Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
Vom Netzwerk:
Informationen?“
„Sofort. Wenn ich nicht bald loskomme, stehe ich im Stau.“
„Der Stau ist doch ein Geschenk der Götter. Entdeckung der Langsamkeit. Man sitzt und denkt.“
„Ich würde lieber in meinem Haus am See sitzen und denken. Bessere Aussicht, bessere Luft, bessere Gedanken.“
„Vorurteil. Neuere Untersuchungen haben ergeben, dass der Ort unerheblich für das kreative Denken ist. An den ungemütlichsten Plätzen sind die besten Ideen entstanden.“
„Dann muss dies hier ja ein wahnsinnig innovativer Ort sein“, sagte Troller mit Blick auf das chaotische Durcheinander, das in Kowalskis Verlies herrschte.
    „Also, bis wann?“
„Hab verdammt viel zu tun.“
Troller wusste schon, warum Kowalski sich zierte. Er war Gourmet. Er kochte hervorragend, sammelte kostbare Weine und speiste gern in teuren Restaurants.
    „Ich wollte übrigens mal wieder ins Langhans“, sagte er.
    „Hast du nicht Lust, mitzukommen?“
Kowalski wiegte den Kopf.
    „Es gibt eins, das mich mehr interessieren würde.“
„Das wäre?“
„Das Adlon.“
„Okay“, sagte Troller.
    „Wir gehen demnächst ins Adlon. Ich komm dann in ’ner Stunde wieder.“

DIE ENTSCHEIDUNG
     
    Drei Stunden später stand Troller im Stau. Aus der Stadt heraus war er noch einigermaßen zügig gekommen, stop and go, aber jetzt war Schluss mit go. Sein Blick fiel auf die Akte, die auf dem Beifahrersitz lag. Kowalski hatte ganze Arbeit geleistet. Es war ein ansehnlicher Packen. Computerausdrucke und Kopien von Zeitungsartikeln.
    „Ist übrigens ein Foto dabei, das dich interessieren wird“, hatte Kowalski gesagt.
„Was für ein Foto?“
„Blake-Konferenz. Gruppenfoto aller zweiunddreißig Teilnehmer.“
    „Zeitungsfoto?“
Kowalski nickte.
„Ein Artikel dazu?“
„Nur ein kurzer. Schau’s dir einfach an.“
Der Twingo hinter Troller hupte. Troller ließ den Motor an, entschuldigte sich mit einer Handbewegung dafür, dass er den Verkehr aufhielt, und fuhr zehn Meter vor. Dann konnte er den Motor wieder abstellen. Er nahm die Akte und suchte nach dem Foto.
    Es handelte sich um einen Artikel der Wochenendausgabe der Washington Post vom 19.8.1995. Unter der Überschrift Five Minutes to Twelve - The Millennium Project of the WSS war ein großes Foto platziert, das die Teilnehmer der Konferenz zu Beginn der dreitägigen Zusammenkunft zeigte. Sofort fiel Troller Kranich ins Auge. Obwohl er in der zweiten Reihe stand, wirkte er wie die zentrale Figur. Irgendwas an ihm zog den Blick auf sich. War es sein heller Anzug? Oder der Strohhut? Oder lag es nur daran, dass Troller ihn am besten kannte? Direkt vor ihm stand ein kleiner Mann mit einer riesigen Aktentasche. Phineas Blake.
    Troller kannte ihn von Fotos aus der Zeit, als er den Nobelpreis bekommen hatte. Blake war der Organisator dieser Fünf-vor-Zwölf-Konferenz. Gab es noch mehr bekannte Gesichter?
    Ja, da war Lennart Lansky, der berühmten KI-Forscher, wie immer in weiter Hose und mit heraushängendem Hemd, James Kagan, der britische Militärhistoriker, und zu Trollers Verblüffung auch J. F. Behrman, der ursprünglich ein berühmter Genetiker gewesen war, dann einer der schärfsten Wissenschaftskritiker und schließlich Esoteriker wurde.
    Troller war beeindruckt. Blake hatte es geschafft, die absoluten Koryphäen der jeweiligen Zunft um sich zu scharen. Dass ein Fachwissenschaftler eine Konferenz mit einer solch bunten Mischung der verschiedensten Disziplinen zustande brachte, war zudem äußerst ungewöhnlich. Noch ein paar weitere Gesichter kamen Troller bekannt vor, aber er hätte nicht auf Anhieb sagen können, um wen es sich handelte. Und dann entdeckte er ihn, links außen in der zweiten Reihe. Sein volles, fast weißes Haar leuchtete unverkennbar. John Eklund.
    Da waren sie also zusammen, Kranich und Eklund. Und nun waren sie beide tot.
    Der Artikel der Washington Post berichtete davon, dass Phineas Blake die Hawaii-Konferenz einberufen hatte, um den drei Hauptgefahren für die Menschheit mit einer einzigartigen Bündelung transdisziplinären Know-hows zu begegnen. „Warum sollte das, was für die Rüstung möglich ist, nicht auch für das Wohl der Menschheit getan werden können?“, wurde Blake zitiert. „Was wir brauchen, ist eine Art Apollo-Programm zur Überwindung der Kriegsgefahr, der ökologischen Bedrohung und zur Entwicklung einer tragfähigen Bevölkerungspolitik.“
    Journalisten hatten an der Konferenz nicht teilnehmen dürfen, auch nicht als Beobachter. Sie waren nur

Weitere Kostenlose Bücher