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Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
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meine, schon etwa eine Million Jahre existieren. Aber was meinen Sie, wer von uns innerhalb der nächsten hundert Jahre die größeren Fortschritte macht. Sie oder wir?“
„Sie sind uns gegenüber zweifellos im Vorteil.“
„Danke“, sagte der Roboter und machte eine kleine Verbeugung. Es kam Troller sogar so vor, als sehe er ihn erröten.
„Mein wirklicher Name ist übrigens Z 1227, Baujahr 1994. Ich bin berühmt geworden als Prototyp eines Dienstleistungsroboters mit beschränkten Fähigkeiten. Zucker?“
„Und was sind Ihre Leistungsdaten“, fragte Troller.
„Die Leistungsdaten sind uninteressant“, sagte eine Stimme in ihrem Rücken, „mir geht es um etwas anderes: Die Existenz dieses vergleichsweise primitiven Z 1227 zeigt, wie weit wir mit künstlicher Intelligenz und Robotik schon gekommen sind. An der Motorik hapert es natürlich noch ein bisschen.“
„Ich tue mein Bestes“, sagte der Roboter.
Troller suchte nach der Tür, durch die Lansky gekommen war, konnte aber keine entdecken. Vielleicht ließ sich ja eines der Wandregale drehen. Oder Lansky hatte sich von der Decke herabgelassen. Aber Lansky sah alles andere als sportlich aus. Er trug ein Hawaiihemd mit grellem Blumenmuster, eine braune Hose und einen geflochtenen Gürtel, an dem links und rechts je ein Lederhalfter befestigt war. In den Halftern steckten Elektrozangen mit ausfahrbaren Backen, wahrscheinlich dieselben, mit denen er damals auf Kranich losgegangen war. Sein dicker Bauch und seine leicht asiatischen Gesichtszüge erinnerten an einen Buddha. Nervös trippelte er von einem Bein auf das andere. „Sie sollten nicht vergessen, welche gewaltigen Fortschritte wir bereits gemacht haben“, sagte er. „Sehen Sie nur den hier.“ Er ging zum Schreibtisch und strich fast zärtlich über das graue Gehäuse eines vorsintflutlichen Computers. „Zwei Kids haben 1978 ihren VW-Bus verkauft, um das hier zu basteln. Das war der Anfang einer sagenhaften Revolution. Und wo stehen wir jetzt?“
„Sehen Sie mich an“, sagte Z 1227.
„Raus“, sagte Lansky und zeigte zur Tür. Schmollend (so kam es Troller vor) legte der Roboter den Rückwärtsgang ein und verschwand mit einem surrenden Geräusch im Nebenzimmer.
„Sehen Sie“, sagte Lansky und hatte auf einmal das orangefarbene Modell eines Gehirns in die Hand, „das Gehirn enthält alles, was den Menschen ausmacht, Wissen und Hoffen, Liebe und Hass. Ein Apparat zum Denken und Fühlen. Milliarden Nervenzellen sind darin auf äußerst komplizierte Weise miteinander verknüpft. Ein paar Millionen Jahre hat die Natur für dieses Spitzenprodukt gebraucht. Ein bewundernswertes Ding, aber trotzdem höchst unvollkommen. Wir brauchen etwas Besseres.“
„Und zwar?“, fragte Jane sanft.
Lansky warf ihr einen kurzen Blick zu, schaute sofort wieder weg und strich sich verlegen über den Kopf, auf dem bei genauem Hinsehen ein paar weiße, fast durchsichtige Haare zu entdecken waren. Dann schwang er unbeholfen die Arme vor seinem Bauch hin und her und warf dabei das orangefarbene Gehirn von einer Hand in die andere. „Wir bauen eine digitale Variante“, sagte er. „Besser, schneller und fast unzerstörbar.“
Irgendetwas stimmt mit ihm nicht, dachte Troller. Irgendetwas ist bei ihm aus dem Gleichgewicht. Laut sagte er: „Sie meinen, die künstliche Intelligenz wird der menschlichen eines Tages überlegen sein?“
„Aber ja.“
Das orangefarbene Gehirn bestand offenbar aus Gummi oder irgendeinem elastischen Kunststoff. Lansky fing an, darauf herumzukneten. „Das biologische Hirn ist ein Auslaufmodell. Seine Kapazität ist gering, die Nervenzellen sind instabil, ihre Lebenszeit ist begrenzt. Sand ist besser als Biomasse.“
„Sand?“
„Silicium.“
„Warum besser?“
Lansky sah Jane verlegen an, legte das Plastikhirn in einen Topf, in dem eine Jacaranda vor sich hin kümmerte, und wischte sich die Hände an den Oberarmen ab. „Hab ich das nicht gerade gesagt?“
„Doch“, sagte Jane mit warmer Stimme, „aber ich meinte, warum müssen wir überhaupt besser werden?“
Lansky schob beide Hände in die Gesäßtaschen seiner Hose und schaute Jane mit vorgewölbter Brust provokativ an: „Wenn Sie keinen Grund sehen zu fragen, warum wir nicht besser und schneller denken, und natürlich auch, warum wir nicht länger leben, dann sind Sie schon so gut wie tot.“
Troller wusste mit einem Mal, was ihn an Lansky irritierte. Er wirkte auf ihn wie ein von allen gehänselter Schüler, hochintelligent,

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