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Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
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imstande, ein Schwätzchen mit dem Bekannten zu halten und nebenbei auch noch auf eine geniale Idee zu kommen.“
„Vor allem ist er imstande, einen Menge Unsinn zu erzählen“, sagte Lansky verächtlich. Er hatte den Pfirsichkern immer noch in der Hand. „Erinnern Sie sich noch an Deep Blue? Diesen Schachcomputer, der Garri Kasparow geschlagen hat? Das war so ein Ding, das letztlich eindimensional war, wie Sie sagen. Aber das ist doch Vergangenheit, finsteres Mittelalter. Natürlich können wir kein Programm schreiben, das so komplex ist wie unser Gehirn. Das wissen wir selbst. Deswegen bauen wir ja Maschinen, die sich allein weiterentwickeln, die also ihr Gehirn selbst erschaffen. Wir lassen sie neuronale Netze bilden, die nach dem Vorbild menschlicher Nervenzellen im Gehirn geschaltet sind.“
„Dann ist die Natur also doch Ihr Vorbild“, sagte Jane.
„Natürlich, warum sollten wir uns ein Millionen Jahre altes Know how nicht zunutze machen? Unser Gehirn ist eine bewundernswerte Maschine, das würde ich niemals leugnen. Ich sage nur, es ist unvollkommen.“
„Woher wissen Sie eigentlich, wie die Nervenzellen im Gehirn geschaltet sind?“, fragte Troller. „Wenn Sie das nachbauen, dann müssen Sie es doch . . .“
„Scanner“, unterbrach Lansky.
    „Scanner?“
    „Gehirnscanner.“
    „Ich hab mal so ’ne Abbildung gesehen“, sagte Jane.
    „Da war was blau, was anderes war rot, und wo es rot war, da feuerten gerade die Neuronen. Aber damit weiß man doch noch lange nicht, was der Mensch denkt.“
„Man weiß es“, sagte Lansky.
„Sie meinen, Sie können Gedanken lesen?“
„Wir sind noch nicht perfekt, aber im Prinzip können wir es. Mit einem Gehirnscanner, der über die Auflösung von einem Angström, also einem Zehnmilliardstel Meter, verfügt, könnten Sie jedes einzelne Atom im menschlichen Gehirn sichtbar machen.“
„Phantastisch“, sagte Jane.
„Und wie soll das funktionieren?“, fragte Troller.
Lansky wirkte jetzt völlig konzentriert. Fast schien es so, als habe er die Anwesenheit seiner Gäste vergessen. „Sie stecken Ihren Kopf in das Gerät. Sie denken zwei Mal zwei ist vier. Das Gerät zeichnet auf, was dabei in Ihrem Hirn passiert. Am nächsten Tag stecken Sie wieder Ihren Kopf in das Gerät, denken sich etwas – und das Gerät sagt: Zwei mal zwei ist vier. Das wird so lange fortgesetzt und immer wieder überprüft, bis nichts mehr schief geht. Dann ist die Sache erledigt.“
„Und so was gibt es wirklich?“, fragte Jane ungläubig.
„Ja“, sagte Lansky und platzierte den Pfirsichkern auf seine Revox-Maschine (na endlich, dachte Troller). „Der Scanner, mit dem wir arbeiten, ist bloß noch nicht perfekt genug.“
„Die entscheidende Grenze für die KI ist aber doch eine andere“, sagte Troller, „auch wenn dieses Problem in Ihren Augen vielleicht trivial ist. Sie werden noch sehr, sehr lange brauchen, bis Sie einen Computer haben, der die Speicherkapazität unseres Gehirns hat. Von der Verarbeitungsgeschwindigkeit mal ganz abgesehen.“
„Soll das ein ernsthafter Einwand sein?“, fragte Lansky.
„Eine ernst gemeinte Frage.“
„Soll ich es Ihnen vorrechnen?“
„Gern.“
„Also bitte“, sagte Lansky.
    „Es gibt – von der Programmstruktur abgesehen – tatsächlich die zwei Probleme, die Sie angesprochen haben. Zunächst die Speicherkapazität. Das Gehirn hat zehn hoch zehn Neuronen und zehn hoch fünfzehn synaptische Verbindungen. Die Neurophysiologen gehen davon aus, dass die Informationen in den Synapsen gespeichert werden, und zwar schätzungsweise ein Byte, also acht Bits pro Synapse. Die Speicherkapazität des Hirns beträgt demnach ungefähr zehn hoch siebzehn Bits.“
„Ist jedenfalls kein Pappenstiel.“
„Punkt zwei ist die Geschwindigkeit“, fuhr Lansky fort. „Sie wissen, die Geschwindigkeit wird gemessen in Flops, also Floating Point Operations per Second. Ein PC schafft derzeit einige Megaflops, das sind“, sagte er Jane zugewandt, „Millionen Flops. Der Informatiker Hans Moravec schätzt, dass das Gehirn insgesamt Informationen in der Größenordnung von zehn Teraflops, also zehn Billionen Flops verarbeitet. Das klingt viel und ist auch eine ganze Menge. Aber wenn die bisherige Entwicklungsgeschwindigkeit der Computer anhält – und nichts, aber auch gar nichts spricht dagegen –, wird es voraussichtlich bereits im Jahre 2030 möglich sein, eine solche Maschine im PC-Format zu konstruieren. Wie Sie schon sagten, es ist ein äußerst

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