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Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
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triviales Problem.“
„Ich dachte, im Jahr 2020 wäre Schluss“, sagte Troller.
„Wie bitte?“ Lansky schaute Troller einen Augenblick entgeistert an, bevor sich sein Gesicht aufhellte und er ein anerkennendes Grinsen zeigte. „Ich weiß, was Sie meinen.“
„Die Quantengrenze“, sagte Troller.
    „Nach dem Mooreschen Gesetz verdoppelt sich alle achtzehn Monate die Kapazität der Computer – das ist ja die Rechnung, die Sie gerade aufgemacht haben. Aber es gibt noch eine andere Kenngröße: die Integrationsdichte. Mit anderen Worten, die Transistoren werden immer kleiner, und wenn es so weitergeht, haben die im Jahre 2020 die Größe von einem Atom erreicht. Da hört der Spaß dann ja wohl auf.“
„Oder er fängt erst richtig an“, sagte Lansky. „Wenn wir es schaffen, den Quantenrechner zu entwickeln, haben wir die nächste Revolution. Ich hoffe, ich erlebe das noch.“
„Aber menschliche Intelligenz ist doch mehr als Verarbeitung von Informationen“, sagte Jane. „Gehören nicht alle unsere Gefühle dazu: Liebe und Hass, Freude und Trauer, Lust und Schmerz, Sympathie und Antipathie?“ Wieder machte Lansky eine wegwerfende Bewegung: „Unsere Gefühle sind nur Erklärungen für etwas, das wir nicht verstehen.“
„Aber sind Gefühle nicht sogar das, was uns zu Menschen macht?“
Lansky schob wieder die Hände in die hinteren Hosentaschen und schwankte unbeholfen vor und zurück. „Ich glaube nicht, dass es die Gefühle sind, die den Menschen zum Menschen machen“, sagte er. „Eine Maus hat auch Gefühle. Nein, es ist die Intelligenz, die den Menschen ausmacht. Die Leute glauben, der Intellekt sei trivial, und die Emotionen seien etwas Tiefes. Aber das Gegenteil ist der Fall. Es ist ganz schwer, ein gut gefügtes Gehirn zu finden, eines, das nicht voller Fehler, Aberglauben und dummer Überzeugungen ist. Gefühle haben kann jeder. Jeder Affe, jede Maus, jedes Kaninchen kann das.“
„Und was ist mit der Seele?“
Lansky schaute Jane verständnislos an. „Glauben Sie daran?“
Jane nahm einen Spielzeugroboter aus dem Regal und sagte: „Ich weiß nicht, ob ich daran glaube oder nicht. Es ist unsere Tradition, es ist das, was uns beigebracht wird.“
Lansky seufzte laut, beschrieb einen Halbkreis im Raum, nahm eine Rednerpose ein und sagte jede Silbe betonend: „Wir müssen lernen, nicht zu lernen, was wir lernen.“ Er verharrte einen Moment in seiner Pose, beschrieb dann einen weiteren Halbkreis, lachte plötzlich wie ein kleiner Junge und wiederholte: „Wir müssen lernen, nicht zu lernen, was wir lernen.“
Irgendwas stimmt mit ihm nicht, dachte Troller wieder.
„Aber ich kann Sie vielleicht trösten“, fuhr Lansky fort. „Ich kann Ihnen sagen, wie Sie zu Ihrer unsterblichen Seele gelangen können: durch uns. Die Seele, sagt Thomas von Aquin, ist die Form der Aktivität des Körpers. Wenn er unser Vokabular gehabt hätte, hätte er gesagt: Der Körper ist die Hardware, die Seele die Software. Wir werden die Software auf den Computer übertragen, sie kopierbar machen und sie auf diese Weise verewigen. Da haben Sie Ihre unsterbliche Seele, mein Kind.“
„Aber“, sagte Troller, „glauben Sie nicht doch, dass es einen Unterschied für das Software-Programm macht, ob die Hardware ein menschlicher Körper ist oder ein Roboter?“
„Doch“, sagte Lansky. „Natürlich macht es einen Unterschied. Aber es macht auch einen Unterschied, ob Ihre Hardware männlich oder weiblich ist oder ob sie schwarze, weiße oder gelbe Haut hat. Wollen Sie behaupten, schwarze Haut sei schlechter für das Programm? Als Deutscher sollten Sie da vorsichtig sein.“
„Sind wir“, sagte Troller.
„Und genauso wäre es, wenn Sie behaupteten, Silicium und Metall seien schlechter für das Programm. Wer einen intelligenten Roboter für ein minderwertiges Wesen hält, ist ein Rassist – und ein Dummkopf obendrein. Sehen Sie, wir Menschen sind doch auch bloß Upgrades von Schimpansen. Wir essen, wir trinken, wir verlieben uns, wir hassen, wir sind eifersüchtig oder depressiv – und wir vertrödeln unsere Zeit. Unsere Gehirne sind von der Größe und der Kapazität her festgelegt, sie sind kurzlebig, sie taugen nicht viel. Nein, wir Menschen sind ein biologisches Auslaufmodell, und unsere Aufgabe besteht nicht darin, den gegenwärtigen Zustand zu bewahren, sondern bessere und intelligentere Geschöpfe hervorzubringen.“
„Aber werden sich diese Geschöpfe, wenn es sie eines Tages geben sollte, damit abfinden,

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