Gottes Gehirn
ja immerhin die Quantenphysik und solche Sachen, aber mehr können sie mit ihren begrenzten Gehirnen leider nicht verstehen.“
„Wenn’s dieses Wesen gäbe, würde es vielleicht so reden“, sagte Troller und nahm einen Schluck Budweiser. „Nur, wie kommst du darauf?“
„Lansky“, sagte Jane. „Jackson. Und irgendwie auch Blake, obwohl es bei dem anders war. Sie alle sind unzufrieden mit dem Gehirn, wie wir es nun mal haben. Und deswegen reden sie von Upgrade oder Verbesserung der menschlichen Grundausstattung und machen sich daran, irgendeine Art von Übermensch zu schaffen. Aber was mich beunruhigt, ist, dass doch eigentlich niemand weiß, wie für einen solchen Übermenschen die Welt aussieht. Und was wir in seinen Augen wären. Wahrscheinlich so was wie Affen.“
„Könnte sein“, sagte Troller. „Es gibt einen Molekularbiologen, der das in einem Buch vorhersagt. Die Menschen werden dafür sorgen, dass ihre Nachkommen genetisch verbessert werden. Aber die Verbesserung kostet Geld. Also wird es eine Zwei-Klassen-Gesellschaft geben. Die Gen-Reichen und die Naturbelassenen. Und eines Tages, sagt er, wird es vielleicht zu einer Artentrennung kommen. Oder zu einem Artensprung. Dann werden die Gen-Reichen und die Naturbelassenen sich nicht mehr miteinander paaren können. Und wenn du das gelesen hast, schaust du dir das Foto des Mannes auf dem Schutzumschlag an und siehst, wie er darüber lacht.“
„Klasse“, sagte Jane. „Wie heißt er?“
„Silver. Lee M. Silver.“
„Ah ja, und seine Kinder heißen Gold?“
„Klar“, sagte Troller, „sind ja seine Upgrades.“
„Ich kann mir nicht helfen“, sagte Jane, „ich habe den Verdacht, dass all diese Morde irgendwie damit zu tun haben. Mit dieser Upgrade-Geschichte. Ich weiß bloß nicht wie. Aber wenn ich so viel von der Wissenschaft verstünde wie du, dann wüsste ich es.“
„Mit anderen Worten: Ich hab zwar einen Haufen kluge Sachen im Kopf, bin aber zu blöd, etwas damit anzufangen.“
„Nein, nein“, sagte Jane. „So meine ich das nicht. Ich meine, wir müssen nur unsere Köpfe zusammenstecken, dann schaffen wir es. Ich bin sicher, wir sind auf der richtigen Spur.“
Unsere Köpfe zusammenstecken, dachte Troller. Das Bild gefiel ihm. Weitergehende Assoziationen verbot er sich.
Jane hatte während der ganzen Zeit auf dem Computer herumgetippt und ein paar E-Mails auf die Festplatte geladen, die sie jetzt der Reihe nach durchging. Die meisten waren von Kowalski, der an ihrem Fall offenbar einen Narren gefressen hatte. Schon seit Tagen bombardierte er sie mit allen möglichen Informationen. Fast alles, was in den USA passierte, schien in seinen Augen irgendetwas mit ihrem Fall zu tun zu haben. Die meisten seiner Mails betrafen immer neue Meldungen über das merkwürdige Verhalten von Tieren in den Staaten. „Was ist los bei euch“, schrieb er, als seien Troller und Jane persönlich dafür verantwortlich, „wieso spielen bei euch auf einmal die Tiere verrückt?“
Sie hatten ja auch erlebt, wie die Tiere verrückt spielten, bei Jackson, aber da handelte es sich um Tiere, die man aus ihrer gewohnten Ordnung gebracht hatte.
„Was meinst du eigentlich, wie die freigekommen sind“, fragte Jane. „Ob jemand sie raus gelassen hat? Die Käfige geöffnet?“
„Erinnerst du dich noch an ihr Pfeifen?“, sagte Troller. „Als ob sie sich auf eine bestimmte Melodie einstimmen wollten. Oder sie haben eine Frequenz gesucht, die das Glas ihrer Käfige zum Zerspringen bringt.“
„Warum so umständlich? Warum haben sie nicht gleich einen Hammer genommen und das Glas kaputt gehauen wie jeder normale Mensch.“
„Weil sie’s auf ihre Weise machen mussten“, sagte Troller, ohne auf Janes Ironie einzugehen. „Merkwürdig, diese Tonfolge hat mich an McLaughlin erinnert. Er hatte doch am Anfang Probleme mit seiner Gitarre, weißt du noch.“
„Hier“, sagte Jane und las die Mail von Kowalski vor. Es hatte offenbar so eine Art Protestmarsch von Ratten auf dem Broadway gegeben, nur ohne Schilder und Plakate. Tausende von Ratten waren aus der Kanalisation an die Oberfläche gekommen, ohne ersichtlichen Grund, hatten die Bürger auf den Straßen erschreckt, waren in Autos hineingesprungen und hatten die Fahrer so in Panik versetzt, dass es zu Massenkarambolagen gekommen war. Sie hatten Kioske und Lebensmittelläden geplündert und waren dann ebenso plötzlich, wie sie aufgetaucht waren, wieder im Untergrund verschwunden. Ein paar hundert mussten dabei ihr
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