, aber dazu hatte er im Moment nicht genug Energie. Dafür war immer noch Zeit genug. Es würde natürlich eine offizielle Anhörung geben, Ermittlungen und dann eine offizielle Stellungnahme zu allem, was geschehen war. Aber das lag alles nicht mehr in seinen Händen. Jetzt wollte er einfach nur in sein Büro. Sich auf das vorbereiten, was noch kommen würde.
Die Soldaten hatten ihm die Aktentasche und seine Unterlagen abgenommen. Von seinen verschiedenen Ausweisen war ihm nur sein Reisepass geblieben, und den hatten sie ihm auch nur gelassen, weil er ihn brauchte, um an Bord des Flugzeuges zu steigen. Die Soldaten waren selbst am Flughafen von Jakarta bei ihm geblieben. Sie hatten ihm die Handschellen erst abgenommen, als er in das Flugzeug gestiegen war.
Ein Bus hupte. Gavin schmeckte Blut im Mund und spie erneut aus. Der Speichel war hellrot wie der Saft der Betelnuss.
Die Schläge waren nicht geplant gewesen, und sie wären auch nicht nötig gewesen. Ein übereifriger Wachposten hatte gesagt: »Bewegung«, und hatte Gavin heftig gestoßen, durch den Flur in das Verhörzimmer. Diese Misshandlung hatte Gavin nicht gefallen, und er hatte dem Soldaten einen finsteren Blick über die Schulter zugeworfen. Der Mann hatte nur höhnisch gegrinst. Ein kleiner Fettkloß, vielleicht fünfundsechzig Jahre alt, mit einer flachen malaiischen Nase und einem Gesicht wie einer Faust.
Gavin war langsamer gegangen, hatte sich auf den nächsten Stoß vorbereitet und seine Schulter weggedreht, als er kam. Der Soldat hatte durch den Schwung sein Gleichgewicht verloren und war zu Boden gegangen.
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