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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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kann ich jetzt kaum nach unten schauen, dachte sie. Dann begann sie sich abzuseilen. Sie ließ den Strick durch die Hände gleiten und stützte sich zugleich mit den Füßen an der Wand ab. Das Seil hielt sie die ganze Zeit so straff wie möglich.
    Katharine hatte etwa zehn bis zwölf Meter zurückgelegt, als sie hinter sich ein schwaches Puffen hörte. Als sie sich danach umdrehte, sah sie, wie beide Angriffshubschrauber mit zunehmendem Tempo abwärtstaumelten. Was ist das denn, die fallen ja runter, dachte sie.
    Katharine setzte ihren Abstieg fort. Der Bug des Luftschiffs war schon ganz nahe. Es sah aus wie ein riesiger, mit dem Kopf nach unten hängender Wal. Wie ein ausgeblichener, grau gewordener Schwarzwal, dessen runder Kopf heil war, dessen Körper jedoch von Haien oder Schwertwalen abgenagt worden war, sodass nur die Wirbelsäule übrig geblieben war.
    Der vordere Teil des Cockpits war in erstaunlich gutem Zustand, aber es stieg immer noch schwarzer Rauch daraus auf. Die Plexiglasscheiben hatten einen starken Stoß bekommen, ihn aber gerade eben noch überstanden, ohne zu zersplittern. Stattdessen hatten sich darin spinnwebartige Risse gebildet, wodurch sie undurchsichtig geworden waren.
    Jaime Oroza setzte seinen Weg langsam fort und sah dabei zu, wie Katharine sich abseilte. Das Mädel kennt keine Angst, dachte er.
    Da barst die Wüste. Jaime sah einen Blitz, und dann begann eine von der Explosion erzeugte schwarze Wolke sich in ihre Richtung auszubreiten. Vor Jaimes Augen wallte die Explosionswolke über die Zäune, wuchs in die Höhe, legte sich auf das Gewächshaus, indem sie es verschluckte, und nur einige kurze Sekunden später raste sie mit grausiger Geschwindigkeit direkt auf ihn selbst zu.
    Oh Himmel, dachte Jaime und umklammerte krampfhaft beide Geländer. Das Krachen blockierte seine Ohren, und die Druckwelle erfasste ihn. Sie riss seine linke Hand von dem äußeren Geländer los. Jaime spürte, wie die Sandkörner, die die Explosion mit sich gerissen hatte, ihm ins Gesicht stachen wie Tausende von Nadeln, es war, als hielte er sein Gesicht in ein Sandstrahlgebläse. Er fühlte, wie die Druckwelle ihn über das Geländer hob, und ihm wurde klar, dass seine rechte Hand allein ihn nicht an seinem Platz würde halten können. Er stürzte in den drei Kilometer tiefen Abgrund.
    Das Letzte, was Jaime Oroza noch sah, bevor sein Griff sich löste und er über das Geländer in den Schlund des Turmes fiel, war, dass die Druckwelle die am Strick hängende Katharine Henshaw erfasste und sie gegen die Wand des Sonnenturms schleuderte.

7
    Janet sah, wie die Kraft der Explosion nachließ. Zunächst fielen die Steine herunter, die von der Explosion in die Luft geschleudert worden waren. Einen Augenblick später sank auch der von der Explosionswolke aufgewirbelte Kies in vielen verzweigten Geröllstrahlen herab. Die feinsten Bestandteile der Wolke setzten jedoch ihren Weg fort, und einen Moment später erreichten sie die Ränder des Gewächshauses. In das Gewächshaus hinein und auf dessen Dach stiebte und prasselte feiner Sand und Staub, fügte aber dem Glas anscheinend keinen erkennbaren Schaden zu.
    Daisy cutter , dachte Janet finster, Gänseblümchenschneider. Die Atombombe des armen Mannes, Aluminiumstaub und sieben Tonnen Ammoniumnitrat in einem einfachen Metallzylinder. Er hat in einem Umkreis von achthundert Metern alles getötet. Wenn dich die Schrapnellwirkung des Aluminiumstaubs nicht zerfetzt hat, dann bist du gestorben, weil deine inneren Organe von dem Druck der Explosion zerrissen worden sind.
    Die Vereinigten Staaten hatten die Gänseblümchenschneider mit großem Erfolg in Afghanistan eingesetzt, um die Taliban zu zerschmettern. Die ganze Welt hatte geglaubt, die Amerikaner hätten den Widerstand der Taliban mit Präzisionsbomben und Marschflugkörpern gebrochen. Leider nur kostete ein Marschflugkörper zwei Millionen und ein Gänseblümchenschneider dreißigtausend Dollar. Außerdem war die Explosion eines Daisy cutter natürlich auch viel, viel stärker.
    Zum Glück ist die andere Bombe ein Blindgänger geblieben, dachte Janet. Etwas anderes fiel ihr ein. Katharine! Jaime! Sie waren auf der Turmspitze gewesen, als die Druckwelle zugeschlagen hatte. Was war mit ihnen passiert?
    Janet schnappte sich das Fernglas und eilte auf die Brücke, die über das Gewächshaus führte. Sie richtete den Feldstecher nach oben. Das Luftschiff befand sich immer noch an derselben Stelle, die Druckwelle hatte es

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