Gottes geheime Schöpfung: Thriller (German Edition)
Umkleidekabine, also gab es keine Zeugen für den Diebstahl. Paul nahm die Brieftasche aus Makatos Hosentasche. Er notierte sich die Adresse auf dem Führerschein und nahm dann die Westing-Codekarte heraus. Er schob Makatos Karte in seine Tasche und ersetzte sie durch die zerbrochene Karte, die er aus seiner Schublade geholt hatte.
Diese Karten bestanden aus billigem Plastik und zerbrachen oft. Es war nicht sonderlich befremdlich, wenn man eines Tages seine Brieftasche öffnete und feststellte, dass die Karte gebrochen und nutzlos war. So etwas passierte ständig. Das Wachpersonal würde einem innerhalb von einer Stunde eine neue Karte besorgen.
Makato würde sich nichts dabei denken.
Paul klappte die Brieftasche wieder zu und schob sie in Makatos Hose zurück. Dann ging er zu den Duschen.
Später in dieser Nacht fand er mit Hilfe von MapQuest die Adresse.
Paul wartete bis drei Uhr morgens, dann fuhr er mit heruntergekurbelten Fenstern dorthin. Es roch nach Regen.
Glücklicherweise gab es in Makatos Viertel keine kläffenden Hunde und nur sehr wenige Straßenlaternen.
Es gab unterschiedliche Möglichkeiten, wie die Sache ablaufen konnte. Paul wusste von Google Maps, dass Makatos Haus eine Garage hatte. Falls er den Wagen in die Garage gestellt hatte, würde es schwieriger. Parkte er draußen, war es einfacher.
P aul stellte seinen Wagen zwei Blocks vor Makatos Hau s ab und schaltete den Motor aus. Die Scheinwerfer des Matrix leuchteten noch eine ganze Minute weiter. Paul wartete. Er hasste das. Autoproduzenten dachten offenbar keineswegs an so etwas wie die Notwendigkeit von Verstohlenheit, wenn sie ihre Fahrzeuge entwarfen. Früher konnte ein Krimineller seine Scheinwerfer sofort abstellen. Zum Teufel, Paul war schon so alt, dass er sich noch an Autos erinnern konnte, die man sogar fahren konnte, ohne dass die Scheinwerfer sich einschalteten. Jetzt hatten sie einem diese Entscheidung abgenommen. Alles war automatisch. Selbst die Sitzgurte schienen sich gegen ihn verschworen zu haben. Nach einem Einkauf im Supermarkt musste Paul seine Lebensmittel für gewöhnlich anschnallen, damit sein Auto aufhörte, ihn anzupiepen. Endlich erloschen die Lichter an seinem Wagen. Paul stieg aus.
Er ging leise und zügig über die Straße. Er sah Makatos Haus. Makato hatte seinen Wagen in der Auffahrt geparkt. Einen praktischen Honda.
Paul ging vorsichtig durch das taufeuchte Gras und zog sein Messer heraus. Dann hockte er sich neben das Hinterrad von Makatos Auto. Er schob das Messer zwischen das Profil in das harte Gummi – genau dorthin, wo ein Stück Abfall von der Straße den Reifen durchaus hätte durchbohren können. Es war schwieriger, als er erwartet hatte. Schließlich spürte er, wie das Gummi nachgab und die Klinge sich hineinbohrte.
Es zischte, als die Luft entwich.
»Entschuldige, Makato«, flüsterte er. »Ich schulde dir einen Reifen.«
26
Der Wind kam aus westlicher Richtung. Paul ließ den Kajak ins Wasser gleiten und watete dann selbst hinein, schob es ein Stück vom Ufer weg. Er setzte einen Fuß hinein, ging dann in die Hocke und stieß sich mit dem anderen Fuß ab. Mit dem Paddel stemmte er sich von der Böschung ab, drückte mit der Schulter dagegen, während der Boden des Kajaks über den schlammigen Grund schabte, bis endlich Ruhe einkehrte.
Er war unterwegs. Der Chesapeake schaukelte ihn sanft auf seinen Wogen. Er paddelte langsam, in gleichmäßigem Rhythmus, und lenkte den Kajak behutsam in tieferes Wasser.
Das Boot war fast drei Meter lang, leicht und wendig. Mit seinen mehr als einhundertundzwanzig Kilo Gewicht erschöpfte Paul fast seine Tragfähigkeit.
Die Lichter vom gegenüberliegenden Ufer warfen lange Spiegelungen auf das Wasser. Paul war noch nie nachts gefahren, denn es war gefährlich. Und das ausgerechnet auf einem Fluss wie dem Chesapeake zu machen, mit seinen Strömungen und dem regen Schiffsverkehr, war geradezu eine Dummheit.
Er paddelte. Er holte sich die Kraft aus dem Rücken, den Schultern. Rechts – links – rechts – links – rechts … Gleichmäßig zog er die Paddel durchs Wasser.
In der Bucht war das einzige Geräusch das leise Plätschern, mit dem die Paddel ins Wasser glitten. Es gab keine Möglichkeit, dieses Geräusch abzustellen, aber vollkommene Stille war für das, was er tun musste, auch nicht erforderlich.
Rechts – links – rechts – links – rechts – links.
Die Lichter vom Ufer glitten vorbei. Er versuchte, die Entfernung zu schätzen, gab
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