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Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
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waren Trophäen, Pokale und Fotos, die Lansky vor verschiedenen Auditorien zeigten. Überall im Raum lagen Manuskriptstapel herum, in Waschkörben, auf Hockern, auf dem Boden. Dazwischen Reisetaschen, Karteikästen, Erinnerungsstücke, angehäuft wie in den Speichern eines wirren Hirns. Und auch: Musikinstrumente. Eine Harfe, ein Flügel, ein Keyboard sowie eine alte Revox-Bandmaschine.
    Lansky war ein musikalisches Wunderkind gewesen und hatte sich auch als Komponist versucht. Troller hatte ein Interview mit ihm gelesen, im dem er beklagte, dass er sich immer noch gelegentlich dabei ertappe, „Zeug im Stil von Bach“ zu komponieren. „Ich musste“, so Lansky, „den Musiker in mir töten, aber von Zeit zu Zeit kehrt er zurück, und dann schlage ich ihn.“
    Lansky war der Überzeugung, dass der größte Feind der Wissenschaft das von ihm so genannte Investitionsprinzip sei, nämlich die Neigung des Menschen, bei einer einzigen vertrauten und bewährten Tätigkeit zu bleiben, anstatt sich immer wieder neuen Problemen zuzuwenden. „Wenn es etwas gibt, das Ihnen sehr viel Spaß macht“, hatte er in dem Interview gesagt, „dann sollten Sie das als eine Art Gehirntumor betrachten. Es bedeutet, dass ein kleiner Teil Ihres Bewusstseins herausgefunden hat, wie er Ihnen die Lust an allen anderen Dingen nehmen kann.“
    Statt sich diesem Investitionsprinzip zu unterwerfen, hatte Lansky gelernt, das Gefühl der Unbeholfenheit zu genießen, das man empfindet, wenn man etwas Neuem begegnet. Seine unersättliche Neugier hatte dazu beigetragen, dass er nicht nur als einer der Begründer der künstlichen Intelligenz galt, sondern auch als Experte in Mathematik, Philosophie, Physik, Informatik, Neurowissenschaften und Robotik.
    Troller blickte sich kopfschüttelnd um.
    „Was will er bloß mit dem ganzen Krempel?“
„Vielleicht ist er ein Messie.“
„Ein was?“
„Ein Messie“, wiederholte Jane. „Einer, der nichts wegwerfen kann. Der wahllos jeden Krempel mit nach Hause schleppt. Der sich damit zumüllt.“
„Ich glaube, er ist einfach nur ein Sammler.“
„Hoffentlich nicht“, sagte Jane. „Sammler sind Pedanten.“
Erst jetzt bemerkte Troller, dass der Boden mit den verschiedensten Teppichen ausgelegt war, chinesischen Seidenteppichen, türkischen Pandermas, ägyptischen Kelims und einem Täbris aus Persien. Im Raum verteilt standen Plüschsessel, Pappkartons, ein alter Sekretär, Antiquitäten. Nein, es hatte keinen Sinn, nach einer Ordnung in diesem Chaos zu suchen, die einzige Regel, die hier herrschte, war die, dass es keine gab. Wo auch nur ein wenig freier Platz an den Wänden war, hingen Urlaubsfotos neben Computerschaltplänen, Kitschgemälde neben Urkunden. Nichts passte hier zusammen. Oder doch?
Im Hintergrund quietschte eine Tür. Troller und Jane rissen fast gleichzeitig die Köpfe herum.
„Was ist denn das?“, sagte Jane verblüfft.
Ein merkwürdiges Ding bewegte sich surrend auf sie zu. Auf einer Art Lafette, wie man sie von Panzern und Baggern her kennt, war ein aus Metallteilen, Kabeln und Drähten bestehender Körper montiert. Er hatte vier Greifarme und einen würfelförmigen Kopf mit zwei rot blinkenden Leuchten, die so etwas wie Augen darstellten. Der Roboter trug ein Tablett mit einer Teekanne, drei Tassen und einem Teller mit Gebäckstückchen vor sich her.
„Teatime?“, fragte Jane.
Der Kleine rumpelte über die faltigen Teppiche, hielt wenige Zentimeter vor Jane an, nickte kurz und sagte mit schnarrender Stimme: „Professor Lansky bittet Sie, sich noch einige Minuten zu gedulden. Er führt gerade ein wichtiges Telefonat. Nehmen Sie doch Platz und bedienen Sie sich. Ich stehe zu Ihrer Verfügung.“
Jane fasste sich zuerst. „Danke schön“, sagte sie und machte eine angedeutete Verbeugung. „Wie heißen Sie? Ich heiße Jane.“
„Ich Tarzan, du Jane“, sagte der Roboter.
„Das kann doch nicht wahr sein.“
„Ich weiß, der Scherz ist etwas abgestanden“, sagte der Roboter, „aber ich wette, Sie haben ihn noch nie von einem Roboter gehört.“
„Nein, wirklich nicht.“
„Es gibt nämlich das Vorurteil, wir Roboter hätten keinen Humor. Aber das ist ein Irrtum. Wir haben nur noch nicht so viel Zeit gehabt, eine so ausgefeilte Humortradition zu entwickeln wie Ihre Spezies.“
„Sie existieren ja auch noch nicht so lange“, sagte Jane tröstend.
„Das ist es“, sagte der Roboter. „Wir stehen erst am Anfang unserer Evolution, wohingegen Sie, womit ich den Homo sapiens

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