Gottes Gehirn
daran, wie sie arbeiten. Sie sind nur intelligenter, schneller und zuverlässiger als alles, was die Konkurrenz hat.“
Es war wirklich nichts Spektakuläres an den Robotern, außer der beeindruckenden Präzision, mit der ihre Arme irgendein Substrat in winzige Näpfchen injizierten. Links, geradeaus, ein kleines Zucken – dann senkte sich der Arm, dann hob er sich wieder, fuhr zurück, wieder nach rechts und begann von vorn. Das Näpfchen wurde währenddessen an einen anderen Automaten weitergereicht, der dort die Substanz analysierte.
„Die geniale Idee von Lansky war es, die Technik von Tintenstrahldruckern zu übernehmen“, sagte Jackson. „Das ist so typisch für seine unvoreingenommene Art. Er ist eben ein Tüftler, ein Bastler, ein Allroundgenie – ah – gewesen. Man nennt diese Dinger übrigens piezo-elektrische Düsen, aber das tut ja wohl nichts zur Sache.“
„Und was machen all die Apparate hier?“, fragte Jane mit einer Armbewegung, als gehörte ihr dieses riesige Techno-Labor, in dem an die hundert Roboter, Computer und Monitore standen, mit beinahe ebenso vielen Biologinnen und Biologen (oder Informatikerinnen und Informatikern) in weißen Kitteln davor.
„Sie analysieren die Erbsubstanz.“
„Ich denke, mit dem menschlichen Genom sind Sie durch?“, sagte Troller.
„Korrekt“, sagte Jackson. „Diese hier sind bereits beim Pangenomprojekt. Sie entschlüsseln das Erbgut des Pan troglodytes, also des . . .“
„Schimpansen.“
„Korrekt. Aber“, er schaute wieder auf die Uhr, „so Leid es mir tut, es wird langsam knapp für mich. Lassen Sie uns noch kurz in mein Büro gehen, und dann wird Sie jemand nach New York zurückbringen.
Ich hab noch einen Termin.“
Für einen Augenblick glaubte Troller, sich in irgendeiner virtuellen Realität zu befinden, als sie Jacksons Büro betraten. Schon die Sekretärin hatte ihn an jemand erinnert, den er vor ein paar Stunden gesehen hatte, aber als sie in das Büro kamen, war der D´ a-vu-Effekt vollkommen. Es glich aufs Haar dem in der Columbia University. „Haben Sie das auch geklont?“, fragte Jane.
„Nur in Gedanken“, sagte Jackson und lachte. Es war das erste Mal, dass er lachte. Er schien sich selbst darüber zu wundern. Immer noch irritiert, überprüfte Troller Jacksons Schreibtisch. Die Doppel-Helix stand auch hier an ihrem Platz, der Zeitschriftenstapel ebenso – peinlich genau parallel zu den Tischkanten ausgerichtet –, aber das Fazit-Heft fehlte. Gott sei Dank. Wenn das jetzt auch noch auf dem Stapel gelegen hätte, wäre Troller irre an seinem Verstand geworden. Sie saßen wieder auf ihren Stühlen. Jackson hinter dem Schreibtisch, Jane und Troller davor.
„A, T, G, C“, sagte Jackson und stellte die Doppel-Helix wieder vor sich, genauso wie er es heute morgen getan hatte. „Vier Bausteine sind es, in denen das Geheimnis unseres Daseins verborgen ist. Vier Basen: Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin. Aus diesen vier Basen sind die Milliarden Sprossen gebaut, welche die beiden DNS-Stränge verbinden. Wenn wir eines Tages ihre genaue Abfolge kennen – und, was das Entscheidende ist, ihre vielfältigen Wechselwirkungen miteinander –, dann wissen wir alles über den Menschen.“
„Und nun machen Sie dasselbe mit dem Schimpansen?“
„Sie sagen das wieder so, als würden wir damit irgendjemand etwas zuleide tun“, sagte Jackson. „Aber das ist nicht der Fall. Im Gegenteil. Haben Sie von Steven Wise gehört? Dem Anwalt, der sich darum bemüht, Grundrechte für die Primaten einzuklagen? Glauben Sie mir, ich bin dafür, ich bin auf seiner Seite. Der Affe – womit ich den Menschenaffen meine – hat immerhin das Bewusstsein eines zweijährigen Kindes. Er kann sprechen, er kann Werkzeuge gebrauchen, er empfindet Schmerz wie wir. Und wir Genetiker sind es doch, auf die Steven Wise sich beruft. Wir sind es, die herausgefunden haben, dass die Erbsubstanz des Schimpansen der unseren fast gänzlich gleicht. Lediglich ein Prozent unserer Gene unterscheidet sich voneinander.“
„Und in diesem einen Prozent vermuten Sie den entscheidenden Unterschied?“
„Korrekt“, sagte Jackson. „Wenn wir das Genom des Schimpansen entschlüsselt haben und es mit dem des Menschen abgleichen, dann – das ist unsere Hypothese – halten wir den Schlüssel für das in der Hand, was uns zu Menschen macht: das Bewusstsein.“
„Und dann?“
„Dann verbessern wir es.“
„Wozu? Reicht Ihnen Ihr Gehirn nicht?“, fragte Jane. „Reicht Ihnen das
Weitere Kostenlose Bücher